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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ravanăstron; Ravanūsa; Ravelin; Ravello; Ravenna

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Ravanastron - Ravenna.

seinem Geburtsort und geriet endlich wegen Schulden ins Gefängnis. Hier verfiel er in religiöse Schwärmerei und trat auf einer Reise nach Paris in den Orden der Feuillants. Von diesem wieder entlassen, lebte er unter sehr drückenden Umständen wieder in seiner Vaterstadt und wurde als fanatischer Papist durch die königsmörderischen Lehren einiger französischer Schriftsteller zu der blutigen That getrieben, welche er 14. Mai 1610 ausführte, indem er dem König, als derselbe auf einer Spazierfahrt in der engen Straße de la Ferronnerie zu halten genötigt war, das Messer zuerst in die Seite, dann durchs Herz stieß. Er wurde sofort festgenommen und zum Verhör gebracht, nannte aber keinen Mitschuldigen. Nachdem er auf das grausamste gefoltert worden, aber jede Mitschuld andrer standhaft geleugnet hatte, ward er 27. Mai auf dem Grèveplatz unter Qualen, die über eine Stunde dauerten, von Pferden zerrissen. Vgl. Loiseleur, R. et ses complices (Par. 1873).

Ravanăstron, Name eines angeblich uralten indischen Streichinstruments. Vgl. Rühlmann, Geschichte der Bogeninstrumente, S. 13 (Braunschw. 1882).

Ravanūsa, Stadt in der ital. Provinz Girgenti (Sizilien), nahe am Salso, hat Oliven- und Südfrüchtebau und (1881) 8481 Einw.

Ravelin (franz., spr. raw'läng), vor Kurtinen liegendes Festungswerk in Fleschen- oder Lünettenform, s. Festung, S. 182 u. 183.

Ravello, Stadt in der ital. Provinz Salerno, oberhalb Amalfi gelegen, hat einen 1087 gegründeten, 1786 restaurierte Dom (Basilika) mit berühmten Bronzereliefs am Portal aus dem 12. Jahrh. und schöner Kanzel, einen Palast Ruffoli und (1881) 1492 Einw. R. war von 1086 bis 1804 Bischofsitz.

