Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Malerei

150

Malerei (antike M.: Italien; altchristliche, byzantinische M.).

Die M. in Italien scheint sich wesentlich unter griechischem Einfluß entfaltet zu haben. Einzelne aus Griechenland eingewanderte Künstler (Damophilos und Gorgasos) fanden um 493 v. Chr. in Rom Beschäftigung. Daneben wußten sich aber auch einheimische Künstler, wie Fabius Pictor und Marcus Pacuvius, Anerkennung zu erringen, und in der Folgezeit wuchs die Beliebtheit dieser Kunst, da sie der Verherrlichung kriegerischer Großthaten dienstbar gemacht und zum Schmuck der Triumphe verwendet ward. In der Kaiserzeit lenkte die M. durchaus in griechische Bahnen ein und schloß sich nicht bloß in der Dekorationsweise (Einteilung der Wandflächen in Felder, deren Mittelpunkt ein kleineres, ursprünglich besonders gearbeitetes Tafelbild enthielt), sondern auch in der Wahl der Gegenstände und Motive eng an die Schöpfungen der alexandrinischen Zeit an, in welcher die Entwickelung der griechischen M. ihren Abschluß erreichte. Von den Erzeugnissen dieser griechisch-römischen Kunst geben uns die in Pompeji, in Rom etc. ausgegrabenen Wandmalereien reichlichste Anschauung. Die Mehrzahl der Darstellungen ist dem Kreis der griechischen Heroen- und Göttersage entlehnt. Andre Bilder beziehen sich auf den öffentlichen und Hausgottesdienst. Als seltene Ausnahmen finden sich auch Stoffe der römischen Mythologie und Geschichte behandelt. Sehr häufig sind dagegen kleine Genrebilder, die uns einen Einblick in das Volkstreiben der damaligen Zeit thun lassen; Landschaften und Marinestücke kommen gelegentlich vor, vor allem aber ist eine unübersehbare Fülle reizender Einzelfiguren, besonders schwebender Genien, Amoretten etc., in Verbindung mit einer phantastischen Architektur zum Schmuck der Wandflächen verwendet worden.

Einer ältern Epoche gehören die Gemälde der unterirdisch angelegten Grabkammern Etruriens an, in denen der griechische Einfluß meist unmittelbar zu Tage tritt, wenn auch häufig sich Ansätze zu einer eigenartigen lokalen Kunstweise vorfinden. Von diesen Malereien, die nur bei künstlicher Beleuchtung sichtbar sind (worauf die Farbengebung Rücksicht nimmt), sind die bedeutendsten in Corneto (Tarquinii; jetzt zum Teil in Rom, Museo Kircheriano), andere in Chiusi (Clusium), Veji etc. entdeckt worden. Sie behandeln mit Vorliebe düstere Szenen, welche die Schrecken des Todes und der Unterwelt veranschaulichen. Doch fehlen daneben nicht Schilderungen heiterer Gelage, festlicher Spiele, in denen sich ein lebhafter Sinn für realistisch getreue Behandlung des Alltagslebens bemerkbar macht. Vgl. Brunn, Geschichte der griechischen Künstler, Bd. 2 (Stuttg. 1859); Helbig, Untersuchungen über die kampanische Wandmalerei (Leipz. 1873); Woltmann-Woermann, Geschichte der M., Bd. 1 (das. 1879).

II. Die christliche Malerei.

Das Christentum stellte sich in den ersten Jahrhunderten n. Chr. aus Opposition gegen den mit der Kunst eng verbundenen antiken Kultus durchaus feindlich gegen alle künstlerische Thätigkeit, namentlich auch gegen die M. Bald jedoch machte sich das künstlerische Bedürfnis mehr und mehr geltend, und so findet man in den alten christlichen Katakomben auch malerische Darstellungen aus dem Bereich der christlichen Tradition. Im 4. Jahrh. beginnt die Heiligenbildermalerei für Kirchen und den Privatgebrauch. Hierin liegt der erste Anstoß zu einer Wiedererweckung des Bedürfnisses nach malerischer Anschaulichkeit und zu der spätern mächtigen Entwickelung der M. In dieser Entwickelung lassen sich eine Reihe von Perioden unterscheiden, welche teils durch die Länder, in welchen der jeweilige Schwerpunkt der Kunstthätigkeit lag, teils durch das Vorherrschen von bestimmten künstlerischen Richtungen charakterisiert und abgegrenzt werden.

