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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Nierenstein; Nierensteine; Nieritz; Niers; Nierstein; Niersteiner; Nieseblumen; Niesemittel; Niesen; Niesky; Nießbrauch

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Nierenstein - Nießbrauch.

Affektion, welche darauf beruht, daß sich im Nierenbecken steinige Konkremente bilden, die Schleimhaut desselben heftig reizen und, wenn sie in den Harnleiter gelangen, für längere oder kürzere Zeit eingeklemmt werden und stecken bleiben.

Die Geschwülste der Nieren sind verhältnismäßig selten, sie kommen meist im jugendlichen Alter, zuweilen sogar angeboren vor, wie die Cystennieren, gewisse seltene Sarkome mit Muskelfasern u. a. Krebs der Nieren geht zuweilen aus langen Reizungen des Beckens durch scharfe Steinbildungen hervor. Als Mißbildung sei erwähnt, daß zuweilen nur eine einfache, zuweilen zwei in der Mitte verwachsene Nieren vorkommen, welche als Hufeisennieren bekannt sind, aber nur anatomisches Interesse darbieten, da das Leben durch sie nicht gefährdet wird. Vgl. Wagner, Der Morbus Brightii (3. Aufl., Leipz. 1882); Bamberger, Über Morbus Brightii (das. 1879).

Nierenstein, s. v. w. Nephrit.

Nierensteine, s. Harnsteine.

Nieritz, Karl Gustav, beliebter Volks- und Jugendschriftsteller, geb. 2. Juli 1795 zu Dresden, besuchte die Kreuzschule und das Friedrichstädter Seminar daselbst, war seit 1814 Hilfslehrer seines Vaters und wurde 1831 zum Oberlehrer und 1841 zum Direktor der Bezirksschule zu Antonstadt-Dresden befördert. Letztere Stelle legte er 1864 nieder und lebte seitdem ganz der Schriftstellerei. Er starb 16. Febr. 1876. Seit 1834 machte er sich als Schriftsteller durch zahlreiche Erzählungen für das Volk und die Jugend bekannt, welche, vom Hauch einer warmen und weitherzigen Frömmigkeit durchweht, sich einer verdienten Beliebtheit erfreuten und zu dem Besten gehören, was die Gegenwart auf diesem Gebiet hervorgebracht hat. Sie erschienen teilweise gesammelt als: "Jugendbibliothek", "Jugendschriften" etc. Großen Beifall fand auch der von ihm seit 1850 herausgegebene "Deutsche Volkskalender". Vgl. seine "Selbstbiographie" (Leipz. 1872).

Niers (Neers), Fluß in Rheinpreußen, entspringt bei Wanlo auf der Grenze der Regierungsbezirke Aachen und Düsseldorf, südwestlich von Odenkirchen, fließt durch ein sumpfiges Wiesenthal, an Geldern vorüber, und mündet in den Niederlanden unweit Gennep nach 120 km langem Lauf rechts in die Maas.

Nierstein, Dorf in Rheinhessen, Kreis Oppenheim, am Rhein und an der Linie Mainz-Worms der Hessischen Ludwigsbahn, hat vorzüglichen Weinbau, eine Malzfabrik, Holzhandel und (1885) 3283 Einw.

Niersteiner, s. Rheinhessische Weine.

Nieseblumen, s. Convallaria.

Niesemittel, s. Niesen.

