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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rheumatisches Fieber; Rheumatismus

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Rheumatisches Fieber - Rheumatismus.

fert in ihrer Wurzel den offizinellen Rhabarber, jedoch stammt derselbe zum Teil vielleicht auch von andern Arten. Diese Pflanzen wachsen auf den Weiden der Hochebene in den chinesischen Provinzen Petschili, Schansi, Schensi, Honan, Kansu, welche sich bis zur Gobiwüste und der Grenze Tibets erstreckt, in Tsinghai und in den Gebirgen von Setschuan; Hauptstapelplatz ist Sining. Über die Gewinnung und Zubereitung der Wurzel ist sehr wenig bekannt; sie wird wohl von sechs- bis achtjährigen Pflanzen gesammelt, alsbald geschält (mundiert), durchbohrt, auf Fäden gereiht, getrocknet, später dann noch auf verschiedene Weise zubereitet. Die Stücke des Handels sind von unregelmäßiger Gestalt, etwa 10 cm lang, außen gelb, mit weißen, körnig-kristallinischen Feldern, von glänzenden, gelben bis dunkel braunroten Adern durchzogen. Die Wurzel riecht und schmeckt eigentümlich aromatisch, bitterlich herb, enthält Chrysophansäure, harzartige Stoffe, ein Glykosid (Chrysophan), Emodin, eigentümliche Säuren, Stärkemehl etc., viel oxalsauren Kalk (welcher beim Kauen der Wurzel knirscht), etwa 13-14 Proz. Asche etc. Der wirksame Bestandteil ist vielleicht die Chrysophansäure, doch ist hierüber nichts Sicheres bekannt. Rhabarber, welcher bei uns als abführendes Mittel, auch als Stomachikum und tonisches Mittel Anwendung findet, wird in chinesischen Werken bereits 2700 v. Chr. erwähnt und scheint auch schon dem Dioskorides bekannt gewesen zu sein. Eine Wurzel Rha oder Rheon, nach dem Fluß Rha (Wolga) benannt, wird im 4. Jahrh. von Ammianus Marcellinus erwähnt und dürfte unser Rhabarber gewesen sein. Die Rhacomawurzel des Plinius kam zunächst aus den Ländern am Schwarzen Meer und hieß daher Rha ponticum, während die durch das Indusland und das Rote Meer über den alten Hafenort Barbarike zugeführte Rha barbarum hieß. Im 12. Jahrh. wurde der Rhabarber wahrscheinlich auch von Indien aus eingeführt, und später, jedenfalls seit Anfang des 16. Jahrh., gelangte die Wurzel ausschließlich durch Sibirien über Moskau in den Handel, und seit 1804 monopolisierte die russische Regierung den Handel, so daß Rhabarber nur über Kiachta eingeführt wurde (Kronrhabarber, moskowitischer, russischer Rhabarber). Auch später, nach Aufhebung des Monopols, blieb die amtliche Kontrolle zur Ausschließung schlechterer Ware in Gebrauch und wurde so streng durchgeführt, daß nach Eröffnung der chinesischen Häfen der Rhabarber mehr und mehr den Seeweg einschlug und der Handel über Kiachta endlich ganz einging. Seit 1860 gibt es keinen Kronrhabarber mehr. Der seewärts ausgeführte chinesische (ostindische, Kanton-) Rhabarber ist viel weniger stark beschnitten als der russische und in der Qualität viel gemischter, oft schwärzlich, innen kernfaul. Als Stammpflanzen des Rhabarbers wurden früher auch R. palmatum L., R. undulatum L., R. compactum L., R. australe Don., sämtlich in Mittelasien, genannt; die Wurzeln derselben weichen aber von der Handelsware mehr oder weniger ab. R. Rhaponticum L., in Sibirien, im Altai und südlichen Ural, an der Wolgamündung, in den südkaspischen Gebirgen, in Chorasan, am Schwarzen Meer viel kultiviert, hat eine dem chinesischen Rhabarber ähnliche Wurzel und ward früher, in Persien noch jetzt, als Surrogat desselben benutzt. Bei Banbury in Oxfordshire wurde diese Pflanze seit 1777 kultiviert, und ihre Kultur hat sich bis in die Gegenwart erhalten; auch Frankreich und Ungarn bauen R. Rhaponticum, Mähren R. compactum, Österreichisch-Schlesien R. australe; doch haben alle diese Kulturen nur lokale Bedeutung. R. Rhaponticum (Varietät Queen Victoria) wird auch der Blattstiele halber gezogen. Dieselben sind sehr stark, saftig, schmecken angenehm säuerlich süß und geben, mit Zucker eingemacht, ein vortreffliches Kompott. In Frankreich kultiviert man zu demselben Zweck R. undulatum, in England R. ribes in zahlreichen Varietäten. Dort ist der eingemachte Rhabarber besonders beliebt, während bei uns das an den Namen sich knüpfende Vorurteil allgemeinerer Benutzung entgegensteht. In Frankreich bringt man die Blattstiele als Tartreum auf den Markt. In England wird aus dem Safte der Blattstiele mit Wasser, Zucker und etwas Traubenwein Champagner dargestellt; in Persien ißt man die Blätter als Gemüse; die im Frühjahr eben aus der Erde kommende, etwa 25 cm hohe Blütenknospe gibt, wie Blumenkohl zubereitet, eine schmackhafte Speise. Allgemein dienen die Rhabarberarten auch als Zierpflanzen.

