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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußen

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Preußen (Bevölkerungsbewegung).

sammenhängenden Fläche der Regierungsbezirke Arnsberg und Düsseldorf im Ruhrkohlengebiet bis hinüber an die niederländische Grenze wohnten 1885 auf 4017,9 qkm nicht weniger als 2,064,908 Menschen oder fast 514 auf 1 qkm. In dem montanindustriellen Teil des Regierungsbezirks Oppeln tritt als hervorragend nur das kleine Gebiet der 3 Kreise Beuthen, Kattowitz und Zabrze hervor, wo 683 Einw. auf 1 qkm entfallen (1880 erst 528). Die 3 hausindustriellen Kreise des Regierungsbezirks Breslau: Waldenburg, Reichenbach und Schweidnitz, haben trotz der kargen natürlichen Ausstattung (315, bez. 190 und 168) zusammen über 200 Bewohner auf 1 qkm. Dagegen sind in den oben genannten dünn bevölkerten Landstrichen nur 35 bis herab zu 17 Einw. auf 1 qkm anzutreffen. Besonders zu nennen sind die lüneburgischen Kreise Soltau, Celle (Land) und Isenhagen mit 17-19, ferner Zeven und Rotenburg im Bezirk Stade mit 21 und 24, Hümmling und Meppen im Bezirk Aurich mit 19 und 25, die schleswigschen Kreise Hadersleben, Segeberg und Tondern mit 31-35 sowie das westpreußische und pommersche Gebiet der Tucheler Heide und der pommerschen Seenplatte: Kreise Rummelsburg, Bublitz, Schlochau, Tuchel, Flatow, Deutsch-Krone, Dramburg etc., mit 30-32 Einw. auf 1 qkm. Vgl. obige Tabelle für die Provinzen (S. 342) und die "Karte Bevölkerungsdichtigkeit" beim Artikel "Deutschland".

Geschlecht. Obgleich in P. etwa 6 Proz. mehr Knaben als Mädchen geboren werden, überwiegt in der Bevölkerung dennoch das weibliche Geschlecht. 1885 wurden durchschnittlich 103,8 Frauen gegen 100 Männer ermittelt; in den Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz erhebt sich das Verhältnis sogar auf 111,6 und 111,2. Über 108 gehen noch die Ziffern für Königsberg und Gumbinnen, für Berlin, Posen, Oppeln, Sigmaringen, während mehrere Bezirke (z. B. Arnsberg mit 93,8 weiblichen auf 100 männliche Personen, Münster, Lüneburg, Stade, Trier, Düsseldorf, Potsdam und Schleswig) einen sich bis über 2 Proz. erhebenden Überschuß des männlichen Geschlechts nachweisen. In Berlin war bis 1875 das männliche Geschlecht im Übergewicht, die Zählung von 1880 ergab jedoch einen Überschuß von 36,672, die von 1885 einen von 51,531 weiblichen Personen.

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Familienstand. Von der Gesamtbevölkerung unterschied man 1885 in Prozenten:

Männer Frauen insgesamt

Ledige 62,4 57,9 60,1

Verheiratete 34,4 33,3 33,8

Verwitwete 3,1 8,6 5,9

Geschiedene 0,1 0,2 0,15

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Im produktiven Alter vom vollendeten 15. bis 70. Lebensjahr standen 61,7 Proz., im Greisenalter (über 70 Jahre) 2,5 und im Kindesalter (unter 15 Jahren) 35,8 Proz. der Bevölkerung.

Bewegung der Bevölkerung. Im J. 1886 wurden in P. 231,588 Ehen (8,1 auf 1000 Personen) geschlossen; die Zahl der Eheschließungen war von 1872 (mit 10,4 auf 1000 Personen) bis 1881 (7,5 pro Mille) in stetem Rückgang begriffen, hat sich aber seitdem merklich gehoben. Die Zahl der Gebornen betrug 1886: 1,117,881 (576,248 Knaben und 541,633 Mädchen), davon waren 91,890 (8,2 Proz.) unehelich, 43,583 (3,9 Proz.) totgeboren und 28,618 (2,6 Proz.) Mehrlingskinder. Unter den unehelichen Kindern waren 4773 oder 5,2 Proz. totgeboren. Auf 100 Mädchen entfallen 106,4 Knaben. Die allgemeine Geburtsziffer, d. h. das Verhältnis der Gebornen zur Einwohnerzahl, betrug 1886: 39,4 (am höchsten in Westpreußen, Posen und Ostpreußen, am niedrigsten in Hessen-Nassau, Schleswig-Holstein, Hannover und Hohenzollern). Es starben (einschließlich der Totgebornen) 786,316 Personen (24,7 pro. Mille).

