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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ludwig

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Ludwig (Bayern, Frankreich).

wendete er große Mittel aus seinem Privatvermögen auf Kunstwerke, Sammlungen und Bauten: die Münchener Kirchen, die Neue Pinakothek, die Befreiungshalle in Kelheim, die Propyläen wurden vollendet. Im ganzen verwendete L. 21¾ Mill. Gulden für Bauten und Kunst. Er starb 29. Febr. 1868 in Nizza, seine Leiche wurde in der Bonifaciuskirche zu München beigesetzt. Bis zum höchsten Alter war er körperlich und geistig frisch. Er war von stattlicher Figur, seine Haltung aber nicht straff, auch infolge seiner Schwerhörigkeit. In seinem Äußern war er höchst einfach und liebte den Verkehr mit den verschiedensten Volksschichten; wegen seiner leutseligen, witzigen Unterhaltungsgabe war er sehr beliebt, vor allem bei den Künstlern. 1860 wurde in München seine Reiterstatue errichtet. Er war seit 12. Okt. 1810 mit der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen (geb. 8. Juli 1792, gest. 26. Okt. 1854) vermählt, die ihm vier Söhne, Maximilian, seinen Thronfolger (gest. 1864), Otto, Exkönig von Griechenland (gest. 1867), Luitpold (s. d.) und Adalbert (gest. 1875), und vier Töchter, Mathilde, Gemahlin des Großherzogs Ludwig von Hessen (gest. 1862), Adelgunde, vermählt mit dem Herzog Franz von Modena (Witwe seit 1875), Hildegard, Gemahlin des Erzherzogs Albrecht von Österreich (gest. 1864), und Alexandra (gest. 1875), gebar. Seine "Gedichte" erschienen in 4 Bänden (Münch. 1829-47). Außerdem veröffentlichte er: "Walhallas Genossen" (Münch. 1843) und das vielfach aufgeführte Lustspiel "Rezept gegen Schwiegermütter" (nach dem Spanischen, Berl. 1866). Vgl. Sepp, L. I. Augustus (Schaffh. 1869); Heigel, L. I., König von Bayern (Leipz. 1872); Reidelbach, König L. I. von Bayern und seine Kunstschöpfungen (Münch. 1887).

