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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Hultschin - Humann.

Hultschin, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, Kreis Ratibor, unweit der Oppa und der österreichischen Grenze und 2 km vom Bahnhof Dielhau (Linie Schönbrunn-Troppau), hat ein Amtsgericht, eine katholische, eine evang. Kirche und eine Synagoge, ein bedeutendes Mühlenwerk, Strumpfwirkerei und (1885) 2850 meist kathol. und tschech. Einwohner.

Hültz, Johannes, Architekt des 15. Jahrh., vollendete von 1429 bis 1439 den Turm des Straßburger Münsters, den er zu einer Höhe von 452 Fuß rhein. (142 m) brachte.

Humahuaca, Stadt der Argentinischen Republik, Provinz Jujuy, im gleichnamigen Thal, oberhalb Jujuy, 3030 m ü. M., hat Obstbau und 1500 Einw. Seinen Namen hat der Ort von dem dort lebenden Indianerstamm, einem Zweig der Calchaqui.

Humaitá, verfallene Feste in der südamerikan. Republik Paraguay, an einer großen Biegung des Paraguaystroms, 42 km oberhalb seiner Mündung, gelegen, wurde 1855 angelegt, mußte jedoch nach monatlicher Belagerung durch die verbündeten Brasilier und Argentiner von der Landseite her 5. Aug. 1868 kapitulieren; jetzt hat der Ort 3800 Einw.

Humajun (pers., von huma, der Phönix), Anrede mohammedanischer Fürsten, etwa entsprechend unserm "kaiserlich". Nach der persischen Mythe ist derjenige, der von dem Phönix einmal beschattet wurde, zum Herrscher bestimmt.

Human (lat.), menschlich; menschenfreundlich, wohlwollend und rücksichtsvoll.

Humaniora (lat.), s. Humanität.

Humanisieren (franz.), vermenschlichen, menschlich gesittet (human) machen, auch: die Elemente des Humanismus als Bildungsmittel aufnehmen, anwenden; s. Humanität.

Humanismus (neulat., humanistische Studien), s. Humanität.

Humanitär (franz.), auf Humanität (s. d.) abzielend, bezüglich; als Substantiv s. v. w. Vertreter, Verfechter der Interessen der Menschheit, Philanthrop; Humanitarismus, Ansicht und Streben der Humanitäre.

