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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußen

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Preußen (Gartenbau, Obstbau).

selben beläuft sich auf 14 Mill. Mk. Nicht darin begriffen sind die dem Staat gehörigen Mühlen, Fischereien, Mineralbrunnen, Badeanstalten etc. mit einem jährlichen Ertrag von 5 Mill. Mk. Große Deichverbände bestehen in den Weichselwerdern, im Oder- und Warthebruch und in den Marschen an der Nordseeküste; auch gibt es viele Ent- und Bewässerungsgenossenschaften, so in der Tilsiter Niederung, für das Obrabruch, den Drömling, an der Schwarzen Elster etc.; außerdem bilden zahlreiche und blühende Moor- und Fehnkolonien (Ostfriesland) den Anfang zur Urbarmachung der gewaltigen Moore; seit 1876 besteht als beratendes Organ des Landwirtschaftsministers die Zentral-Moorkommission zu Berlin mit der Moorversuchsstation zu Bremen.

Von der im J. 1883 als Acker- und Gartenland nachgewiesenen Fläche von 17,527,740 Hektar waren bestellt mit Getreide und Hülsenfrüchten 60,3 Proz., mit Hackfrüchten und Gemüse 15,1, mit Handelsgewächsen 1,1, mit Futterpflanzen 8,3 Proz.; als Ackerweide wurden benutzt 7,2, als Brache 6,8 und als Haus- und Obstgärten 1,2 Proz. Von Getreide und Hülsenfrüchten beansprucht der Anbau des Winterroggens und Hafers das größte Areal; mit ersterm waren 1883: 4,308,323 Hektar oder 24,6 Proz., mit letzterm 2,457,035 Hektar oder 14,0 Proz. der Gesamtackerfläche bestellt, dem Weizen waren 6,3, der Gerste 5,4 Proz. gewidmet; von den Hackfrüchten nehmen die Kartoffeln, von den Handelsgewächsen der Raps und von den Futterpflanzen der Klee die größten Anbauflächen, nämlich 11,3, bez. 0,5 und 6,1 Proz., in Anspruch. Der Ernteertrag belief sich 1887 (günstiges Jahr) für Weizen auf 1576 Mill., für Roggen auf 4422 Mill., für Gerste auf 1108 Mill., für Hafer auf 2888 Mill. und für Kartoffeln auf 16,165 Mill kg. Der Weizen ist durchschnittlich am ergiebigsten in Schleswig-Holstein und Sachsen. Der Roggen gibt durchschnittlich in Schleswig-Holstein die höchsten Erträge. Während von letzterm alljährlich noch größere Mengen eingeführt werden müssen, genügen Weizen sowie Gerste und Hafer im allgemeinen dem Bedarf; von den Kartoffeln werden jährlich noch große Mengen zur Spiritusbrennerei verwendet, außerdem bilden sie, besonders nach günstigen Ernten, ein wichtiges Ausfuhrprodukt. Spelz erzeugt in beträchtlicherer Menge nur die Rheinprovinz, Buchweizen Westfalen und Hannover; Mais wird in einigen Gegenden als Grünfutter angebaut, Hirse nicht bedeutend in Posen, Schlesien, Westfalen etc. Von Hülsenfrüchten werden, und zwar nur für den innern Bedarf, Erbsen in Brandenburg etc., graue Erbsen in Ostpreußen, Linsen (wenig), Bohnen überall in den Gärten, Saubohnen in Westfalen und Sachsen, Wicken überall als Grünfutter, Lupinen seit 1830 in der Altmark und gegenwärtig in allen Sandgegenden der östlichen Provinzen angebaut. Futterkräuter liefern vornehmlich die reichlich bewässerten Thäler. Raps und Rübsen werden besonders auf den größern Gütern in Brandenburg, Sachsen und Schlesien gebaut, wiewohl nicht mehr in der Ausdehnung wie vor der allgemeinen Einführung des Petroleums. Mohn ist nur im Regierungsbezirk Erfurt und bei Magdeburg ein Gegenstand bedeutender Kultur. Von Farbepflanzen werden Krapp, Safflor und Scharte nur noch in geringer Ausdehnung kultiviert; der Waidbau bei Erfurt hat fast ganz aufgehört. Von Gewürzpflanzen werden Senf im Regierungsbezirk Erfurt, im Oderbruch etc., Anis und Fenchel im Regierungsbezirk Erfurt förmlich angebaut. Von Fabrikpflanzen sind der Flachs und die Zuckerrübe die wichtigsten. Flachs findet man in allen Provinzen, in größter Quantität und bester Qualität aber in den Kreisen des Ermelandes in Ostpreußen, in der Küstenebene Hinterpommerns, in Schlesien, besonders im Bereich der Gebirge, bei Ülzen in Hannover, bei Bielefeld, Warendorf, Paderborn, Minden etc. in Westfalen, an der Roer und Niers in der Rheinprovinz. Der schönste Flachs ist der von Bielefeld. Der innere Bedarf wird jedoch längst nicht gedeckt; es findet Einfuhr aus Österreich, namentlich aber aus Rußland statt. Hanf wird ebenfalls in keineswegs genügender Menge in Schlesien und in der Gegend von Bielefeld und Paderborn gezogen. Die Zichorie findet sich hier und da, besonders im Magdeburgischen, kultiviert, die Kardendistel in Schlesien. Der Anbau der Zuckerrübe, die einen sehr guten Boden verlangt, hat sich seit 1836 in großartiger Weise entwickelt. Das Hauptgebiet derselben befindet sich in der Provinz Sachsen und zwar in der Gegend zwischen Magdeburg, Halberstadt und Halle; ferner wird sie in größerer Menge in Schlesien zwischen Breslau und Schweidnitz, in Brandenburg im Oderbruch, in Hannover, bei Hildesheim, in der Ebene der Rheinprovinz und in Pommern an der Oder und bis zur Rega gebaut. Die ganze dem Zuckerrübenbau im Staat gewidmete Fläche ist etwa 270,000 Hektar groß, und die Menge der versteuerten Rüben belief sich 1886/87 auf 65¾ Mill. Doppelztr. Runkelrübensamen liefert Aschersleben in Sachsen. Der Tabaksbau nimmt ab; 1843 nahm derselbe noch über 10,000, 1886/87 nur noch 5462 Hektar in Anspruch. Am meisten wird Tabak in der Provinz Brandenburg bei Schwedt und Vierraden und in den benachbarten Teilen Pommerns gebaut. Für den Hopfenbau im Staat ist die Provinz Posen der Mittelpunkt, wo, seit 1837 in größerer Ausdehnung von Neutomischel ausgehend, sich derselbe von dieser Stadt nach allen Seiten, im S. und W. bis über das Obrabruch und die Obra hinaus, verbreitet hat und über 2000 Hektar beansprucht. In den andern Provinzen ist der Hopfenbau örtlich mehr beschränkt; er kommt vor in Pommern bei Pölitz, in Brandenburg bei Buckow, in Sachsen in der Altmark, an einigen Punkten der Rheinprovinz etc. Der Gewinn an Hopfen betrug 1886 über 2 Mill. kg.

