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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Lübeck

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Lübeck (Geschichte der Stadt).

Stadt durch eine Urkunde von 1188. Heinrich der Löwe gewann 1189 die Herrschaft noch einmal, konnte sie aber nicht behaupten. Die Eroberung Holsteins durch Waldemar II., König von Dänemark, brachte 1201 auch L. unter dessen Gewalt. Nachdem es der Stadt gelungen war, sich der dänischen Herrschaft zu entledigen (1225), verlieh ihr Kaiser Friedrich II. 1226 die Reichsfreiheit. Der Versuch Waldemars, die nordalbingischen Lande wieder zu gewinnen, wurde durch die Schlacht bei Bornhövede (22. Juli 1227) vereitelt, und einen in Verbindung mit dem Grafen Adolf IV. gegen L. insbesondere gerichteten Angriff wehrte die Stadt selbst ab und gewann an der Mündung der Warnow 1234 den ersten Seesieg über die Dänen. Sie gelangte dann rasch zu großer und dauernder Blüte und trat an die Spitze des allmählich sich bildenden Hansabundes. Unter den Kriegen, welche L. in Verbindung mit der Hansa während des 14. Jahrh. führte, ist der bedeutendste der mit Waldemar IV. von Dänemark. Er begann 1361 und endete mit dem ruhmvollen Frieden zu Stralsund 24. Mai 1370, in welchem der dänische Reichsrat die Wahl eines Königs von der Zustimmung der Hansa abhängig machte. Das Jahr 1408 brachte einen Aufruhr im Innern. Der alte patrizische Rat wurde durch eine Volksbewegung genötigt, sein Amt niederzulegen und die Stadt zu verlassen; ein neuer demokratischer Rat trat an seine Stelle. Als Kaiser Siegmund Ernst machte, die über die Stadt ausgesprochene Acht in Ausführung zu bringen, auch König Erich von Dänemark drohte, trat der neue Rat freiwillig zurück, und der alte Rat, an der Spitze der Bürgermeister Jordan Pleskow, zog 1416 feierlich wieder ein. Der größtenteils aus Patriziern bestehende Rat hat dann noch ein Jahrhundert hindurch die Regierung mit Erfolg geführt, bis die Reformation neue Bewegung brachte. Daß der Bürgermeister Nikolaus Bröms dem jungen Gustav Wasa Schutz zusagte und seine Zusage erfüllte, machte diesen zum König von Schweden; die von den Dänen noch besetzte Stadt Stockholm ergab sich 1523 den Anführern der lübeckischen Flotte, Berend Bomhauer und Hermann Plönnies, und von diesen empfing Gustav Wasa seine Hauptstadt. Durch ein Bündnis mit L. (5. Febr. 1523) glaubte Friedrich I., Herzog von Holstein, sich den Erfolg sichern zu müssen, als er nach Christians II. Vertreibung die Berufung auf den dänischen Königsthron annahm. Gegen Bröms, der zugleich eifrig katholisch war, erhob sich wieder eine Volksbewegung, die ihn zur Flucht nötigte. Die Reformation ward eingeführt (1531), und Jürgen Wullenweber (s. d.) trat auf kurze Zeit an die Spitze der Stadt. Er verfolgte kühne Zwecke, indem er noch einmal die Herrschaft über Dänemark zu gewinnen strebte. Er wurde gestürzt, die Stadt erlangte einen ehrenvollen Frieden (1535), und zugleich wurde die alte Verfassung nochmals wieder eingeführt. Bröms kehrte zurück. Die Verhältnisse mit Dänemark wurden nach der Thronbesteigung Friedrichs II. durch den Vertrag von Odense 1560 nochmals geordnet, und dieser König wurde dann der Verbündete Lübecks in einem Krieg mit Schweden, dessen Könige sich eine Reihe willkürlicher Bedrückungen und Gewaltthätigkeiten erlaubt hatten. Zwar wurde der Stadt im Frieden zu Stettin 1570 eine Entschädigungssumme zugesprochen, sie ist aber niemals bezahlt worden. Seitdem hat L. keinen Krieg mehr geführt, die politische Größe war vorüber. Auch der Handel, die Grundlage der Macht, welcher seine frühere Bedeutung längst verloren hatte, sank mehr und mehr.

