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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mainz

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Mainz (Stadt: hervorragende Gebäude).

(1803) 320,000 Einw. Dasselbe gruppierte sich um Mainz und Erfurt (hierzu das Eichsfeld), die beide befestigt waren. Der Erzbischof, durch freie Wahl des Domkapitels gewählt, war Kurfürst und Erzkanzler des Reichs, Primas von Deutschland, führte das Direktorium auf dem Reichstag, im Kurfürstenkollegium und bei der Wahl und schrieb Deputations- und Kurfürstentage aus. Das Domkapitel bestand aus 24 Mitgliedern, unter denen 5 Prälaten und 10 Kapitularherren, welch letztere nicht notwendig Priester zu sein brauchten. Die kurfürstlichen Einkünfte beliefen sich auf 1,200,000 Guld. Als höhere Unterrichtsanstalten bestanden die Universitäten zu Mainz und Erfurt und eine Akademie der nützlichen Wissenschaften zu Erfurt. Das Wappen war ein silbernes Rad mit sechs Speichen im roten Feld. Der letzte Kurfürst war Friedrich Karl Joseph von Erthal, gest. 25. Juli 1802 in Aschaffenburg. Durch den Reichsdeputationsrezeß vom 25. Febr. 1803 erfolgte die Säkularisation des Erzbistums M. Frankreich erhielt von dem Mainzer Gebiet die Distrikte am linken Rheinufer; Preußen erhielt Erfurt, das Eichsfeld und die thüringischen Besitzungen; andre Teile fielen an Hessen-Darmstadt, Hessen-Kassel und Nassau; den Rest des Erzstifts M., die Fürstentümer Aschaffenburg, Regensburg, die Grafschaft Wetzlar und mehrere Ämter (zusammen 1375 qkm mit 109,000 Einw. und einem jährlichen Einkommen von 600,000 Guld.), erhielt der bisherige Koadjutor, Karl Theodor v. Dalberg (s. d.), welcher 1813 aber darauf verzichten mußte. Schon 1801 war das Erzstift zu einem Bistum degradiert worden und zuerst unter Mecheln, dann 1829 unter Freiburg gestellt. Die Episkopalrechte beziehen sich nur auf die hessischen Besitzungen am rechten Rheinufer. Nach dem Tode des Bischofs Wilhelm Emanuel v. Ketteler (s. d.) 1877 wurde der Domkapitular Moufang vom Kapitel zum Generalvikar erwählt, aber von der hessischen Regierung nicht anerkannt. Vgl. Schunk, Beiträge zur Mainzer Geschichte (Frankf. 1788-91, 3 Bde.); Hennes, Die Erzbischöfe von M. (3. Aufl., Mainz 1880); Stumpf, Acta Moguntina (Innsbr. 1863); Jaffé, Monumenta Moguntina (Berl. 1866); Will, Regesten zur Geschichte der Mainzer Erzbischöfe (Innsbr. 1877-86, Bd. 1 u. 2).

Mainz (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der hess. Rheinprovinz und deutsche Reichsfestung ersten Ranges, liegt der Mainmündung schräg gegenüber in einer der schönsten und fruchtbarsten Gegenden Deutschlands, im Knotenpunkt der Linien M.-Worms, M.-Darmstadt-Aschaffenburg, M.-Bingen, M.-Frankfurt a. M und M.-Alzey-Wahlheim der Hess. Ludwigsbahn, 84 m ü. M. Über den Rhein führen eine 1028 m lange Eisenbahngitterbrücke mit zwei Geleisen und eine ganz neue schöne Straßenbrücke nach dem gegenüberliegenden Kastel. Letztere Stadt ist in das Befestigungssystem mit eingeschlossen. Im allgemeinen ist M. eine gut gebaute Stadt mit sehr günstigen Gesundheitsverhältnissen. Der älteste und unregelmäßigste Stadtteil, das sogen. Kästrich, woselbst die aussichtsreiche Mathildenterrasse, wurde 18. Nov. 1857 durch eine furchtbare Pulverexplosion größtenteils zerstört u. seitdem in moderner Weise wieder aufgebaut. Ein ganz neuer, eleganter Stadtteil ist die Neustadt, im N. der Stadt, wozu seit 1874 der Platz durch Hinausschiebung der Festungswerke gewonnen wurde. Unter den Plätzen sind bemerkenswert: der Schloßplatz, geziert mit einer Bildsäule Schillers (von dem Mainzer Künstler Scholl), der Tritonplatz mit einer Fontäne, der Gutenbergplatz mit der bronzenen Statue des Erfinders der Buchdruckerkunst (von Thorwaldsen) und der Bahnhofsplatz. Von Straßen sind hervorzuheben: die Rheinstraße, in geringer Entfernung vom Rhein hinlaufend, die Wallstraße, die Ludwigsstraße, die Augustinergasse, namentlich aber der in der Neustadt befindliche 60 m breite und mit gärtnerischen Anlagen geschmückte Boulevard.

