Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Panzerrock; Panzerschiff

661

Panzerrock - Panzerschiff.

Panzerrock, s. v. w. Panzerhemd.

Panzerschiff (hierzu Tafel "Panzerschiffe"), ein Kriegsschiff, dessen Wände durch eigentümliche Bekleidung gegen das Eindringen feindlicher Geschosse geschützt sind. Der von den Normannen im 12. Jahrh. in der Wasserlinie ihrer Schiffe angebrachte Eisenbeschlag, der vorn in einen Sporn auslief, ist, soviel bekannt, der erste Panzerversuch. Zum Schutz der auf Deck stehenden Kämpfer stellte man deren Schilde an der Bordwand auf, woraus später das Schanzkleid und die Regeling entstanden. Peter von Aragonien ließ 1354 Schiffe mit Leder überziehen, und die Karrake Santa Anna im Geschwader Andrea Dorias bei der Expedition Karls V. 1530 gegen Tunis war mit Blei gepanzert. Sie war ein großes Schiff mit 300 Mann Besatzung und soll viel zum Erfolg beigetragen haben. In der Folgezeit sind noch vielfach matratzenartige Polsterungen, Bekleidungen mit Tauwerk, Ketten etc. angewendet worden, selbst die schwimmenden Batterien des Chevalier d'Arçon mit einer 1,80 m dicken Panzerung aus Holzplanken, Eisenbarren, Kork und Leder, aus denen derselbe 13. Sept. 1782 Gibraltar beschoß, waren nicht bahnbrechend, ebensowenig erreichte Fulton mit seinen Verschlägen. Als dann Paixhans' Bombenkanonen (s. d.) sich bewährten, wurde in Frankreich darauf hingewiesen, daß gegen die Sprenggeschosse dieser Geschütze Holzschiffe nicht mehr standhalten könnten, und dies war Veranlassung zu jahrzehntelangen Schießversuchen gegen Eisenplatten wie zu zahlreichen Entwürfen von Panzerschiffen. Gestützt auf dieselben, beauftragte Napoleon III. nach Ausbruch des Krimkriegs 1854 den Ingenieur Guieysse mit dem Entwurf schwimmender Panzerbatterien, nach welchem auch fünf Stück mit einem Panzer von 110 mm Dicke auf 20 cm starken Eichenplanken erbaut wurden. Sie erzielten bei der Beschießung von Kinburn 17. Okt. 1854 einen glänzenden Erfolg. Der Nutzen des Eisenpanzers war hierdurch praktisch erwiesen, nicht aber seine Anwendbarkeit bei seegängigen Schiffen, denn die schwimmenden Batterien waren nur im Küstenkrieg verwendbar. Frankreich hat das Verdienst, die Verwirklichung dieser Idee nach Möglichkeit unterstützt zu haben, während sich England abweisend gegen dieselbe verhielt. Ende 1857 legte Dupuy de Lôme die Pläne der Panzerfregatte Gloire vor, deren Bau im März 1858 in Toulon begonnen wurde. Am 24. Nov. 1859 lief sie von Stapel. Hiermit beginnt die Epoche der Panzerschiffe wie des Panzerwesens überhaupt. Man hatte richtig erkannt, daß ein P. nur ein Schraubendampfer sein könne. Der Panzer sollte den über Wasser liegenden sowie den Teil des Schiffs schützen, der bei Seegang feindlichen Geschossen ausgesetzt ist, daher läßt man den Panzer 1-2 m unter die Wasserlinie reichen. In dieser Weise war die Gloire mit einem 120 mm dicken Panzer bekleidet, der sich nach den Schiffsenden zu auf 78 mm verjüngte; er gewährte Schutz gegen die 68pfündigen Geschosse, war also damals ausreichend stark. Die Geschütze standen hinter den Breitseiten des Schiffs. Im Mai 1859 wurde der Warrior, das älteste P. der englischen Marine, auf Stapel gelegt. Der 114 mm dicke Panzer ging nicht um das ganze Schiff herum, sondern bekleidete nur mittschiffs die Batterie, erst einige Jahre später ging man zu ganz gepanzerten Schiffen über; aber die Panzerstärke von 114 mm wurde noch bei den 1865 auf Stapel gelegten Schiffen beibehalten, da die Artillerie eine wesentlich größere Durchschlagskraft