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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Raben; Rabenau; Rabenbein; Rabĕner; Rabenhorst

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Raben - Rabenhorst.

der Allegorien, durch welch letztere das Verständnis bedeutend erschwert wird. Wie man in Grangousier, Gargantua, Pantagruel Ludwig XII., Franz I. und Heinrich II. zu erkennen glaubt, so sieht man in Panurg bald den Kardinal von Amboise, bald R. selbst, bald den Vertreter des gesunden Menschenverstandes. Von der größten Bedeutung ist R. auch für die Entwickelung der französischen Sprache gewesen, die er in noch sehr ungelenker und roher Gestalt vorfand und gleichsam erst zur Darstellungsfähigkeit seiner Gedanken umgebildet und mit einer Masse von Ausdrücken und Wendungen bereichert hat, die bleibendes Gemeingut geworden sind. Außer dem Roman haben wir von R. noch: "Pantagruéline pronostication", die "Almanachs", die "Sciomachie", einige Episteln in französischen Versen, einige lateinische Verse und eine kleine Anzahl von Briefen. Die besten neuern Ausgaben des "Gargantua und Pantagruel" sind: von Esmangart und Johanneau (1823-26, 9 Bde.); von P. Lacroix (1825-27, 5 Bde.; 1840 u. öfter); von Burgaud des Marets und Rathery (1857, 2 Bde.; 1870-73); von Montaiglon und Lacour (1868, 3 Bde.); mit Illustrationen von Doré (1872, 2 Bde., mit Einleitung und Glossar); von Marty-Laveaux (1872 ff., 6 Bde.); von Favre (Niort 1875-80, 5 Bde.). Über die deutsche Umarbeitung des "Gargantua" von J. Fischart s. d. Eine vorzügliche Übersetzung lieferte G. Regis (Leipz. 1832-41, 3 Bde.), eine populäre F. A. Gelbke (das. 1880). Vgl. Brunet, Recherches bibliographiques sur R. (Par. (1852); Lacroix, R., sa vie et ses ouvrages (das. 1859); Mayrargues, R., étude sur le XVI. siècle (das. 1869); Fleury, R. et ses œuvres (das. 1877, 2 Bde.); Gébhart, R., la Renaissance et la Réforme (Nancy 1877); Arnstädt, F. R. und sein "Traité d'éducation" (Leipz. 1871); Ligier, La politique de R. (Par. 1880).

Raben, in der Dietrichssage Name der Stadt Ravenna (vgl. Rabenschlacht).

Rabenau, Stadt in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Dresden, unweit der Roten Weißeritz, im Rabenauer Grund und an der Linie Hainsberg-Kipsdorf der Sächsischen Staatsbahn, hat eine Burgruine, bedeutende Stuhlbauerei, Fabrikation gebogener Möbel und (1885) 2308 evang. Einwohner.

Rabenbein, s. Schultergürtel.