Unter den kirchlichen Gebäuden (9 kath. Kirchen nebst 3 Kapellen, 1 evang. Kirche und 2 Synagogen) steht der Dom obenan. Derselbe, 978-1009 zum erstenmal erbaut, dann dreimal durch Feuersbrunst zerstört, in seiner jetzigen Form im 13. und 14. Jahrh. aufgeführt, ist ein imposantes, kunsthistorisch sehr interessantes Gebäude mit sechs Türmen, deren höchster 82 m hoch ist (s. Tafel "Baukunst IX", Fig. 6 und 7). Das Innere wird von 56 hohen Säulen gestützt und enthält zahlreiche Denkmäler und Kunstschätze, namentlich zwei schöne eherne Thorflügel aus dem 10. Jahrh., ein metallenes Taufbecken von 1328, das Denkmal der Fastrada (der dritten Gemahlin Karls d. Gr.) und die zum Teil prachtvollen Monumente mehrerer Erzbischöfe vom 13. Jahrh. an bis zur Neuzeit. In dem anstoßenden Kreuzgang ist unter andern Monumenten das des Minnesängers Frauenlob (gest. 1318), dem 1842 noch ein andres, ein Werk Schwanthalers, errichtet ward, das sehenswerteste. Bei der Belagerung von 1793 und durch die nachherige Verwandlung in ein Magazin hat der Dom sehr gelitten, und erst in der Neuzeit (seit 1822) ist er unter Leitung Mollers restauriert worden. Der östliche Pfarrturm erhielt eine gotische Kuppel, und andre Teile des Doms wurden wiederhergestellt. In den Jahren 1870-78, unter der Leitung der Dombaumeister Wessiken und (seit 1873) Cuypers aus Amsterdam, wurde insbesondere der Pfeilerbau, welcher das Ostchor vom Schiff trennte, herausgenommen und das Schiff in seiner ganzen imposanten Länge wiederhergestellt. Der gotische Kuppelturm wurde abgetragen und an seiner Stelle der Mittelturm im romanischen Stil wieder aufgebaut; die Krypte unter dem Ostchor wurde ausgebaut und die beiden östlichen Stiegentürme erneuert. Das Mittelschiff und die Kuppel des Westchors sind mit Wandgemälden nach Veits Entwürfen geschmückt; das Ostchor harrt noch seines innern Ausbaues und Schmuckes. Bemerkenswert sind noch: die Ignatiuskirche mit schönem Portal; die St. Stephanskirche, eine schöne frühgotische Hallenkirche mit dem Grabmal des Gründers des Doms, Erzbischofs Willigis, 1318 vollendet, auf dem höchsten Punkte der Stadt; die Augustiner- oder Liebfrauenkirche; die Peterskirche mit Kuppelgemälden von Appiani und mehrere ehemalige Klostergebäude. Vgl. Werner, Der Dom von M. und seine Denkmäler (Mainz 1827 bis 1836, 3 Bde.); Bockenheimer, Der Dom zu M. (das. 1879); Schneider, Der Dom zu M. (Berl. 1886, mit 10 Tafeln).

Andre hervorragende Gebäude sind: das großherzogliche Schloß, früher dem Deutschen Orden gehörig, im Anfang des 18. Jahrh. erbaut; das aus rotem Sandstein aufgeführte ehemalige kurfürstliche Schloß, bis 1886 zum Teil als Lagerhaus des Freihafens dienend, enthält die reichen Sammlungen der Stadt: die Stadtbibliothek (150,000 Bände) mit Münzkabinett, die bedeutende Gemäldegalerie, das Altertumsmuseum, das römisch-germanische Zen-^[folgende Seite]

^[Abb.: Wappen von Mainz]