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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Luther-Stiftungen; Luthertum; Luti; Lutidin; Lutieren; Lütjenburg; Lütke

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Luther-Stiftungen - Lütke.

erst der Widerstand gegen die Union (s. d.) in Preußen, insonderheit gegen die durch königliche Kabinettsorder eingeführte Agende (1817-34), Anlaß, welcher zur Bildung der Partei der Altlutheraner führte. Zunächst verhielt sich die Staatsgewalt, als der Professor der Theologie, Scheibel (s. d.), in Breslau 1830 eine altlutherische Gemeinde stiftete und damit die Separation einleitete, keineswegs günstig dazu, und seit 1834 erging eine eigentliche Verfolgung gegen die Altlutheraner wie gegen Rebellen. Daher hielten sich damals selbst sonst am Symbol streng festhaltende Theologen, wie Hengstenberg, Hahn u. a., in erkennbarer Entfernung von den Altlutheranern, wiewohl sie übrigens die gleichen Bestrebungen innerhalb der Landeskirche selbst fortsetzten. König Friedrich Wilhelm IV. bewilligte den Altlutheranern, um das begangene Unrecht zu sühnen, das Recht zu eigner Kirchenbildung, und demgemäß konstituierte sich auf einer Generalsynode zu Breslau (1841) die wahre l. K. unter der Leitung eines Oberkirchenkollegiums, und nachdem die königliche Generalkonzession vom 23. Juli 1845 diesen Gemeinden, die bis 1847 auf 27 gestiegen waren, Korporationsrechte erteilt hatte, bildete sich ein lutherisches Oberkirchenkollegium unter der Leitung des Professors Huschte, eines Juristen, als oberste Kirchenbehörde. Unterdessen waren auch anderwärts Bewegungen zu gunsten des Altluthertums hervorgerufen worden, und besonders die lutherischen Konferenzen in Leipzig (seit 1843), erst unter Rudelbach, dann unter Harleß, dienten dazu, die Partei fester zu verknüpfen. Das Jahr 1848 erschien solchen Bestrebungen besonders günstig. Man gedachte alle Rechte, die für eine freie Entwickelung der Kirche in Aussicht standen, alsbald auszuüben und aggressiv gegen die Union vorzugehen. Die verschiedenen Vereine konsolidierten sich auf den Kirchentagen zu Wittenberg (10. Sept. 1849 und 1851) zu einem Zentralverein, in welchem Göschel als Vorstand fungierte. In der That ist infolge der Reaktionsjahre dieses Neuluthertum, wie man es im Gegensatz zu dem bloß defensiv sich verhaltenden Altluthertum der frühern Jahre nannte, in den meisten Landeskirchen Deutschlands zur Herrschaft gelangt: in Sachsen durch Harleß und Luthardt, in Bayern durch Thomasius und Lohe, in Mecklenburg durch Kliefoth und Krabbe, in Hannover durch Petri, Münchmeyer und Uhlhorn. In Kurhessen endlich haben Hassenpflug und Vilmar mit der strengen Verpflichtung auf die Symbole in Kirche und Schule das Luthertum sogar einer ursprünglich reformierten Kirche aufgedrängt. In Preußen wurden der Oberkirchenrat und die Konsistorien durch die königliche Kabinettsorder vom 6. März 1852 in Mitglieder des lutherischen und des reformierten Bekenntnisses zerteilt. Gleichzeitig bildete sich aber auch innerhalb der Partei eine immer größere Differenz heraus. Nicht bloß zeigte es sich, daß die theologischen Häupter der ganzen Richtung selbst von der "Ketzerei" infiziert waren: Hengstenberg im Punkte der Rechtfertigung, Hofmann in dem der Versöhnung, Thomasius in dem der Christologie, Kahnis in dem der Trinität etc., sondern es trat seit 1860 auch in der Generalsynode zu Breslau ein Bruch ein: es gab doppelt separierte Lutheraner, die sich 19.-21. Juli 1861 in der sogen. Immanuel-Synode zu Magdeburg zusammenscharten. Vgl. Wangemann, Der Kirchenstreit unter den Lutheranern in Preußen (Berl. 1862). Auch in mancher gut lutherischen Landeskirche ist es neuerdings zur Bildung von Separatkirchen gekommen.

