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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Paderborn

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Paderborn.

Wappen des Hochstifts war ein goldenes Kreuz im roten Feld. Als Reichsfürst hatte der Bischof auf dem Reichstag seinen Sitz zwischen den Bischöfen von Hildesheim und Freising, und als Bischof stand er unter dem Erzbischof von Mainz; unter den westfälischen Kreisständen hatte er den ersten Platz. Das Domkapitel bestand aus 24 Prälaten, Kapitular- und Domherren. Die Einkünfte wurden auf 400,000 Thlr. geschätzt. Das Bistum P. ward 795 von Karl d. Gr. gegründet. Bischof Badurad (815-852) erbaute eine große Domkirche, von der heute noch die Geroldskapelle an der Nordseite des Doms übrig ist. Er war es, der 834 als Gesandter Ludwigs des Frommen Lothar zur Unterwerfung unter seinen Vater überredete und zur Belohnung den Leichnam des heil. Liborius für sein Stift erhielt. Als bei dem Brande des Doms (1000) viele Urkunden vernichtet wurden, ließ sich Bischof Rothar 1001 die Rechte und Besitzungen Paderborns von Otto III. bestätigen, darunter die freie Bischofswahl und die Immunität. Meinwerk (gest. 1036), Hofkaplan Ottos III. und Heinrichs II., baute den neuen, zum Teil noch jetzt stehenden Dom und einen bischöflichen Palast und erwarb dem Bistum nicht weniger als 15 Gaue, d. h. die Grafschaften P., Rinteln, Bückeburg, Detmold, Lemgo, Almerfeld und einen Teil von Waldeck. Er stiftete das Kloster Abdinghof. Den Sitz des Bistums verlegte er nach dem Flecken Neuhaus in der Nähe der Stadt, woselbst er ein Schloß erbaute. Den größten Teil der Erwerbungen erhielten die Grafen von Westfalen und von der Lippe zu Lehen, nur das Gebiet zwischen der Senne und Diemel blieb im unmittelbaren Besitz Paderborns. Die Vogtei über P. stand bis 1190 den Grafen von Schwalenberg zu, dann erlosch sie. Unter Simon I. (1247-77) und Otto (1277-1307) kam es wegen eines Streits über die Gerichtsbarkeit zu Unruhen in der Stadt P.; doch gelang es Otto, die Städter zu unterwerfen; leider war inzwischen Burg Neuhaus niedergebrannt worden. Schon Simon I. hatte die Residenz nach Salzkotten verlegt. Simon II., Graf von Sternberg, geriet mit dem Adel des Hochstifts in Streit und blieb vor Brobeck bei Brilon 1389. Unter Erich, Herzog von Braunschweig und Bischof von Osnabrück und Münster (gest. 1532), fand die lutherische Lehre in P. Eingang. Hermann II., Graf von Wied und Erzbischof von Köln, suchte als Administrator des Hochstifts P. sie wieder zu unterdrücken, erklärte sich aber dann für dieselbe, was seine Abdankung (1547) herbeiführte. Der darauf zum Bischof gewählte Rembert von Kerssenbrock (gest. 1568) wirkte eifrig für die Aufrechterhaltung der katholischen Kirche. Unter Ferdinand I., Herzog von Bayern (gest. 1650) u. Erzbischof von Köln, wütete der Dreißigjährige Krieg auch im Bistum P. Gleich in den ersten Jahren dieses Kriegs zog Herzog Christian von Braunschweig verheerend durch das Paderbornische und nahm die Stadt P. 1622 ein, wurde aber noch in demselben Jahr von Tilly vertrieben. 1631 eroberten die Hessen P. und blieben bis 1634 Herren des Landes, wo die Kaiserlichen unter Gallas sie vertrieben. Erst unter Ferdinand II. von Fürstenberg (gest. 1683) gelangte das Land wieder zu blühendem Wohlstand, dem jedoch der Siebenjährige Krieg durch die Invasion der Franzosen Eintrag that. Der letzte Fürstbischof von P. (seit 1789) war Franz Egon, Freiherr von Fürstenberg. Unter ihm wurde 1802 das Hochstift säkularisiert und das Land 1803 als Erbfürstentum an Preußen gegeben. Durch den Tilsiter Frieden von 1807 wurde P. Bestandteil des Königreichs Westfalen und zum Departement der Fulda gezogen. 1814 fiel es an Preußen zurück und ward dem Regierungsbezirk Minden einverleibt. Am 16. Juli 1821 ward P. als Suffraganbistum von Köln wiederhergestellt und durch die Bulle "De salute animarum" neu geordnet, doch sollte dieselbe erst nach dem Tod Franz Egons in Kraft treten. Letzterer starb 11. Aug. 1825. Bischof Konrad Martin (s. Martin 5, S. 296) wurde 5. Jan. 1875 vom Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten abgesetzt. Erst 1881 wurde in Übereinstimmung mit der preußischen Regierung ein Bistumsverweser erwählt und 1882 Drobe zum Bischof von P. ernannt. Der Sprengel umfaßt die preußische Provinz Sachsen, die Regierungsbezirke Minden und Arnsberg und das Herzogtum Anhalt. Das Domkapitel besteht aus neun Mitgliedern. Vgl. Bessen, Geschichte des Bistums P. (Paderb. 1820, 2 Bde.); Giefers, Die Anfänge des Bistums P. (das. 1860); "Urkunden des Bistums P.", herausgegeben von Wilmans (Münst. 1874-80, 2 Bde.); Holscher, Die ältere Diözese P. (das. 1887).