Rheumatisches Fieber (Flußfieber), dasjenige Fieber, welches die auf rheumatischem Weg, d. h. durch Erkältung und besonders durch feuchte Zugluft, entstandenen Krankheiten begleitet. Es sind dies namentlich Entzündungen der Schleimhäute der Atmungs- und Verdauungsorgane, der Gelenke und rheumatische Muskelentzündungen (s. Katarrh, Fieber, Rheumatismus).

Rheumatismus (v. griech. rhein, fließen, Fluß, Gliederreißen), Bezeichnung für eine Reihe verschiedener Krankheiten, welche unter mehr oder weniger heftigen Schmerzen der Gelenke und Muskeln bei verhältnismäßig wenig auffallenden anatomischen Störungen in den genannten Organen verlaufen. Nicht jede Erkältung bringt einen R. hervor, und durch Erkältung allein entsteht wahrscheinlich nur die Disposition zum R.; denn der akute Gelenkrheumatismus (R. articulorum acutus) bezeichnet ein ganz typisch verlaufendes Leiden, welches auf einer Infektion mit niedersten Pilzkeimen beruht. Den örtlichen Verlauf des Gelenkschmerzes s. unter Gelenkentzündung. Der R. dauert oft in großer Heftigkeit viele Wochen hindurch; beinahe regelmäßig gesellen sich im spätern Verlauf oder bei der Wiederkehr des R. Entzündungen der Herzklappen hinzu, welche direkt tödlich werden können, aber weit häufiger zu chronischen Klappenfehlern ausheilen. Bei spätern Anfällen des R. stellen sich auch Nachschübe des Herzleidens ein, so daß die Gefahr sich von Anfall zu Anfall steigert. Als ein fast untrügliches, wirklich spezifisches Mittel gegen den akuten Gelenkrheumatismus hat Stricker in neuerer Zeit den innern Gebrauch großer Gaben von Salicylsäure entdeckt. Gleichzeitig ist es zweckmäßig, die leidenden Gelenke mit Watte zu umwickeln.

Der chronische Gelenkrheumatismus betrifft meist nur ein einzelnes oder wenige Gelenke, springt nur selten von einem Gelenk auf ein andres über und führt trotz seiner langen Dauer doch nur zu verhältnismäßig geringen anatomischen Veränderungen der befallenen Gelenke. Er entwickelt sich in vielen Fällen aus einem akuten R. In andern Fällen tritt er von Anfang an als chronische, fieberlose, allmählich sich entwickelnde Krankheit auf. Der Verlauf der Krankheit ist verschieden. In dem einen Fall sind einzelne Gelenke längere Zeit, oft mehrere Monate und Jahre hindurch, der Sitz beständiger Schmerzen. Druck auf die kranken Gelenke und Bewegungen vermehren die Schmerzen, welche überdies manchmal auch ohne besondern Grund, besonders in den Abendstunden, stärker hervortreten. Manchmal sind die Gelenke ge-^[folgende Seite]