der Geschosse noch nicht erreicht hatte. Um diese Zeit begann indes auch der Kampf gegen den Panzer. Auf Anregung des Admirals Labrousse wurden schon die der Gloire ähnlichen, 1859 auf Stapel gelegten Panzerfregatten Magenta und Solferino mit einem Sporn am Bug versehen (Panzerwidderschiffe, Rammschiffe). Ursprünglich dem antiken Sporn (Rostrum) nachgebildet, gab man ihm bald eine Länge von mehreren Metern in Stachelform, ging aber dann zu dem bogenförmigen oder in eine stumpfe Spitze auslaufenden Rammbug über (s. beifolgende Tafel), wie es noch heute gebräuchlich ist. Im J. 1860 wurde vom englischen Kapitän Coles vorgeschlagen, Panzerschiffe mit kuppelförmigen Panzerdrehtürmen zu versehen, die aus dem Oberdeck hervorragen, und in denen je zwei Geschütze größten Kalibers stehen. Als im nächsten Jahr die Nordstaaten Amerikas den schleunigsten Bau von Panzerschiffen forderten, wurde von Ericsson nach derselben Idee das erste Turmschiff, der Form der Drehtürme nach häufig Kuppelschiff genannt, erbaut. Seitenwände und Deck des Schiffs waren gepanzert, letzteres lag, um der feindlichen Artillerie ein möglichst kleines Ziel zu bieten, nur 60-80 cm über Wasser, und damit die Turmgeschütze den ganzen Horizont beherrschen konnten, erhielt das Schiff keine Masten. Nach dem Namen des Ericssonschen Schiffs wurden Schiffe dieses Typus fortan Monitoren genannt. Alle Marinen bauten jetzt Monitoren mit 1-3, auch mehr Türmen. Die geringen Seeeigenschaften machten diese Schiffe zur Verwendung auf hoher See ungeeignet, alle Öffnungen an Deck mußten in See wasserdicht geschlossen werden. Wollte man die unleugbaren Vorteile des Turmschiffs sich erhalten, so mußten Oberdeck und Türme viel höher über Wasser liegen und ein für weite Hochseefahrten hinreichender Kohlenvorrat Platz finden; die inzwischen erheblich gesteigerte Durchschlagskraft der Artilleriegeschosse verlangte zudem einen viel stärkern Panzer; auch auf die inzwischen zu einer Waffe im Seekrieg gewordenen Seeminen und Torpedos mußte Rücksicht genommen werden. Die Erfüllung aller dieser Bedingungen führte zu ganz neuen Schiffstypen. Die ungeahnte Entwickelung der Artillerie forderte nicht nur immer stärkere Panzer, sondern auch immer schwerere Geschütze an Bord, damit mußte notwendig die Zahl der letztern wie die Ausdehnung des erstern beschränkt werden. Auch die alte Kampfweise, nach welcher sich die Schiffe mit einander zugekehrten Breitseiten beschossen, mußte man des großen, leicht zu treffenden Ziels wegen aufgeben; vorteilhafter war es, dem Feinde den Bug zuzukehren, dies machte aber wieder gepanzerte Querwände (Querschotte), die von einer Bordwand zur andern quer durch das Schiff gehen, notwendig, um namentlich die Maschinen gegen Schüsse in der Längsrichtung des Schiffs zu sichern. Aus diesen Erwägungen entstanden in Frankreich die Schiffe der Océan-Klasse. Der Océan (Fig. 1 der Tafel) hat einen Gürtelpanzer von 20 cm und mittschiffs, über den Maschinen, eine Kasematte (daher Kasemattschiff) von 16 cm Panzerstärke; in den vier Ecken der Panzerkasematte stehen über die Bordwände hinausragende feste Panzertürme, in denen je eine 24 cm Kanone auf Drehscheibe über Bank feuert, in der Kasematte stehen vier 27 cm, auf dem Oberdeck sechs 12 cm Kanonen. Das Schiff hat Vollschifftakelage und nur 650 Ton. Kohlen. In England wurde die Aufgabe durch den Schiffstyp Devastation und Thunderer in andrer Weise gelöst. Ersteres P. trägt (Fig. 2 der Tafel) in der Mittellinie des Schiffs zwei Panzerdrehtürme, die Geschützpforten des