Paderborn, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Minden, am Ursprung der Pader, die in mehreren starken Quellen unter dem Dom entspringt, die Stadt in fünf Armen durchfließt und bei Neuhaus in die Lippe mündet, und an der Linie Soest-Nordhausen der Preußischen Staatsbahn, 119 m ü. M., hat sich nach dem Brand von 1875, durch welchen 220 Gebäude eingeäschert wurden, bedeutend verschönert. Unter den gottesdienstlichen Gebäuden der Stadt (4 katholische und eine evang. Kirche sowie eine Synagoge), nimmt der Dom eine hervorragende Stellung ein. Derselbe ist eins der vorzüglichsten romanischen Bauwerke (1163 vollendet), mit dem Leichnam des heil. Liborius in einem silbernen und vergoldeten Sarg, früher mit den goldenen Statuetten der zwölf Apostel, welche Herzog Christian von Braunschweig 1622 entführte (vgl. Giefers, Der Dom zu P., Münst. 1860); sonst verdienen noch Erwähnung: die romanische Bartholomäuskapelle (1017), die Jesuitenkirche und das Rathaus, letzteres 1615 erbaut und 1870-76 im ursprünglichen Stil renoviert. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (2 Eskadrons Husaren Nr. 8) 16,624, meist Katholiken. P. hat eine Eisenbahnhauptwerkstätte, mehrere Buchdruckereien, Glas-, Seifen- und Tabaksfabrikation, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, eine Dampfmahlmühle etc. Der Handel, vorzugsweise Frucht-, Vieh- und Wollhandel, wird durch eine Reichsbanknebenstelle unterstützt. P. ist Sitz eines Landgerichts, eines katholischen Bischofs, eines Domkapitels, eines Generalvikariats, einer Oberförsterei und hat ein Gymnasium, eine theologisch-philosophische Lehranstalt mit theologischen Konvikt, ein Priesterseminar, ein Lehrerinnenseminar, ein Kloster der Barmherzige Schwestern, eine Hebammenlehr- und Entbindungsanstalt, ein katholisches und ein jüdisches Waisenhaus, eine Blindenanstalt etc. Zu P. gehört das zehn Minuten davon entfernte Inselbad mit der erdig-muriatischen Stickstoffquelle Ottilienquelle (18-19° C.) und der erdig-salinischen Stahlquelle Marienquelle, die zu Inhalations-, Trink- und Badekuren gegen Asthma, Rippenfellentzündun-^[folgende Seite]

^[Abb.: Wappen von Paderborn.]