18) L. II. Otto Friedrich Wilhelm, Sohn Maximilians II. und der Königin Maria, einer Tochter des Prinzen Wilhelm von Preußen, geb. 25. Aug. 1845 zu Nymphenburg, sollte, mit 18 Jahren großjährig geworden, eine Universität besuchen und Staatswissenschaften studieren, als ihn der unerwartete Tod seines Vaters 10. März 1864 zur Herrschaft berief. Eine Änderung in der politischen Haltung Bayerns ward dadurch nicht verursacht. Mit den Staatsgeschäften befaßte sich der junge König nur so weit, als es ganz unerläßlich war; selbst 1866 hielt er sich in gänzlicher Zurückgezogenheit auf Schloß Berg am Starnberger See und der benachbarten Roseninsel auf und überließ sich ganz seiner schwärmerischen Neigung für die Kunst Richard Wagners, den er an seinen Hof zog und mit Auszeichnungen und verschwenderischer Freigebigkeit überhäufte. Das romantische Verhältnis des königlichen Kunstjüngers zu seinem Meister war jedoch nicht von langer Dauer; Anfang 1866 wurde Wagner entlassen. L. trat nun etwas aus seiner Einsamkeit heraus und verlobte sich auch 1867 mit der Herzogin Sophie von Bayern (der jetzigen Herzogin von Alençon); indes seit der Auflösung dieser Verlobung in demselben Jahr wurde L. menschenscheuer denn je und hielt sich nur selten in München auf, meist auf Schloß Berg, den Sommer in Hohenschwangau und auf Linderhof. Der Widerstand der klerikalen Partei gegen das L. sehr sympathische Ministerium Hohenlohe und die Feindseligkeit derselben gegen seinen hochverehrten Lehrer Döllinger wegen dessen Opposition gegen das vatikanische Konzil drängten den König mehrfach, in den Fragen des Tags Partei zu ergreifen; doch war seine Beteiligung an den öffentlichen Dingen keine andauernde und gleichmäßig thätige. Von großer Bedeutung war sein Auftreten im Juli 1870 beim Ausbruch des deutsch-französischen Kriegs, bei dem er rasch und entschlossen für Teilnahme auf seiten Preußens eintrat. Auch trug er im Namen der übrigen Fürsten und Freien Städte im Dezember König Wilhelm die Kaiserwürde an. Dagegen nahm er am Kriege gar nicht teil, besuchte Versailles nie und ließ sich selbst beim Einzug seines Heers in München 16. Juli 1871 nur wenig sehen. Im höchsten Grad stolz und eifersüchtig auf seine königliche Würde und Souveränität, vermied er möglichst persönliche Berührungen mit dem neuen Kaiserhaus und gab seine Mißstimmung über Ovationen, die Gliedern desselben dargebracht wurden, gelegentlich in gereizter Sprache zu erkennen. Ebenso aber trat er im Oktober 1875, als die klerikale Kammermajorität, durch verschiedene Vorfälle siegesgewiß und übermütig gemacht, in einer Adresse das ihm genehme Ministerium Pfretzschner offen anklagte und vom König, dessen Person sogar auf unziemliche Weise in die Debatte gezogen wurde, Erfüllung ihrer Wünsche sehr entschieden verlangte, dieser taktlosen Anmaßung schroff entgegen, versicherte 1876 im Landtagsabschied das Ministerium seines unerschütterten Vertrauens und enttäuschte sehr unliebsam die ultramontanen Hoffnungen. Dieser festen Haltung gegen die ultramontane Kammermajorität blieb er auch in den nächsten Jahren getreu. Dagegen steigerte sich seine Menschenscheu, so daß er selbst mit den Ministern nur schriftlich verkehrte und bloß Bediente und Ordonnanzen in seiner Umgebung duldete. Er lebte meist in Linderhof oder auf dem neuerbauten Schloß Neuschwanstein bei Hohenschwangau, das er mit großem Kostenaufwand erbaute. Auch auf Herrenchiemsee begann er einen großartigen Bau nach dem Muster des Versailler Schlosses und ließ dies Schloß wie Linderhof im Geschmack Ludwigs XIV., des "roi-soleil", ausschmücken, den er schwärmerisch als sein Ideal verehrte. Die ins Ungeheure anschwellenden Kosten der Bauten beachtete er nicht und überhäufte die Zivilliste mit immer wachsenden Schulden. Die Vorstellungen der Kabinettsräte dagegen wurden mit Entlassung beantwortet. Nachdem der Finanzminister Riedel 1884 die drückendsten Schulden durch eine Anleihe gedeckt hatte, steigerten sich nur die Bausucht und Verschwendungslust des Königs; er verlangte immer neue Millionen und erließ 1886 Verhaftsbefehle gegen die sich weigernden Minister. Um die Staatsgeschäfte kümmerte er sich gar nicht mehr. Die Mitglieder des königlichen Hauses und die Minister mußten unter diesen Umständen eine Geisteserkrankung des Königs annehmen, und nachdem die Irrenärzte den Argwohn 8. Juni bestätigt hatten, übernahm Prinz Luitpold 10. Juni die Regentschaft, da der jüngere Bruder des Königs, Otto, gleichfalls geisteskrank war. L. wurde von Neuschwanstein nach Schloß Berg gebracht, stürzte sich aber auf einem Spaziergang im Park 13. Juni in den Starnberger See; sein Begleiter, der Irrenarzt Gudden, ertrank beim Versuch, ihn zurückzuhalten, gleichfalls. Die Sektion des Gehirns bestätigte die Vermutung unheilbarer Geisteskrankheit. Nomineller Nachfolger auf dem Thron wurde sein Bruder Otto.

[Frankreich.] 19) L. I., König von Aquitanien, römischer Kaiser, s. Ludwig 1).

20) L. II., der Stammler (le Bègue), Sohn Karls des Kahlen und der Irmentrud, geb. 846, wurde von seinem Vater 867 zum König von Aquitanien ernannt und folgte ihm 877 in Frankreich. Er starb 10. April 879 in Compiègne. Er war vermählt mit Ansgarde von Burgund, die ihm Ludwig III. und Karlmann, sodann mit Adelheid, die