Luther-Stiftungen, s. Luther, S. 1025.

Luthertum, s. Lutherische Kirche.

Luti (pers.), in Persien Menschen, die mit Possenreißen, Tanzen, Singen etc. ihren Unterhalt suchen. Sie haben großen Einfluß auf das Volk, und wer eine öffentliche Rolle spielen will, muß sich ihre Gunst teuer erkaufen.

Lutidin C7H9N ^[C_{7}H_{9}N] findet sich neben Pyridin und Pikolin in dem Teer von Knochen und andern tierischen Substanzen, in Steinkohlen-, Torf- und Blätterschieferteer, ist flüssig, ölartig, farblos, riecht aromatisch, siedet bei 154°, löst sich in 3-4 Teilen Wasser, scheidet sich aber beim Erhitzen der Lösung wieder aus. Das L. ist eine flüchtige Base und bildet mit Säuren leicht lösliche Salze.

Lutieren (lat.), verkitten, besonders das Verstreichen der Fugen chemischer Apparate mit einem Kitt, um das Entweichen von Gasen zu verhindern.

Lütjenburg, Stadt in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, Kreis Plön, an der Kossau, hat eine hübsche Kirche mit dem gräflich Rantzauschen Erbbegräbnis, ein Amtsgericht, bedeutende Branntweinbrennerei ("Lütjenburger") und (1885) 2381 evang. Einwohner. In der Nähe die Herrschaft Hessenstein des Landgrafen Friedrich Wilhelm von Hessen mit dem Dorf Panker (Schloß und Park) und dem aussichtsreichen Pielsberg.

Lütke, Feodor Petrowitsch, Graf, russ. Weltumsegler, geb. 17. (29.) Sept. 1797 zu Petersburg, trat als Freiwilliger 1813 in die englische Flottille, welche bestimmt war, das von den Franzosen behauptete Danzig zu belagern, ward für seine Bravour zum Midshipman ernannt, machte 1817-18 unter Golownin seine erste Reise um die Erde, erhielt 1821 den Auftrag, Kamtschatka zu erforschen, und unternahm auch in den drei folgenden Jahren Forschungsreisen in die arktischen Gegenden, die namentlich Aufschluß über die Küsten Nowaja Semljas brachten. Seine Beschreibung der "Viermaligen Reise ins Nördliche Eismeer" gab später Erman in deutscher Sprache heraus (Berl. 1835). 1823 zum Kapitänleutnant befördert, erhielt L. 1826 die Leitung der vierten russischen Weltumseglung übertragen, an der sich auch mehrere ausländische Gelehrte beteiligten. Er verließ auf der Korvette Senjawin 14. Aug. 1826 (in Begleitung der Korvette Moller) Kronstadt, erforschte die russischen Küsten Asiens und Amerikas, entdeckte im Großen Ozean verschiedene Inseln, von denen eine Gruppe den Namen "Senjawininseln" erhielt, kam Ende 1827 nach Manila und traf 16. Sept. 1828 wieder in Kronstadt ein. Die Beschreibung dieser an Resultaten sehr reichen Expedition veröffentlichte er unter dem Titel: "Voyage autour du monde" (Par. 1835 ff., 4 Bde. mit Zeichnungen von Postels und Kittlitz). L. erhielt 1829 den Rang eines Kapitäns erster Klasse, unternahm ein Jahr später mit zwei Fregatten und einer Brigg eine Übungsfahrt nach Island und wurde 1832 zum Flügeladjutanten des Kaisers und zum Erzieher des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch sowie 1847 zu dessen Kurator ernannt, welche Stellung er bis 1852 bekleidete. Inzwischen 1842 zum Generaladjutanten und 1845 zum Vizeadmiral emporgerückt, war er 1851-53 Kriegsgouverneur in Reval, später in Kronstadt und trat 1855 als wirklicher Admiral in den Reichsrat. Die Stiftung der Russischen Geographischen Gesellschaft (1845) ist vorzugsweise sein Werk, und er fungierte wiederholt als Vizepräsident derselben. Seit 1864 Präsident der Petersburger Akademie der Wissenschaften und 1866 in den Reichsgrafenstand erhoben, starb er 8. (20.) Aug. 1882 in Petersburg.