Wohnplätze, Haushaltungen. Die Zahl der Städte beträgt 1280, die der Landgemeinden 37,319 und der Gutsbezirke 16,383, zusammen also 55,982 Gemeindeeinheiten. Mehr als doppelt so hoch stellt sich die Zahl der Wohnplätze, welche 1871: 114,657 war und jetzt 127,000 beträgt. Über 20,000 Einw. zählten 1885 im ganzen 81 Städte und 3 Landgemeinden, 12 Städte hatten mehr als 100,000, 14 von 50-100,000 Einw., ferner gab es 113 Städte und 20 Landgemeinden von 10-20,000 Einw. Die Anzahl der übrigen Gemeinden verteilt sich auf folgende Klassen:

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Es hatten Anzahl der Städte Landgemeinden Gutsbezirke

5-10000 Einwohner 203 91 4

2-5000 Einwohner 528 585 8

1-2000 Einwohner 288 2034 38

500-1000 Einwohner 63 6161 247

100-500 Einwohner 4 22478 7194

unter 100 Einwohner - 5947 8912

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Bewohnte Wohnstätten wurden 1885: 3,195,439 ermittelt. In den großen Städten kommen bis zu 50 Bewohner durchschnittlich aus 1 Wohnhaus, während die durchschnittliche Belegungsziffer auf dem platten Land meistens unter 7, zum großen Teil auch noch unter 6 herabgeht. 371,781 Personen lebten in ebensoviel Einzelhaushaltungen, 27,401,872 in 5,584,442 Familieneinheiten und 544,817 in 20,023 Anstalten. Auf eine Familienhaushaltung entfallen durchschnittlich 4,91 Personen gegen 4,92 im J. 1871.

Nationalität (Staatsangehörigkeit). Die Nationalität der Bewohner wurde bei den letzten Volkszählungen nicht ermittelt und läßt sich exakt überhaupt nicht erheben. Die in ethnographischer Beziehung nichtdeutsche Bevölkerung in P. kann man auf etwas mehr als 3,500,000 annehmen, davon leben über das ganze Königreich zerstreut etwa 400,000 Juden, über 2½ Mill. Polen (Großpolen, Masuren, Kassuben, Lechen oder Wasserpolen) in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen, Schlesien und auch Pommern. In der Gegend von Memel leben noch einige hundert Kuren, deren Sprache an die Ureinwohner der Provinz Ostpreußen, die alten Preußen, erinnert. Nördlich sowie auch südlich der Memel haben sich noch annähernd 150,000 Litauer erhalten. Nichtdeutsch sind auch die eine Sprachinsel bildenden Wenden in den Regierungsbezirken Frankfurt und Liegnitz (ca. 80-90,000). In den Kreisen Ratibor und Leobschütz des Regierungsbezirks Oppeln wohnen etwa 40,000 Tschechen, die dem mährischen Zweig dieses Stammes angehören und katholisch sind, während die Nachkommen der unter Friedrich d. Gr. in den Kreisen Wartenberg, Strehlen, Oppeln und Tost-Gleiwitz angesiedelten (jetzt etwa 6000) Tschechen evangelisch sind. Im ganzen mag sich die Zahl der Tschechen auf 55,000 belaufen. Die Zahl der Dänen im nördlichen Schleswig ist im Rückgang begriffen und mag gegenwärtig noch 140,000 betragen. Außerdem ist im Regierungsbezirk Aachen der Kreis Malmedy zu erwähnen, dessen Bevölkerung vorzugsweise zu den Wallonen gerechnet wird, und wo noch jetzt einige tausend die französische Sprache reden. Neben dieser nichtdeutschen Bevölkerung wurden in P. 214,390 Personen als im Reichsausland geboren ermittelt. Der Staatsangehörigkeit