Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Marine

250

Marine (Kriegsmarine: Organisation, Personal).

Kohlen und sonstiges Material nachführen sowie zum Transport von Landungstruppen oder der Truppen nach den Kolonien (England, Holland) dienen; e) eine Torpedoflottille, aus Torpedobooten, Torpedodepotschiffen etc. bestehend; f) Schulschiffe zur Ausbildung von Kadetten, Schiffsjungen, Heizern, Maschinisten etc.; g) Fahrzeuge für den Hafendienst, d. h. Schleppdampfer, Lotsenfahrzeuge, Wacht-, Kasernen-, Hospitalschiffe, Prahme etc. 2) Kriegshäfen mit Küstenbefestigungen zur Sicherung der Flotte und Marineetablissements. 3) Marineetablissements, Werften zur Erbauung, Reparatur und Ausrüstung von Schiffen, mit Trockendocks, Artillerie- und Torpedodepots, Proviant- und Bekleidungsmagazinen. 4) Bildungsanstalten zur Ausbildung der Offiziere und des Unterpersonals für den Torpedo-, Maschinen- etc. Dienst. 5) Das Personal, die Besatzung der Schiffe, das Personal der Werften für die verschiedenen Verwaltungszweige, die Marineinfanterie und Küstenartillerie.

Wenn ein Kriegsschiff in Dienst gestellt wird, erhält es kriegsmäßige Ausrüstung, gleicht einem mobilen Truppenkörper und ist jederzeit zum Kampf bereit. Sobald daher Schiffe die heimischen Gewässer verlassen (deutsche Schiffe die Linie Dover-Calais überschreiten), gelten für sie die Kriegsgesetze, den Besatzungen wird die Dienstzeit auch als Kriegsdienst (s. Kriegsjahre) angerechnet. Die Organisation der Kriegsmarine aller Länder ist in ihren Hauptzügen ähnlich; die der deutschen ist folgende: Die kaiserliche Admiralität zu Berlin ist die oberste Kommando- und Verwaltungsbehörde der deutschen M.; an ihrer Spitze steht der Chef der Admiralität, ein General mit Admiralsrang, welcher die Verwaltung der M. unter Verantwortlichkeit des Reichskanzlers leitet. Die Admiralität ist ähnlich dem Kriegsministerium (s. d.) organisiert und zerfällt in eine Zentralabteilung (persönliche Angelegenheiten), eine Kommandoabteilung (Gebrauch der Flotte im Frieden und Krieg, Organisation), das Marinedepartement (die gesamten technischen Angelegenheiten), das Verwaltungsdepartement (Garnison-, Geld-, Verpflegungsangelegenheiten), das Statistische Büreau, das Hydrographische Amt. Ausführende Behörden der Admiralität sind: 1) Das Marinestations-Kommando der Ostsee in Kiel, das der Nordsee in Wilhelmshaven, an deren Spitze je ein Admiral als Stationschef steht. Zu jeder Station gehört eine Marineinspektion (I. in Kiel, II. in Wilhelmshaven), welcher eine Matrosen- und eine Werftdivision (I. in Kiel, II. in Wilhelmshaven), die Freiwilligen- und Maschinisten-Schulschiffe, die Wachtschiffe sowie die in Reserve stehenden Schiffe unterstellt sind. Jede Matrosendivision besteht aus 4 Kompanien in 2 Abteilungen. Sie haben das seemännische Personal für die Schiffsbesatzungen auszubilden und sind für den Mobilmachungsfall in Schiffsstämme geteilt. Jede Werftdivision zerfällt in 5 Kompanien, welche die Schiffe mit Maschinisten und Handwerkerpersonal versehen und die Werften mit Arbeitskräften unterstützen sollen. Zu ihnen gehören: die Zahlmeistersektion, die Maschinisten, Feuermeister, Heizer, Zimmerleute, Segelmacher, Maler, Böttcher, Schuhmacher, Schneider, Materialienverwalter, Lazarettgehilfen, Büchsenmacher, Bäcker und Schreiber. In allen diesen Berufsarten gibt es folgende Rangstufen, z. B. bei den Malern: Malersgast (Gemeiner), Obermalersgast (Gefreiter), Malersmaat (Unteroffizier), Obermalersmaat (Sergeant). 2) Das Seebataillon (s. d.), das 1. Halbbataillon (3., 5., 6. Kompanie) in Kiel, das 2. Halbbataillon (1., 2., 4. Kompanie) in Wilhelmshaven. Der Marinestation der Ostsee ist die Schiffsjungenabteilung (s. unten) zu Friedrichsort unterstellt. 3) Die Inspektion der Marineartillerie (s. d.) zu Wilhelmshaven; ihr sind unterstellt: a) die drei Matrosenartillerie-Abteilungen zu je 3 Kompanien, I. Abteilung in Friedrichsort, II. in Wilhelmshaven, III. in Lehe; ihnen liegt ob die artilleristische Verteidigung der Küstenbefestigungen der Häfen sowie das Legen der Minensperren daselbst, während sie an Bord nicht zur Verwendung kommen; b) das Artillerieschulschiff (Mars) zu Wilhelmshaven; c) die Artillerie- und Minendepots zu Friedrichsort und Wilhelmshaven. 4) Die Inspektion des Torpedowesens zu Kiel; ihr unterstellt sind: das Torpedo-Versuchskommando in Kiel, das Torpedodepot in Friedrichsort, die beiden Torpedobootkompanien zu Kiel und Wilhelmshaven, das Torpedoschulschiff (Elisabeth) und die im Dienst befindlichen Torpedoboote. 5) Die Schiffsprüfungskommission in Kiel. 6) Die technische Versuchskommission in Kiel. 7) Die technischen Institute; hierzu gehören die Werften zu Danzig, Kiel und Wilhelmshaven und die Hafenbaukommissionen an letztern beiden Orten. 8) Die Direktion des Bildungswesens der M. in Kiel; ihr unterstellt sind die Marineakademie und Marineschule in Kiel zur Ausbildung der Seeoffiziere, die Deckoffizierschule in Kiel zur wissenschaftlichen Fortbildung des Maschinen-, Steuermanns- und Torpedopersonals, die Deutsche Seewarte in Hamburg, die Zentralstelle für maritime Meteorologie, welcher das Chronometerinstitut zugeteilt ist. 9) Jeder Marinestation ist eine Intendantur mit Stationskasse, Bekleidungsamt und Garnisonverwaltung zugeteilt. 10) Es bestehen ferner noch Marinelazarette zu Kiel, Friedrichsort, Wilhelmshaven und Jokohama.

