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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Preußen

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Preußen (Viehzucht, Fischerei, Waldkultur).

Äpfel und Birnen; Pfirsiche kommen in größerer Menge nur in den Rheinlanden vor, Aprikosen und Walnüsse mehr vereinzelt, noch seltener sind die echte Kastanie und die Maulbeere. Ausgezeichnet durch Obstkultur sind die Rhein-, Mosel- und Lahngegenden, auch einige Landstriche in Sachsen, Brandenburg (Werder) etc. Zahlreiche Baumschulen und die pomologischen Institute zu Geisenheim am Rhein und Proskau in Oberschlesien fördern den Obstbau. Der Weinbau ist nur in den Rheingegenden von Belang. Hier liefern der Rheingau und der südliche Fuß des Taunus in Hessen-Nassau die schönsten Weine Deutschlands (Rüdesheim, Johannisberg, Geisenheim, Eltville, Erbach, Rauenthal, Hattenheim, Schierstein und Hochheim Weißweine; Aßmannshausen Rotwein). In der Rheinprovinz gibt es gute Weine am Rhein, an der Nahe, Mosel, Saar und Ahr. Die Polargrenze des Weinbaues trifft am Rhein Bonn, an der Werra Witzenhausen, an der Saale Merseburg, an der Havel Werder und in der Odergegend Züllichau in Brandenburg und Bomst in Posen. Im ganzen nimmt der Weinbau im Staat eine Fläche von ca. 20,000 Hektar ein, und der jährliche Gewinn an Wein beläuft sich im Durchschnitt auf 250,000 hl. Die Rheinprovinz treibt Weinbau auf 13,000, Hessen-Nassau auf 3800, Schlesien (bei Grünberg) auf 1500, Sachsen (an der Unstrutmündung) auf 1020, Brandenburg auf 620 und Posen auf 160 Hektar.

Viehzucht, Fischerei.

Die Viehzucht in P. ist eng an die Wiesenkultur geknüpft. Umfangreiche und gute Wiesen gibt es an der Memel und dem Pregel in Ostpreußen, in den Weichselwerdern in der Nähe des Frischen Haffs in Westpreußen, an der Oder von Schlesien abwärts bis Stettin, an der Elbe und Saale in Sachsen; von geringerm Umfang sind die Wiesen in den westlichen Provinzen, aber die Güte derselben übertrifft die der östlichen Provinzen im allgemeinen. Für den Wiesenbau ist der Kreis Siegen in Westfalen bahnbrechend geworden. Die großen Weideländereien in den östlichen Provinzen, in Westfalen, auf der Eifel und dem Hohen Venn in der Rheinprovinz, in den sandigen Landstrichen in Hannover haben oft nur einen geringen Wert und sind früher mehrfach als Unland bezeichnet worden. Fettweiden von größerm Umfang gibt es in der Nordspitze der Rheinprovinz und in den Marschen an der Nordsee. Der Viehstand hat sich neuerdings nicht unerheblich vermehrt. Man zählte 10. Jan. 1883: 2,417,367 Pferde (darunter 103,943 im J. 1882 geborne Fohlen), 592 Maultiere und Maulesel, 6446 Esel, 8,737,641 Stück Rindvieh (darunter 283,116 Kälber unter 6 Wochen alt), 14,752,328 Schafe, 5,819,136 Schweine und 1,679,686 Ziegen. Von hervorragender Bedeutung ist die Pferdezucht, welche vornehmlich in den Provinzen Ost- und Westpreußen und Hannover betrieben wird; 3 Hauptgestüte (Trakehnen, Graditz, Leberbeck) und 15 Landgestüte wirken auf die Veredelung der Rasse hin. Das trefflichste Rindvieh wird in den Marschländern an der Nordsee, in der Ebene der Rheinprovinz, auf dem Westerwald in Hessen-Nassau, in den Saalkreisen der Provinz Sachsen, den schlesischen Gebirgen und den Kreisen am Fuß derselben sowie in den Niederungen an der Oder, Weichsel und Memel gezogen. Die Schafzucht, von hoher Wichtigkeit in den Landesteilen, wo der Großgrundbesitz vorherrscht, geht neuerdings immer mehr zurück (1867: 22,304,984, 1873: 19,666,794 Schafe) auf Grund der Konkurrenz der von außerhalb eingeführten Wolle. Die Zahl der feinen Wollschafe (Merinos) belief sich 1873 auf 8,177,649, 1883 auf 5,318,550, diejenige der veredelten Fleischschafe 1873 auf 1,829,944, 1883 auf 1,833,941. Über 8000 Schafe auf 100 qkm zählt die Provinz Pommern, über 6000 Posen, über 5000 Sachsen und Westpreußen, während Schleswig-Holstein und Rheinland noch nicht 2000 und Hohenzollern noch nicht 1000 Schafe auf 100 qkm zählt. Die Wollproduktion beträgt jährlich kaum 200,000 Doppelztr. Die Schweinezucht ist in der Provinz Sachsen am stärksten, demnächst in Hannover und Westfalen. Die Zahl der Ziegen nimmt fortwährend zu, da diese Tiere in kleinen Haushaltungen verhältnismäßig sehr leicht zu erhalten sind. Federvieh wird in allen Provinzen in großer Menge gezogen. Die Bienenzucht geht neuerdings zurück; sie blüht besonders in Hannover, demnächst in Schlesien und Pommern, auch in Ostpreußen und Schleswig-Holstein und liefert Honig in genügender Menge, Wachs nicht ausreichend für den Bedarf im Innern. 1883 zählte man im Staat 1,238,040 Bienenstöcke (1873: 1,459,415). Die Seidenzucht, in Brandenburg noch am stärksten, vermag nicht sich einzubürgern.