Ravenna, ital. Provinz (bis 1860 Legation des Kirchenstaats), zur Landschaft Emilia gehörig, grenzt im N. an die Provinz Ferrara, im W. an Bologna, im S. an Florenz und Forli, im O. an das Adriatische Meer und umfaßt 1922 (nach Strelbitsky 2134) qkm (38,8 QM.) mit (1881) 225,764 Einw. Das Land ist großenteils ebener Alluvialboden und fruchtbar, stellenweise allerdings sumpfig, nur im SW. durch Verzweigungen des toscanischen Apennin etwas gebirgig. Längs der Küste ziehen sich Dünen hin, auf welchen bei Ravenna der berühmte große Pinienwald emporgewachsen ist. Zur Urbarmachung der Sümpfe sind in neuester Zeit Abzugskanäle und andre Arbeiten ausgeführt worden. Die bedeutendsten Flüsse sind: der Po di Primaro, welcher den Santerno und Senio aufnimmt, der Lamone, Montone, Ronco und Savio. Auch enthält die Provinz zwei Kanäle, den Canale Corsini, welcher die Hauptstadt mit Porto Corsini am Adriatischen Meer in einer Länge von 10 km verbindet und auch für Seeschiffe zugänglich ist, und den Naviglio Zanelli von Faenza zum Po di Primaro in einer Länge von 50 km. Das Klima ist an der Küste feucht, nebelig und ungesund, im Innern dagegen günstiger. Hauptprodukte sind: Weizen (1886: 798,200 hl), Mais (758,900 hl), Bohnen, Futterkräuter, Reis, Hanf, Wein (385,400 hl), Kastanien, Öl, Holz, Seide, Salz (aus den Lagunen an der Küste, namentlich zu Cervia), Vieh, Fische etc. Die Industrie ist ziemlich lebhaft und hat ihren Hauptsitz zu Faenza; sie erstreckt sich insbesondere auf Seide, Baumwollwaren, Majolika, Glas, Tischlerwaren und Gerberei. Die Provinz wird von der Eisenbahn von Bologna nach Ancona mit der Zweigbahn von Castel Bolognese über Ravenna nach Cervia und von der Via Emilia durchzogen. Die Eisenbahnlinien Ferrara-Ravenna-Rimini und Faenza-Florenz sind im Bau. Häfen besitzt die Provinz vier, nämlich den der Hauptstadt, den Vorhafen derselben (Porto Corsini), Primaro an der Mündung des Po di Primaro und Cervia. Die Provinz zerfällt in die Kreise Faenza, Lugo und R. Die gleichnamige Hauptstadt der Provinz ist als die Vorgängerin von Venedig anzusehen. Sie war im Altertum eine bedeutende Seestadt, lag auf Inseln und war von Kanälen durchschnitten wie Venedig. Jetzt liegt die Stadt, wenn auch noch von nicht ganz ausgetrockneten Sümpfen umgeben, auf dem festen Land, 7 km vom Meeresufer, mit dem sie nur durch den Canale Corsini in Verbindung steht. Dies hat seit dem Mittelalter ihren Verfall herbeigeführt. An den alten Glanz von R. erinnern noch manche Bauwerke, welche kunstgeschichtlich als Denkmäler aus der Übergangszeit von der altchristlichen zur mittelalterlichen Kunst von höchster Bedeutung sind. Dahin gehören: die Domkirche (um 400 als fünfschiffige Basilika vom Erzbischof Ursus erbaut, 1734 in eine dreischiffige Kuppelkirche umgewandelt, so daß vom alten Bau nur eine Krypte und der runde Glockenturm übrigblieben), mit Fresken von Guido Reni, zwei altchristlichen Sarkophagen und einem interessanten Bischofstuhl mit von Reliefs geschmückten Elfenbeintafeln von 550 in der Sakristei; das nahe dabei gelegene Baptisterium San Giovanni (430 durch Bischof Neon restauriert), ein achteckiges Gebäude mit Kuppel, altem Taufbrunnen und wohlerhaltenen Mosaiken aus dem 5. Jahrh.; die Kirche San Vitale (von 526 bis 547 erbaut), eine Vorstufe zur vollendeten Form des byzantinischen Kirchenstils bildend, von außen einschmuckloser Ziegelbau, im Innern achteckig, mit einer auf acht Pfeilern ruhenden, aus topfartigen Hohlziegeln erbauten Kuppel und zwischen den Pfeilern stehenden Nischen, deren Wände von zweigeschossigen Arkaden durchbrochen werden, herrlichem musivischen Fußboden, Stuckornamenten, schönen alten Mosaikgemälden im Chor und mehreren antiken Marmorreliefs (s. Tafel "Baukunst VII", Fig. 4-6); San Francesco, eine 427 errichtete dreischiffige Basilika, deren ursprüngliche Form in dem spätern Umbau noch erhalten ist, mit zwölf alten Säulenpaaren, Glockenturm und Marmorsarkophag des Erzbischofs Liberius (gest. 350) mit altchristlichen Reliefs; Sant' Apollinare Nuovo, von Theoderich (504) erbaut und ehemals Sitz der arianischen Bischöfe, eine dreischiffige Basilika, deren Mittelschiff noch jetzt das seltene Beispiel einer wohlerhaltenen Innendekoration aus altchristlicher Zeit mit Marmorsäulen und -Bogen, Mosaikgemälden etc. aufweist; San Giovanni Evangelista, eine von der Kaiserin Galla Placidia 425 erbaute Votivkirche mit reichskulptiertem Portal des Vorhofs und Fresken von Giotto im Innern; das den Märtyrern Nazario und Celso geweihte Mausoleum der Kaiserin Galla Placidia, ein von der letztern 440 für sich und ihre Angehörigen errichteter einfacher Ziegelbau, das erste Beispiel einer tonnengewölbten Kreuzkirche mit überhöhter Kuppel über der Vierung mit herrlichem Mosaikschmuck, dem Sarkophag der genannten Kaiserin und mehreren andern Grabmälern; die Grabstätte Dantes, ein 1482 errichtetes, 1780 umgebautes Tempelchen mit dem Sarkophag und der Halbfigur Dantes. Vor den Thoren von R. liegen drei ebenfalls sehr interessante alte Kirchen, nämlich: Sant' Apollinare in Classe, die bedeutendste unter den altchristlichen Basiliken Italiens (534-549 erbaut), mit geschlossene Vorhalle, hohem runden Glockenturm, im Innern aus drei Schiffen bestehend, welche durch je zwölf Säulen aus griechischem Cipollino getrennt sind, mit erhöhter Tribüne und einer Krypte unter derselben,