In der Mitte des 17. Jahrh. entstanden neue bürgerliche Unruhen, und nun erlangte die Bürgerschaft zuerst durch den Rezeß von 1665 und dann durch den vom 9. Jan. 1669, der unter kaiserlicher Vermittelung abgeschlossen wurde, eine wirkliche Teilnahme an der Regierung der Stadt. Diese litt fortwährend unter den Kriegen der nordischen Mächte und durch die Belästigungen des mächtiger gewordenen Nachbars. Doch schwebte immer noch ein Glanz um den Namen der Hansa und sicherte ihr eine ehrenvolle Stellung. Von der Mitte des 18. Jahrh. an ward der Verkehr wieder lebhafter und erzeugte einen steigenden Wohlstand. Die Blockade der Elbe 1803 zog sogar einen großen Teil des hamburgischen Handels über L. Da trat die Auflösung des Deutschen Reichs ein und, ganz unerwartet, die französische Okkupation. L. bestand als freie Hansestadt fort und suchte, wie in frühern Kriegen, Neutralität zu bewahren. Aber eine Abteilung (20,000 Mann) des bei Jena geschlagenen preußischen Heers, unter Blüchers Führung, nahm 5. Nov. 1806 gewaltsam Besitz von L., ward jedoch schon tags darauf von Bernadotte, Soult und Murat nach hartnäckiger Gegenwehr vertrieben, worauf die mit Sturm genommene Stadt drei Tage lang der Plünderung preisgegeben wurde. 1810 ward dieselbe dem Departement der Elbmündung einverleibt. Im Frühjahr 1813 durch Russen für kurze Zeit befreit, bildete L. die hanseatische Legion mit, wurde jedoch abermals von den Franzosen okkupiert, bis ihm der Kronprinz von Schweden die Selbständigkeit und Freiheit zurückgab, worauf die frühere Verfassung wiederhergestellt wurde. In der folgenden Friedenszeit war das Hauptaugenmerk der Regierung vorzugsweise auf Belebung des Verkehrs zu Wasser und zu Land gerichtet. Die Pariser Februarrevolution ging auch an L. nicht spurlos vorüber. Man ging aus eignem Antrieb an eine Reform der immer noch in Kraft gebliebenen Rezesse von 1665 und 1669. Schon 11. März 1848 ward durch Senatsbeschluß die Preßfreiheit eingeführt, und 8. April trat eine zwischen Senat und Bürgerschaft vereinbarte neue Verfassung in Kraft. Auf Grundlage derselben ward die Bürgerschaft neu konstituiert und zum erstenmal 2. Juni 1848 vom Senat zusammenberufen. Am 30. Dez. 1848 wurde die revidierte Verfassung in ihrer neuen Form publiziert, aber später durch die vom 29. Dez. 1851 (revidiert 7. April 1875) außer Geltung gesetzt. An dem deutsch-dänischen Krieg 1849 nahmen auch Lübecks Truppen teil. Als See- und Handelsstadt mußte es die Rückwirkungen des Kriegs mit Dänemark, mit dem es in besonders lebhaftem Handelsverkehr gestanden hatte, schwer empfinden. Dem Verkehr suchte die Regierung nach außen neue Wege zu bahnen, besonders durch Handelsverträge mit fremden Mächten. Am 18. Aug. 1866 trat L. dem Bündnisvertrag zwischen Preußen und den übrigen Staaten des Norddeutschen Bundes bei; mit seinem Kontingent, einem Bataillon Infanterie, nahm es in der oldenburgisch-hanseatischen Brigade an den Operationen der preußischen Mainarmee Anteil. Am 27. Juni 1867 schloß L. eine Militärkonvention mit Preußen und trat 11. Aug. 1868 in den Zollverein, nachdem ihm vorgängig mehrere Erleichterungen, namentlich für seinen bedeutenden Weinhandel sowie für das nordische Geschäft, vertragsmäßig zugesichert waren. Vgl. Deecke, Die Freie und Hansestadt L. (2. Aufl., Lüb. 1854); Behrens, Topographie und Statistik von L. (das. 1829-39, 2 Bde.; unvollendete 2. Aufl. 1856); "Statistik des Lübeckschen Staats" (das. 1871 ff.); Becker,