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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Regenvogel; Regenwalde; Regenwurm; Regenzeit; Regésten

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Regenvogel - Regesten.

wendigkeit der R. beschließen. Der Regent hat vor den vereinigten Kammern den Verfassungseid zu leisten. In Braunschweig wurde neuerdings die R. durch ein besonderes Gesetz vom 16. Febr. 1879 (Regentschaftsgesetz) vom Herzog und dem Landtag geregelt. Nach dem Ableben des kinderlosen Herzogs Wilhelm 18. Okt. 1884 wurde dann Prinz Albrecht von Preußen 21. Okt. 1885 zum Regenten gewählt, um bis zur definitiven Erledigung der braunschweigischen Erbfolgefrage die Regierung des Herzogtums zu führen. In Bayern übernahm Prinz Luitpold 10. Juni 1886 die R. für den geisteskranken König Ludwig II. und nach dessen Tod 13. Juni 1886 für den ebenfalls geisteskranken König Otto. Von der R. verschieden ist die vorübergehende Stellvertretung des abwesenden oder sonst verminderten Monarchen (Regierungsstellvertretung), die regelmäßig durch einen besondern Erlaß des letztern angeordnet wird. So wurde nach dem Nobilingschen Attentat durch kaiserlichen Erlaß vom 4. Juni 1878 der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm mit der Vertretung des Kaisers Wilhelm I. beauftragt. Auch der Erlaß Kaiser Wilhelms I. vom 17. Nov. 1887, welcher aber erst 8. März 1888, unmittelbar vor dem Ableben des Kaisers publiziert ward, nahm mit Rücksicht "auf die Wechselfälle der Gesundheit" des Kaisers und "in Betracht der Krankheit und verlängerten Abwesenheit des Kronprinzen" (des nachmaligen Kaisers Friedrich III.) nicht eine eigentliche R., sondern nur eine Stellvertretung durch den damaligen Prinzen Wilhelm (jetzt Kaiser Wilhelm II.) in Aussicht. Vgl. v. Kirchenheim, Die R. (Leipz. 1880); Hancke, R. und Stellvertretung (Bresl. 1888). - In der Geschichte Frankreichs versteht man unter R. (franz. régence) vorzugsweise die durch Sittenlosigkeit berechtigte Regierungszeit des Herzogs Philipp von Orléans (gewöhnlich "der Regent" genannt) während der Minderjährigkeit Ludwigs XV. (1715-23); daher noch Ausdrücke wie Homme-régence, s. v. w. Roué, Style régence etc.

Regenvogel, s. Brachvogel.

Regenwalde, Stadt im gleichnamigen Kreis des preuß. Regierungsbezirks Stettin (Landratsamt in Labes), an der Rega, hat eine neu restaurierte gotische Kirche, ein Rettungshaus, ein Amtsgericht, eine landwirtschaftliche Versuchsstation, Fabrikation von landwirtschaftlichen Maschinen und (1885) 3244 meist evang. Einwohner.

