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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Mantellied; Mantelsack; Manteltiere; Mantel- und Degenstücke; Mantes; Manteuffel

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Mantellied - Manteuffel.

Mantellied, das bekannte Lied "Schier dreißig Jahre bist du alt" aus Holteis Schauspiel "Lenore" (1828).

Mantelsack, ledernes oder tuchenes Behältnis von cylindrischer Form, welches der Länge nach mit einer Klappe zum Öffnen versehen ist und zur Aufnahme von Reiseutensilien, beim Soldaten von Ausrüstungsstücken dient. Er wird auf dem Reitpferd hinten am Sattel befestigt.

Manteltiere, s. Tunikaten.

Mantel- und Degenstücke, s. Comedia.

Mantes (spr. māngt), Arrondissementshauptstadt im franz. Departement Seine-et-Oise, an der Seine und der Französischen Westbahn, welche sich hier in die Linien nach Havre und Cherbourg teilt, hat eine schöne gotische, dem Plane nach mit der Pariser Notredamekirche übereinstimmende Kollegiatkirche (neuerlich restauriert), eine schöne Fontäne im Renaissancestil, (1886) 6607 Einw., eine Fabrik für musikalische Instrumente und eine Geflügelzuchtanstalt. Wilhelm der Eroberer zerstörte 1087 die Stadt.

Manteuffel, altadliges Geschlecht, das schon frühzeitig im alten Kassubenland zu den burggesessenen Herren zählte, in Pommern die höchsten geistlichen und weltlichen Ämter bekleidete und sich von hier aus nach der Mark, nach Mecklenburg, Preußen, Sachsen, Schweden und den Ostseeprovinzen verzweigte. Eine gräfliche Linie (Mannteuffell) wurde 1756 in Livland begründet und 1759 in den Reichsgrafenstand erhoben; sie existiert noch jetzt in Rußland. Die jetzige freiherrliche Linie in Sachsen und Preußen stammt von Christoph Friedrich v. Mühlendorf (geb. 1727, gest. 1803) ab, der von Ernst Christoph v. M. (geb. 1676, gest. 1749), kursächsischem Minister und Gesandten in Berlin, seit 1709 Freiherr, seit 1719 Graf, adoptiert wurde und 1742 den Namen M. mit der reichsfreiherrlichen Würde erhielt. Sein zweiter Sohn ist:

1) Georg August Ernst von, geb. 26. Okt. 1765 zu Althörnitz in der Oberlausitz, ward 1791 Supernumerarappellationsrat, 1793 Landsyndikus des Markgrafentums Niederlausitz und Mitglied des Konsistoriums in Dresden. 1797 trat er als Wirklicher Rat ins Appellationsgericht zurück, wurde 1799 Geheimer Finanzrat, 1812 Direktor des ersten Departements im Geheimen Finanzkollegium und 1813 Mitglied der Immediatkommission, welcher der König, als er Sachsen verlassen mußte, die Verwaltungsgeschäfte anvertraute. Nach der Übergabe Dresdens an die Verbündeten ward er als angeblicher Anhänger der Franzosen nach der Feste Sonnenstein, dann nach Kosel gebracht und kehrte erst, nachdem das Schicksal Sachsens entschieden war, nach Dresden zurück. Er ward nun Direktor des zweiten Departements im Geheimen Finanzkollegium, 1817 Mitglied des Geheimen Rats, 1820 Wirklicher Geheimer Rat, später Präsident des Geheimen Finanzkollegiums, 1828 Konferenzminister und 1830, nach dem Rücktritt des Ministeriums Einsiedel, durch Ernennung zum Gesandten am deutschen Bundestag beseitigt. 1840 nach Dresden zurückgekehrt, starb er 8. Jan. 1842 daselbst.

2) Friedrich Otto Gottlob von, Bruder des vorigen, geb. 6. April 1777, war Präsident der Oberamtsregierung und des Konsistoriums in Lübben; starb 20. Jan. 1812.