Rabĕner, Gottlieb Wilhelm, Satiriker, geb. 17. Sept. 1714 zu Wachau bei Leipzig, besuchte die Landesschule in Meißen, wo er einen innigen Freundschaftsbund mit seinen Mitschülern Gellert und Gärtner schloß, studierte seit 1734 in Leipzig Jurisprudenz, trat dann ins Büreau eines Steuereinnehmers zu Leipzig und wurde 1741 als Steuerrevisor des Leipziger Kreises angestellt. Das durch häufige Reisen beschwerliche Amt hielt ihn nicht von schriftstellerischer Thätigkeit ab, zu der ihn Talent und Neigung antrieben. Seine ersten belletristischen Aufsätze (darunter auch seine einzige Satire in Versen: "Beweis, daß die Reime in der deutschen Dichtkunst unentbehrlich sind") erschienen in Schwabes "Belustigungen des Verstandes und Witzes"; später gehörte er zu den thätigsten Mitarbeitern der "Bremer Beiträge", die seit 1744 erschienen. 1753 wurde er als Obersteuersekretär nach Dresden versetzt, wo er bei dem Bombardement der Stadt 1760 mit dem größten Teil seiner Habe auch seine Manuskripte einbüßte, und nach dem Frieden zum Steuerrat ernannt. Als solcher starb er 22. März 1771 in Dresden. R. zählte neben Gellert zu den populärsten deutschen Schriftstellern seiner Zeit. Seine Schriften, die in etwa 25 Jahren 11 Auflagen erlebten, gehören durchaus der satirischen Gattung an und sind, formell betrachtet und in sprachlicher Hinsicht mit den meisten frühern und gleichzeitigen Prosawerken der deutschen Litteratur verglichen, ausgezeichnet durch Klarheit, Reinheit und Gleichmaß der Darstellung. Der Geist einer ruhigen, auf Redlichkeit und Wohlwollen gegründeten Heiterkeit waltet in ihnen, und dieser Sinn ist es, um dessentwillen R. noch in Goethes Schätzung so hoch stand. Dagegen ist der satirische Gehalt seiner Schriften überaus gering anzuschlagen. Wie R. in Bezug auf die Stoffe seiner Satiren nicht über die Dinge und Menschen der gemeinen Alltäglichkeit hinausgriff, wie er einzig für den hausbackenen Philisterverstand schrieb und auf diesen allein wirken wollte, so ist auch sein allezeit zahmer Witz recht eigentlich aus der platten Spießbürgerweltanschauung erzeugt, und seine satirische Freiheit hielt sich (was er in seinem Bericht "Vom Mißbrauch der Satire" ausdrücklich selbst anerkannte) zu jeder Zeit in dem damals sehr engen Kreis der bürgerlichen Interessen und wagte sich nie höher hinauf. Dabei ist gleichwohl nicht zu leugnen, daß R. auf die Masse des Lesepublikums seiner Zeit eine bildende Wirkung geübt hat, die sehr hoch anzuschlagen ist. Ausgaben seiner Satiren erschienen Leipzig 1751-55, 4 Bde.; "Sämtliche Schriften" daselbst 1777, 6 Bde. (neueste Ausg., Stuttg. 1840, 4 Bde.). Seine Briefe, von ihm selbst gesammelt, gab nach seinem Tod E. F. Weiße (Leipz. 1772) heraus.

Rabenhorst, Ludwig, Botaniker, geb. 1806 zu Treuenbrietzen, lebte als Privatgelehrter in Dresden, dann in Meißen und starb daselbst 24. April 1881. Er zählte zu den bedeutendsten Förderern der Kryptogamenkunde und lieferte namentlich auch Sammlungen von Kryptogamen in getrockneten Exemplaren. Diese Sammlungen sind: "Die Algen Sachsens" (100 Dekaden mit 1000 Spezies, Dresd. 1848-61); "Die Algen Europas" (Fortsetzung der vorigen, das. 1861-1879, 259 Dekaden); "Bryotheca europaea. Die Laubmoose Europas" (das. 1858-76, 27 Hefte; wird fortgesetzt); "Hepaticae europaeae. Herbarium der Lebermoose Europas" (das. 1856-79, 66 Dekaden, mit kritischem Text und gegen 100 lithographischen Tafeln); "Klotzschii herbarium mycologicum. Centuria 1-20" (das. 1840-56), editio II, cent. 1-8 (das. 1855-58); "Fungi europaei, Klotzschii herbarii mycologici continuatio. Cent. 1-25" (das. 1859-78); "Lichenes europaei exsiccati. Die Flechten Europas" (das. 1855-79, 36 Hefte); "Cryptogamae vasculares europaeae. Die Gefäßkryptogamen Europas, gesammelt und getrocknet herausgegeben" (das. 1858-72, 5 Hefte mit ca. 160 Spezies); "Diatomaceae exsiccatae totius terrarum orbis, quas distribuit. Semicent. 1-2" (das. 1871); "Characeae europaeae" (in Verbindung mit A. Braun und Stizenberger, das. 1857-78, 5 Hefte); "Kryptogamensammlung. Eine systematische Übersicht über das Reich der sogen. Kryptogamen, mit Illustrationen, welche den in Kürze gehaltenen Text klar veranschaulichen." 1. Sektion: Pilze (das. 1876). Außerdem schrieb R.: "Deutschlands Kryptogamenflora" (Leipz. 1844-53, 2 Bde.; 2. Aufl. von Winter u. a., 1881 ff.); "Die Süßwasserdiatomaceen" (das. 1853); "Beiträge zur nähern Kenntnis und Verbreitung der Algen" (das. 1863-65, 2 Tle.); "Kryptogamenflora von Sachsen, der Oberlausitz, Thüringen und Nordböhmen." Bd. 1: Algen, Lebermoose, Laubmoose (das. 1863), Bd. 2: Flechten (das. 1870); "Flora europaea algarum aquae dulcis et submarinae" (das. 1864 bis 1868, 3 Bde.); "Mycologia europaea. Abbil-^[folgende Seite]