Regenwurm (Lumbricus L.), Gattung der Anneliden oder Ringelwürmer und zwar aus der Unterordnung der Oligochäten oder Wenigborster. Der Körper besteht aus zahlreichen cylindrischen Gliedern, welche an ihren Seiten die kaum aus der Haut hervorragenden Borsten tragen; eine Reihe dieser Segmente; der sogen. Gürtel, enthält mächtige Drüsen, welche bei der Begattung ein zum Zusammenheften der beiden Individuen dienendes Sekret ausscheiden. Der Darm besitzt eine Anzahl Blindschläuche und vorn einen muskulösen Kropf, in welchem (wie bei Hühnern) durch aufgenommene Steinchen die Nahrung gleichmäßig zerrieben wird. Das Nervensystem ist hoch entwickelt. Augen fehlen, indessen ist der R. gegen Licht und mehr noch gegen Erschütterungen des Bodens empfindlich. Besondere Atmungsorgane mangeln, dagegen ist das Blutgefäßsystem viel verzweigt. Das Blut selbst ist rot und enthält farblose Blutkörperchen. Die Regenwürmer sind Zwitter und befruchten sich wechselseitig. Die Eier werden wie bei den Blutegeln in Kokons abgelegt; die Embryonen nähren sich von dem Eiweiß, mit welchem sie umgeben sind, und machen nur eine geringe Metamorphose durch. Bei Lumbricus trapezoides entwickeln sich nach neuern Untersuchungen aus jedem Ei zwei Embryonen, welche eine Zeitlang gleich den siamesischen Zwillingen miteinander verbunden sind. Die Regenwürmer sind nächtliche Tiere, füllen ihren weiten Darm mit humusreicher Erde und modernden Vegetabilien und ziehen Keimlinge und Blätter in die Erde, um sie zu ihrer Nahrung zu verwerten; auch fressen sie Fleisch. Im Winter liegen sie zusammengeballt in größerer Tiefe. Durch das Abfressen junger Pflanzen schaden sie, werden aber in der Art wieder nützlich, daß sie bei ihren Wanderungen im Boden Röhren bilden und mit ihren Exkrementen füllen, den Wurzeln also sowohl das Abwärtswachsen erleichtern, als auch Dünger liefern. Von besonderer Bedeutung sind sie nach Darwin dadurch, daß sie beständig die aus den tiefern Schichten des Bodens stammende Erde durch ihren Darm hindurch nach der Oberfläche befördern, wo sie infolge ihrer lockereren Beschaffenheit leicht vom Wind oder Regen abgeschwemmt wird. Auch unterwühlen sie in dieser Weise den Boden unter Bauwerken und festen Körpern aller Art, die auf solche Weise allmählich im Erdboden versinken. Nach Darwins Berechnung befördern die Regenwürmer in vielen Teilen Englands jährlich auf jede 6 Hektar Landes ein Gewicht von mehr als 25,000 kg Erde an die Oberfläche und bewirken mithin eine ganz erhebliche Mischung der Schichten, wobei der Untergrund mit Humusstoffen, die seine Zersetzung befördern, in Berührung gebracht wird. Ihre natürlichen Feinde sind Maulwurf, Igel, Spitzmaus, Kröten, Frösche, Tausendfüßer, Laufkäfer. Man sammelt sie abends, besonders nach warmen Regen, wenn sie aus ihren Löchern herauskommen, kann sie auch durch Erschütterung des Bodens oder durch Aufgießen einer Abkochung von Walnußblättern hervorlocken. Man benutzt sie als Köder beim Angeln, früher auch als Arzneimittel. Vgl. Hoffmeister, Die bis jetzt bekannten Arten aus der Familie der Regenwürmer (Braunschw. 1845); Perrier, Organisation des lombriciens terrestres (Par. 1874); Darwin, Die Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer (deutsch, Stuttg. 1882).

Regenzeit, s. Regen, S. 651.

Regésten (Regesta, v. lat. regerere, eintragen, verzeichnen), Register, Katalog; insbesondere chronologisch geordnete Urkundenverzeichnisse mit Angabe des Datums, Ortes und kurzer Inhaltsübersicht, zuweilen auch mit Hinzufügung historischer Daten. Die R. dienen teils dazu, eine Übersicht über den Urkundenschatz eines Reichs, Landes, Klosters oder städtischen Gemeindewesens zu geben, teils dazu, durch Zusammenstellung der Urkunden von Regenten eine Grundlage für die Geschichte derselben, namentlich für die Ermittelung ihres jeweiligen Aufenthalts, die Prüfung der Echtheit der Dokumente u. dgl., zu geben. Letzterm Zweck dienen namentlich die Kaiser- und Papstregesten. Jene sind herausgegeben von J. F. Böhmer für die Karolinger (Frankf. 1833; neu bearbeitet von Mühlbacher, Innsbr. 1880 ff.), von Konrad I. bis Heinrich VII. (Frankf. 1831), 1198-1254 (Stuttg. 1849; neu bearbeitet von Ficker, Innsbr. 1879 ff.), 1246-1313 (Stuttg. 1844), 1314-47 (Frankf. 1839) und 1346-78 (Innsbr. 1874-77), von Chmel für Ruprecht (das. 1834) und Friedrich III. (Wien 1838 bis 1840, 2 Tle.), von Th. Sickel für die Karolinger (das. 1867-68, 2 Bde.), von Stumpf für das 11. und 12. Jahrh. (Innsbr. 1865-69, 2 Bde.); die Papstregesten von Ph. Jaffé ("Regesta pontificum roma-^[folgende Seite]