Humanität (lat. humanitas, "Menschlichkeit") bedeutete schon bei den Alten, namentlich bei Cicero, vorzugsweise die harmonische Ausbildung der dem Menschen als solchem eignen Anlagen des Gemüts und des Verstandes. Eine solche höhere und feinere Bildung des Geistes konnte in Rom nur durch Vertrautheit mit den Werken der großen griechischen Dichter und Schriftsteller gewonnen werden. Daher nimmt schon bei Cicero das Wort den Nebensinn der litterarisch-ästhetischen, also wesentlich formalen, Bildung an. Im Mittelalter waren vollends die Überreste der altklassischen Litteratur, zumal der lateinischen, die einzige Quelle, aus welcher eine solche Bildung zu schöpfen war. Humaniora nannte man deshalb die philologischen Lehrfächer und Humanismus diejenige Weise der gelehrten Erziehung, welche die Schriften der Alten als das wesentlichste Bildungsmittel benutzte. Dieses Erziehungssystem gelangte zuerst durch Dante, Boccaccio, Petrarca u. a. in Italien zu umfassenderer Geltung und von dort aus mit dem sogen. Wiedererwachen der Wissenschaften zur allgemeinen Herrschaft im Abendland. Seine Vertreter, unter denen in Deutschland vor allen Erasmus von Rotterdam, Johannes Reuchlin, Philipp Melanchthon, Joachim Camerarius, Joh. Sturm, Valentin Trotzendorf und M. Neander hervorragten, nannten sich Humanisten (s. Gymnasium). Die von ihnen und unter ihrem Einfluß gegründeten Anstalten, in den meisten Fällen zugleich Pflegstätten der Kirchenverbesserung, blühten bis gegen Ende des 16. Jahrh., verfielen aber nach und nach einem geistlosen und pedantischen Formalismus. Daher traten schon vom 16. Jahrh. an einzelne tiefer blickende Männer gegen den einseitigen Humanismus polemisch auf, so Montaigne in Frankreich, Bacon in England, Ratich und Comenius in Deutschland. Auch die pietistischen Kreise waren der ausschließlichen Herrschaft des Lateins in den Schulen und der einseitigen, dem wirklichen Leben abgewandten Beschäftigung mit dem Altertum abgeneigt. Aus den Anregungen A. H. Franckes (s. d.) und seiner Schüler gingen zuerst die Realschulen (s. d.) in Deutschland hervor, welche im Gegensatz zu der rein sprachlichen und logischen (formalen) Bildung der Gymnasien eine reale Bildung durch Bekanntschaft mit den Gegenständen und Vorgängen der Natur wie des wirklichen Lebenspflegen sollten. Die Philanthropen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. stellten sich ganz auf die Seite dieser realistischen Bildung. Der durch sie hervorgerufene Streit zwischen Gymnasium und Realschule, humanistischer und realistischer Bildung dauert noch fort und ist gerade neuerdings wieder heftiger entbrannt. Doch fehlt es auch nicht an einer besonnenen Mitte, deren Vertreter anerkennen, daß die Bedürfnisse des gegenwärtigen Lebens ihre Berücksichtigung zumal in der Naturwissenschaft und den neuern Sprachen verlangen und zwar für gewisse Lebenskreise vorzugsweise, ohne daß sie darum den hohen Wert der klassisch-humanistischen Schulung für die Fähigkeit, klar und gründlich zu denken und das klar Gedachte in edler Form wiederzugeben, sowie namentlich für die Einsicht in den geschichtlichen Zusammenhang der Entwickelung des menschlichen Geistes verkennen. Als Vorbild für diese Auffassung kann im wesentlichen auch heute noch Herder (besonders "Briefe zur Beförderung der H.") gelten. Weiteres s. Pädagogik. Die Hauptwerke über die Geschichte des Humanismus sind: Heeren, Geschichte des Studiums der klassischen Litteratur (Götting. 1797-1802, 2 Bde.); Erhard, Geschichte des Wiederaufblühens wissenschaftlicher Bildung (Magdeb. 1827-1832, 3 Bde.); G. Voigt, Die Wiederbelebung des klassischen Altertums (2. Aufl., Leipz. 1880-81); Burckhardt, Kultur der Renaissance (4. Aufl., das. 1885, 2 Bde.); Geiger, Renaissance und H. in Italien und Deutschland (Berl. 1881-83).

Humann, 1) Jean Georges, franz. Staatsmann, geb. 6. Aug. 1780 zu Straßburg von armen Eltern, trat 1794 als Lehrling in eine Tabaksmanufaktur und gründete später ein eignes Geschäft, das bald einen großen Aufschwung nahm. Ihm hauptsächlich verdankt das Elsaß den Rhein-Rhônekanal. Als Anerkennung der uneigennützigen Dienste erwählten ihn seine Mitbürger 1821 zum Mitglied der Deputiertenkammer, wo er sich der Opposition anschloß. Nach der Julirevolution wurde er im Oktober 1832 Finanzminister und führte zahlreiche Reformen ein. Es gelang ihm, die Einkünfte der Staatskasse zu vermehren, neue Verkehrsmittel ins Leben zu rufen; er schuf ein Gesetz über die Sparkassen, legte aber 1834 sein Amt nieder, als seine Absicht, die Konversion der Staatsrente durchzuführen, durch die Opposition seiner Kollegen vereitelt wurde. 1837 ernannte ihn Ludwig Philipp zum Pair, 1840 übernahm er zum zweitenmal das Finanzministerium. Die Parteiumtriebe in Frankreich, die bedeutenden Kosten für öffentliche Arbeiten, die Lasten des Militärbudgets und der Bau der Eisen-^[folgende Seite]