Erste Periode (ca. 300-600 n. Chr.).

Die frühmittelalterliche M. läßt sich bis ins 3. Jahrh. zurückverfolgen und zwar in den Katakombendarstellungen, welche zum Teil symbolisch-konventioneller Art waren, indem die Symbole des Lammes, der Taube, der Weinlese, des Hirten etc. und alttestamentliche Gegenstände dargestellt wurden, sowie in den Heiligenbildern und Mosaiken. Mit der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion wandte man die M. auf die Ausschmückung der großen Basiliken an und zwar durch Wandmalereien oder durch Mosaiken an Wänden, Decken und Kuppeln. Wenn nun diese ersten Malereien in Stil und Technik trotz der Verschiedenheit der Motive an die Antike anknüpfen, so macht sich doch bereits ein Unterschied zwischen der abendländischen (römischen) und der morgenländischen (byzantinischen) M. geltend. Denkmäler der erstern aus dem 5. Jahrh. finden sich namentlich zu Rom (Santa Maria Maggiore) und Ravenna. Auch die Miniaturmalerei kam bereits in Aufnahme.

Zweite Periode (600-1200).

Die byzantinische M. bewahrte den Typus der ältesten christlichen Darstellungen am längsten. Äußerlich unterscheidet sich dieselbe von der römischen dadurch, daß sie meist nur auf Goldgrund malte und durchgängig langgestreckte Figuren zeigte, während die Figuren der italienischen M. kurz und untersetzt erscheinen. Unter den Nachfolgern Konstantins d. Gr., besonders unter Justinian II., wurde viel für Beförderung der M. gethan, welche freilich bald eine Hinneigung zu äußerlicher Pracht und dadurch zu konventioneller Starrheit zeigte. Der 726 ausbrechende Bilderstreit bedrohte beinahe die ganze M. mit Vernichtung; die Künstler flüchteten nach Italien, bis das Konzil zu Nicäa (787) und die Synode zu Konstantinopel von 842 die Zulässigkeit der malerischen Darstellung heiliger Gegenstände aussprachen. Bis ins 11. Jahrh. bewahrte die byzantinische M. eine große traditionelle Kunstfertigkeit, verlor sich aber in der Auffassung der Formen zum unnatürlichsten Schematismus. Nach auswärts verpflanzte sich der byzantinische Stil besonders nach Armenien und später nach Rußland, wo noch heute der kirchliche Kultus ganz ähnliche Formen erfordert. Auch nach Italien drang er vor; besonders finden sich in Sizilien, Unteritalien, Genua und Venedig starke Spuren. Von den übrigen Ländern ist in dieser Periode vorzüglich Irland hervorzuheben, wo sich in den Klöstern die Miniaturmalerei in Manuskripten für den kirchlichen Gebrauch zu einer besondern Kunstgattung entwickelte, die auch in Deutschland (Aachen, wo Karl d. Gr. eine Malerschule gründete), der Schweiz (St. Gallen) und Oberitalien Eingang fand und sich hier, namentlich durch die Einwirkung Alkuins, zu dem sogen. fränkischen Stil ausbildete. Eine Mischung des fränkischen Stils, antiker Anschauung und byzantinischer Strenge zeigt sich in dem nach 1000 n. Chr. sich entwickelnden romanischen Stil, welcher sich jedoch in der Miniaturmalerei auf Oberitalien beschränkte, während der reine fränkische Stil in England, Frankreich, Deutschland festgehalten wurde und sich nicht nur in den Miniaturen, sondern auch in Mosaiken, Glas- und Emailmalereien, Teppichwirkereien etc. zur Geltung brachte.