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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Knochenasche; Knochenauswuchs; Knochenbrand

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Knochenasche - Knochenbrand.

throse) ist sie entweder eine unmittelbare (Knochennaht, s. d.) oder eine mittelbare, indem eine Lage Knorpel oder auch Bänder zwischen die zu verbindenden Knochenflächen eingeschaltet ist (sogen. Symphyse, Synchondrose, Syndesmose). - Beiden wirbellosen Tieren gibt es keine echten K., obwohl eine Erhärtung ihrer Gewebe durch abgelagerte Kalksalze in mehr oder minder großer Ausdehnung sehr gewöhnlich (z. B. bei Echinodermen, Muscheln, Schnecken etc.) und selbst Knorpel bei einigen unter ihnen verbreitet sind. Über die zum Teil hohlen K. der Vögel s. d.

Die Krankheiten der K. bestehen entweder in einer gewaltsamen Trennung ihres Zusammenhangs (Knochenbrüche, Knochenwunden) oder in einer Veränderung des Gewebes. Im ersten Kindesalter, in welchem die K. blutreicher, saftiger und weicher sind, finden sich besonders häufig skrofulose und rhachitische Knochenkrankheiten, während in spätern Lebensaltern Syphilis und Tuberkulose zu langwierigen und entstellenden Knochenerkrankungen Veranlassung geben. Alle Knochenerkrankungen verlaufen wegen des langsamer vor sich gehenden Ernährungsprozesses der K. langsamer als Krankheiten andrer Gewebe; sie sind besonders gefährlich, wenn sie in der Nähe der Gelenke ihren Sitz haben, und können durch langwierige Säfteverluste, Eiter- und Jauchevergiftung, durch speckige und amyloide Entartung innerer Organe schweres Siechtum oder den Tod herbeiführen. Über die einzelnen Knochenkrankheiten s. die betreffenden Artikel: Knochenbrand (mit der Phosphornekrose), Knochenfraß (Knochenentzündung), Knochenhautentzündung, Knochenmarkentzündung, Knochenerweichung, Rhachitis (englische Krankheit), Knochenauswuchs (Knochengeschwulst), Knochenbrüche.

[Technische Verwendung.] Die K. finden ausgedehnte Anwendung in der Technik. Man verarbeitet Rinder-, Pferde-, Hirschknochen und bezieht die erstern zum Teil aus Südamerika. Durch Auskochen oder Dämpfen unter schwachem Druck werden die K. entfettet, dann an beiden Enden abgesägt, um die Röhren zu gewinnen, worauf man diese bleicht und als Bein an Drechsler, Schnitzer, Knopfmacher abgibt. Man verfertigt aus ihnen Klaviaturen, Stockknöpfe, Schachfiguren, Knöpfe, Messer- und Gabelhefte, Falzbeine, Kämme etc. besonders in Nürnberg, Fürth und Geißlingen (Württemberg). Vergilbte Beinarbeiten werden wie Elfenbein gebleicht, auch färbt man die K. in derselben Weise (s. Elfenbein). Höchst wichtig ist die Benutzung der K. zu Leim (s. d.) und Düngerpräparaten (s. Knochenmehl); bei Luftabschluß geglüht, geben sie die Knochenkohle, bei Luftzutritt geglüht, Knochenasche. Bei der Bereitung der Knochenkohle entsteht auch empyreumatisches Öl und eine ammoniakalische Flüssigkeit. Durch Auskochen, Dämpfen oder Extrahieren gewinnt man aus den K. das Knochenfett. Vgl. Andes, Die Verarbeitung des Horns, der K. etc. (Wien 1885).

Prähistorische Knochengeräte sind meistens kleiner als die Hirschhorngeräte (s. Hirschhorn) und kamen da zur Verwendung, wo die Festigkeit des Hirschhorns nicht ausreichte, z. B. bei längern Meißeln, Messern, Harpunen, dünnen Pfriemen und Nadeln. Größere Stücke sind die sogen. Schlittknochen, Beinknochen von Pferd und Rind, welche, unter die Füße gebunden, als Schlittschuhe dienten. Auch bei der Weberei fanden die Beinknochen zum Glätten des Gewebes Anwendung.