3) Otto Theodor, Freiherr von, preuß. Staatsmann, Sohn des vorigen, geb. 3. Febr. 1805 zu Lübben in der Niederlausitz, kam nach dem Tode desselben mit seinem zweiten Bruder in das Haus seines Oheims Hans Karl Erdmann, Vaters von M. 5), besuchte seit 1819 Schulpforta und widmete sich 1824-1827 zu Halle dem Studium der Rechts- u. Kameralwissenschaften. 1830 als Referendar zur Regierung nach Frankfurt versetzt, wurde er 1833 zum Landrat des Luckauer Kreises, 1841 zum Oberregierungsrat in Königsberg und 1843 zum Vizepräsidenten der Regierung in Stettin ernannt. 1844 berief ihn der Prinz von Preußen, der damals Vorsitzender des Staatsministeriums war, als vortragenden Rat zu sich; bald darauf wurde M. auch zum Mitglied des königlichen Staatsrats ernannt und vorzüglich in den Abteilungen der Finanzen verwendet, bis er 1845 Direktor im Ministerium des Innern wurde. Der Vereinigte Landtag 1847 gab ihm Gelegenheit, sein parlamentarisches Geschick zu bekunden, und er zeigte sich hier als einen energischen Vorkämpfer des büreaukratischen Staatswesens gegen die Ansprüche des konstitutionellen Liberalismus. Am 8. Nov. 1848 trat er als Minister des Innern in das Kabinett Brandenburg. An der preußischen Verfassung vom 5. Dez. 1848 hatte M. wesentlichen Anteil; er war es aber auch, der die Botschaft vom 7. Jan. 1850, welche wesentliche Bestimmungen jener Verfassung wieder aufhob, mit einbrachte und vor den Kammern verteidigte. Nach dem Tode des Grafen Brandenburg mit der interimistischen Leitung der auswärtigen Angelegenheiten betraut, nahm er im November 1850 an der Konferenz zu Olmütz teil, beschickte von neuem den Bundestag und gab die verfassungsmäßigen Rechte Kurhessens und Holsteins dem österreichischen Restaurationseifer preis. "Der Starke tritt einen Schritt zurück", mit diesen Worten suchte er die mit diesen Maßregeln unzufriedenen Kammern zu beruhigen. Am 19. Dez. 1850 erfolgte seine definitive Ernennung zum Präsidenten des Staatsministeriums und Minister der auswärtigen Angelegenheiten, in welcher Eigenschaft er auch 1856 am Pariser Kongreß teilnahm. Er hielt sich in seiner Stellung, freilich mehr und mehr auf die reaktionäre Partei sich stützend, bis zur Einsetzung der Regentschaft (Oktober 1858), worauf er 6. Nov. mit dem ganzen Ministerium seine Entlassung erhielt. Er zog sich hierauf auf seine Güter in der Lausitz zurück, ward für Görlitz in das Haus der Abgeordneten gewählt und trat in dasselbe ein, ohne sich jedoch bei den Verhandlungen in hervortretender Weise zu beteiligen. Seit 1864 Mitglied des Herrenhauses, trat er wiederholt für reaktionäre Grundsätze auf. Er starb 26. Nov. 1882 auf seinem Gut Krossen bei Golßen in der Niederlausitz. - Sein Sohn Otto Karl Gottlob, Freiherr von M., geb. 26. Nov. 1844, ist Landrat in Luckau und Mitglied des Herrenhauses.

4) Karl Otto, Freiherr von, Bruder des vorigen, geb. 9. Juli 1806 zu Lübben, wurde mit seinem Bruder seit 1819 in Schulpforta erzogen. Seit 1825 widmete er sich zu Halle dem Studium der Rechte und Staatswissenschaften, ward Oberlandesgerichtsassessor zu Frankfurt a. O., trat aber ebenfalls zur Verwaltung über und wurde, nachdem er längere Zeit bei der Regierung in Frankfurt fungiert, von den Ständen des Kreises Luckau 1841 zum Landrat erwählt. Nach seines Bruders Berufung ins Ministerium 1850 ward er zum Vizepräsidenten der Regierung zu Königsberg befördert u. von hier im Februar 1851 als Regierungspräsident nach Frankfurt versetzt. Schon im April d. J. erfolgte seine Berufung als Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern. 1854 wurde er Mitglied des Staatsrats, im Oktober Chef des landwirtschaftlichen Ministeriums, welchen Posten er bis 6. Nov. 1858 bekleidete. Seit 1873 konservatives Mitglied des Abgeordnetenhauses, starb er 28. Febr. 1879 in Berlin.