Niesen (Sternutatio), eine krampfhafte Reflexbewegung der Atmungsmuskeln, die dadurch zu stande kommt, daß sich ein die Gefühlsnerven der Nasenschleimhaut treffender Reiz auf das Gehirn fortpflanzt und von dort auf die Bewegungsnerven der Atmungsmuskeln übertragen (reflektiert) wird. Beim N. folgt auf eine tiefe Inspiration eine kurze, sehr kräftige, durch Stimmbandschwingungen tönende Exspiration, wobei der durch die Nase gestoßene Luftstrom Schleimpartikelchen mit sich fortreißt. Eine eigentümliche Form der krankhaften Reflexbewegung des Niesens ist der sogen. Nieskrampf, der hauptsächlich bei weiblichen Individuen von hysterischer Stimmung, bei Irren und andern nervösen und reizbaren Personen ohne alle wahrnehmbaren Veränderungen in der Nasenhöhle nicht ganz selten vorkommt, so daß manchmal tage- und wochenlang das N. fast ohne Unterbrechung fortdauert und einen wirklich qualvollen Zustand bedingt. In andern Fällen finden freie Zwischenräume statt, aber der Nieskrampf kehrt in stundenlangen oder noch längern Anfällen ohne alle neue Ursache oder auch durch die geringfügigsten Veranlassungen wieder. Die Neigung zu solchen Anfällen verliert sich nach kürzerer oder längerer Zeit, zuweilen erst nach Jahren, von selbst. Man benutzt das N. zuweilen als Heilmittel, z. B. bei Kopfschmerz, Eingenommenheit des Gehirns, oder um die Schleimhaut der Nase oder andrer naheliegender Organe in erhöhte Thätigkeit zu versetzen, oder um eine heftige Erschütterung der Atmungsorgane, z. B. bei Scheintod, zu erzielen. Um es hervorbringen, wendet man entweder unmittelbar mechanische Reizung der Nasenschleimhaut (z. B. mittels Federposen) oder die sogen. Niesemittel (Sternutatoria, Errhina) an, die gewöhnlich in Pulvergestalt, in einzelnen Fällen aber auch in flüssiger und Dampfgestalt gebraucht werden. Zu den gebräuchlichen gehören Tabak, Haselwurzel, Veilchenwurzel, Maiblumen, weiße und schwarze Nieswurz. Das Gesundheitwünschen beim N. soll bei Gelegenheit einer Pest aufgekommen sein, weil man in demselben ein Zeichen der beginnenden Genesung erkannt habe. Indes findet sich die Sitte bereits in den ältesten Zeiten (z. B. in der Odyssee) und in vielfach wechselnder Gestalt fast auf der gesamten Erde, jedenfalls hervorgerufen durch die Überraschung und Unwiderstehlichkeit des Reflexaktes, der den einen als ein Omen, eine Bestätigung ausgesprochener Ansichten ("etwas beniesen") oder eine Geistereinwirkung galt, der man durch einen zugefügten Wunsch eine günstige Wendung geben müsse, den andern als ein Akt, den man in Bezug auf das wohlthätige Gefühl des Niesens als ein Zeichen der Gesundheit ansehen und aus Höflichkeit nicht unbeachtet lassen dürfe. Tylor ("Anfänge der Kultur", Leipz. 1873) hat die Verbreitung der Wünsche, Zeremonien und abergläubischen Vorstellungen, die sich an das N. knüpfen, über alle Erdteile nachgewiesen.

Niesen, Bergkette, s. Wildstrubel.

Niesky, Herrnhuterkolonie im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz, Kreis Rothenburg, an der Linie Kohlfurt-Falkenberg der Preußischen Staatsbahn, 152 m ü. M., hat ein Pädagogium, eine Missionsschule, ein Amtsgericht, Fabrikation von Eisen- und Kupferwaren und (1885) 1303 evang. Einwohner.

Nießbrauch (Nutznießung, lat. Ususfructus), das dingliche Recht nicht allein auf die unmittelbare Benutzung einer fremden Sache, sondern auch auf den Bezug aller Erzeugnisse und Nutzungen derselben. Das Recht selbst ist als persönliche Dienstbarkeit zwar unzertrennlich von der Person des Nutznießers (Usufruktuar), doch kann er die Ausübung desselben andern überlassen. Der Usufruktuar trägt die Lasten der Sache und hat dieselbe in gehörigem Stand zu erhalten, kann sich aber von dieser Verbindlichkeit durch Aufgabe des Nießbrauchs befreien. An und für sich liegt das Recht der Nutznießung einer Sache in dem Eigentumsrecht. Bei dem N. ist dasselbe zeitweise von dem Eigentum losgelöst, und so charakterisiert sich der N. als ein Recht an einer fremden Sache, welches durch Vertrag, letztwillige Verfügung, Richterspruch, aber auch durch gesetzliche Bestimmung begründet sein kann. So kommt dem Ehemann an der Mitgift der Ehefrau, dem Hausvater an demjenigen, was das Hauskind durch die Freigebigkeit Dritter erhielt, der N. zu. Im Güterrecht der Ehegatten (s. d.) ist das System des ehemännlichen Nießbrauchs (Ususfructus maritalis) ein weitverbreitetes. Nach Beendigung des Nießbrauchs ist die be-^[folgende Seite]