Knochenasche (Beinasche, weißes Spodium, weiß gebrannte Knochen, weiß gebranntes Elfenbein, präpariertes Hirschhorn) entsteht beim Erhitzen der Knochen an der Luft, wobei die in den Knochen enthaltene organische Substanz vollständig verbrennt und die mineralischen Bestandteile in der Form der Knochen zurückbleiben. Zerrieben bildet die K. ein weißes Pulver, welches aus etwa 73-84 Proz. basisch phosphorsaurem Kalk, 2-3 Proz. phosphorsaurer Magnesia, 9,4-10 Proz. kohlensaurem Kalk und 4 Proz. Fluorcalcium besteht. K. wird namentlich in Südamerika gewonnen, wo man bei der Fleischextraktfabrikation die Knochen der geschlachteten Rinder als Brennmaterial benutzt. Die zurückbleibende K. kommt in ganzen Schiffsladungen nach Europa und dient hier zur Darstellung von Phosphor und Phosphorsäure, Milchglas (Knochenglas) und Glasuren, als Dünger sowohl im unveränderten Zustand als nach der Behandlung mit Schwefelsäure in Form von Superphosphat, ferner zur Herstellung von Treibherden, Muffeln, als Putz- und Poliermittel.

Knochenauswuchs (Knochengeschwulst, Exostose), eine in der Hauptsache aus Knochensubstanz bestehende krankhafte Neubildung, welche sich am äußern Umfang eines Knochens entwickelt. Der K. wird am häufigsten im jugendlichen Alter und zwar am Unterkiefer, an den großen Röhrenknochen der Extremitäten, am Schädeldach, Becken und nicht selten an den Wirbelkörpern beobachtet. In Bezug auf Form und Umfang der Knochenauswüchse kommen die größten Unterschiede vor. Sie können von der Größe einer Linse bis zum Umfang einer Faust und darüber anwachsen, manchmal sind sie glatt, manchmal uneben oder wie Blumenkohl höckerig zerklüftet. Die Ursache der Bildung eines Knochenauswuchses liegt in einem Reiz der knochenbildenden Gewebe, der Beinhaut oder des Gelenkknorpels oder des Knochenmarks. Derselbe ist meist unbekannter Natur, zuweilen liegt eine Verletzung, Stoß oder Fall zu Grunde, zuweilen entsteht der K. auf dem Boden einer allgemeinen Syphilis. Am besten gekannt sind die mitunter am ganzen Skelett zahlreich auftretenden Knochenauswüchse, die Exostoses supracartilagineae, welche nach Virchow ihre Entstehung einer unregelmäßigen Verknöcherung im jugendlichen Alter verdanken, wobei kleine abgesprengte Knorpelinseln zuerst zu Knorpelgeschwülsten auswachsen, die später verknöchern. Der K. ist eine an sich gutartige Neubildung, die nur durch ihren Sitz, z. B. durch Druck auf Nervenstämme, Gelenke etc., lästig, ja sogar gefährlich werden kann. Nur im letztern Fall erfordert ein K. die operative Entfernung.

Knochenbrand (Nekrosis), das Absterben eines Knochens oder Knochenteils, das Aufhören aller Lebens- und Ernährungsvorgänge in demselben, welches durch Verletzungen, Entzündungen des Knochens und der umgebenden Weichteile, durch Embolie, bei Syphilis, Typhus und andern schweren Ernährungsstörungen eintreten kann. Ein solcher nekrotischer Knochenteil, den man auch wohl, wenn er nur ein Stück des ganzen Röhrenknochens ist, einen Sequester (Fig. b, S. 878) nennt, gleicht einem durch Macerieren präparierten und von allen Weichteilen, Beinhaut, Knorpel, Mark und Gefäßen, befreiten, glatten Knochen, wie ihn die anatomischen Sammlungen aufbewahren. Zuerst noch im Zusammenhang mit dem Lebenden, wird der Sequester bald, wie jedes brandige Gewebstück, durch eine "demarkierende" Entzündung, d. h. durch Bildung eines weichen Granulationsgewebes, aus der gesunden Umgebung exfoliiert, d. h. losgetrennt, und liegt dann von etwas Eiter umspült lose in einer Höhle. Ist der ganze Knochen, z. B.