[Personal.] Das Offizierkorps der M. besteht aus dem Seeoffizierkorps, dem Offizierkorps des Seebataillons, dem Maschinen- und Torpeder-Ingenieurkorps, den Feuerwerks-, Zeug- und Torpederoffizieren und dem Sanitätsoffizierkorps. Die Ergänzung und Chargen des Seeoffizierkorps s. Offizier. Das Offizierkorps des Seebataillons ergänzt sich durch Versetzung aus den Infanterieregimentern der Armee auf 4-5 Jahre, nach welcher Zeit die Offiziere in der Regel zur Landarmee zurücktreten. Das Maschinen- und Torpeder-Ingenieurkorps ergänzt sich aus den Obermaschinisten (Oberdeckoffizieren), welche mindestens 2 Jahre Seefahrtszeit als leitender Wachtmaschinist, davon 10 Monate auf einem Panzerschiff, Dienst gethan und die Prüfung bestanden haben. Die Wahl erfolgt durch das Seeoffizier- und Maschineningenieurkorps am Ort. Chargen sind: Maschinen- (bez. Torpeder-) Oberingenieur, -Ingenieur und -Unteringenieur im Rang des Kapitänleutnants, Leutnants zur See und Unterleutnants. Die Feuerwerks-, Zeug- und Torpedooffiziere ergänzen sich aus den Oberfeuerwerkern, Oberzeugfeldwebeln und Obertorpedern, welche die vorgeschriebene Berufsprüfung bestanden haben. Es gibt Feuerwerks- und Zeughauptleute, -Premierleutnants und -Leutnants; Torpeder-Kapitänleutnants, -Leutnants und -Unterleutnants. Auf die Ergänzung des Sanitätsoffizierkorps finden die im Heer geltenden Grundsätze gleiche Anwendung. Die Ergänzung der Unteroffiziere erfolgt aus den ausgehobenen Mannschaften und den Zöglingen der Schiffsjungenabteilung, welche bestimmt ist, Matrosen und Unteroffiziere auszubilden. Konfirmierte Knaben im Alter von 15-16,