Die Fischerei ist von großem Belang. Neben der unmittelbaren Förderung durch den Staat ist ihr ein erhöhter Schutz durch das Fischereigesetz vom 30. Mai 1874 zu teil geworden. Es bestehen 14 Oberfischmeisterämter. Im J. 1882 waren in der See- und Küstenfischerei 11,890, in der Binnenfischerei 14,838 Personen berufsthätig. Der Hering wird in der Ostsee von Hela bis Schleswig-Holstein gefangen. Sprotten gibt es in großer Menge an der Küste von Schleswig-Holstein (Kieler Sprotten), ebenda auch Butten. Andre Seefische in der Ostsee sind: Flundern, Dorsche, Lachse, Makrelen, Aale; in der Nordsee sind Gegenstand der Fischerei Heringe (Emden), Schellfische und Austern, von denen letztere ganz besonders im Wattenmeer an der Westküste von Schleswig gezüchtet werden. Die Binnenfischerei wird durch Fischzuchtanstalten sehr gefördert. Karpfen werden vornehmlich bei Kottbus in Brandenburg, Störe in der Elbe, Oder und im Frischen Haff (Elbkaviar, Kaviar von Pillau), Lachse im Rhein (Salm), in der Weser, Oder, Elbe etc., Welse (oft mehr als 50 kg schwer) in der Oder und Elbe, Aale in allen größern Gewässern Brandenburgs, Pommerns, Ost- und Westpreußens, Hechte allenthalben, Zander vornehmlich in den Gewässern der Provinz Brandenburg, Maränen im Madüesee in Pommern und in einigen Seen der Neumark, Forellen in den Flüssen und Bächen der gebirgigen Landesteile gefangen. Außerdem finden sich See- und Flußkrebse in Menge, hier und da Perlenmuscheln (Queis) und Blutegel.

Waldkultur.

Von der Gesamtfläche des Staats nehmen die Forsten und Holzungen 8,153,947 Hektar oder 23,4 Proz. ein; auf die Staatsforsten entfallen 30,3, auf die Gemeindeforsten 12,0 und die Privatforsten 53,7 Proz. der Gesamtwaldfläche, der Rest besteht aus Stiftungs- und Genossenschaftsforsten. Die waldreichsten Provinzen sind Brandenburg und Schlesien, dann folgt die Rheinprovinz, während als die waldärmste neben Hohenzollern Schleswig-Holstein dasteht. Von der gesamten Forstfläche des Staats nimmt das Nadelholz 2/3, das Laubholz 1/3 ein; ersteres wiegt in den nordöstlichen, letzteres in den westlichen Provinzen vor. Die Staatsforsten sind gleichfalls vorwiegend in den nordöstliche Provinzen vertreten (in Ostpreußen mit 56, Westpreußen mit 52 Proz., dagegen in Rheinland nur mit 17,1 und Westfalen nur mit 8 Proz. der Gesamtwaldfläche); bezüglich