Garten- und Weinbau.

Der Gartenbau wird überall als Nebenbeschäftigung betrieben; jedoch zeichnen sich einige Gegenden besonders darin aus, vorzüglich die Stadt Erfurt (s. d.). Quedlinburg am Nordfuß des Harzes eifert ihr nach, und auch die Umgegend von Altona ist in dieser Hinsicht bemerkenswert. Feine Gemüse werden in großer Auswahl bei sämtlichen größern Städten gebaut; die Zucht des Spargels erfreut sich eines mächtigen Aufschwunges; Kohl wird hervorragend im Magdeburgischen (Magdeburger Sauerkraut), die Gurke sowie Meerrettich im Spreewald bei Lübbenau gebaut. Die Blumenzucht blüht in den Gärten der größern Städte, so zu Berlin und Potsdam. Neben dem Gartenbau hat sich die Gartenkunst selbständig bei den königlichen und fürstlichen Schlössern entwickelt, zu Sanssouci bei Potsdam und auf den großen Gütern in Schlesien, wo in großartigen Treib- und Gewächshäusern die Ananas kultiviert wird und (in Pleß) alte Feigenbäume vorkommen. Das Gartenland nahm 1883 im Staat 209,244 Hektar ein. Der Obstbau findet sich allenthalben mit Ausnahme der zu hoch gelegenen Gebirgsgegenden, der unfruchtbaren Heidestrecken und der kalten und heftigen Winden ausgesetzten Strandgegenden. Am meisten werden gezogen: Pflaumen oder Zwetschen (Sachsen), Kirschen (am Harz, im Alten Land in Hannover etc.),