Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Rotz; Rötz; Rotzbarsch; Rotzinkerz; Roubaix; Roucou; Roudaire

1007

Rotz - Roudaire.

verklebt werden und eine klare, grünlich gefärbte Flüssigkeit tropfenweise aus den Nasenlöchern herabläuft. Mitunter ist aber der Ausfluß äußerst spärlich und in nichts unterschieden von den bei gutartigen Erkrankungen der Respirationsschleimhaut auftretenden Dejektionen. Auf der Nasenschleimhaut kommen kleinere und größere Geschwüre vor. Da aber nur ein kleiner Teil der Nase der örtlichen Untersuchung zugänglich ist, so lassen sich die Geschwüre selbst bei der Benutzung eines Spiegels nicht immer auffinden. Die Kehlgangsdrüse wird hart und vergrößert sich bis zu dem Umfang eines Hühnereies und darüber. Beim Hautrotz entstehen an verschiedenen Körperstellen knotige Auftreibungen und Geschwüre. Die benachbarten und oberflächlich gelegenen Lymphdrüsen erscheinen verdickt und vergrößert. Die Sektion der rotzkranken Pferde läßt häufig noch Geschwüre und Narben in den obern Abteilungen der Nase, in den andern Kopfhöhlen, im Kehlkopf, in der Luftröhre und in den Bronchien und daneben fast immer eine kleinere oder größere Zahl von Rotzknötchen und Rotzgewächsen in den Lungen, zuweilen auch in der Milz und Leber erkennen. Der R. verläuft in der Regel chronisch; bisweilen wird aber eine stürmische Entwickelung der krankhaften Zustände in der Haut oder in der Respirationsschleimhaut und in den Lungen beobachtet. Unmittelbar nach der Ansteckung und auch im Verlauf der chronischen Rotzkrankheit können durch zufällige Komplikationen die Krankheitsfälle einen akuten Charakter annehmen. Die Pferde werden dann von Fieber ergriffen und gehen in ihrem Nährzustand zurück. Der Kopf schwillt unförmlich an; es stellen sich umfangreiche geschwürige Defekte in der Respirationsschleimhaut oder in der äußern Haut ein, und der Tod beendet die Krankheit nach 6-10 Tagen. Beim chronischen Verlauf kann die Dauer des Rotzes eine Zeit von mehreren Jahren umfassen. - Bei Menschen wie bei Katzen (Löwen, Tigern etc.), auch bei Schafen, Ziegen, Kaninchen zeigt der R. nach zufälligen oder absichtlichen Infektionen dieselben Modifikationen im Verlauf wie beim Pferd. Eine Behandlung rotzkranker Pferde ist durch die neuere Gesetzgebung gegenstandes geworden. Im allgemeinen gilt der R. schon seit langer Zeit als unheilbar. Die Erscheinungen können sich fast vollständig zurückbilden bei kräftiger Ernährung und anhaltender Ruhe der betreffenden Pferde. Sie treten aber unter günstigen Nebenumständen später wieder hervor. Aus diesem Grund sind die Mitteilungen in der ältern Litteratur von einer Heilung rotzkranker Pferde nicht als beglaubigt anzusehen. Das deutsche Viehseuchengesetz von 1880 bestimmt, daß die rotzkrank befundenen Pferde nach zuvoriger Feststellung ihres Wertes und gegen Entschädigung des Besitzers unverzüglich zu töten sind. Rotzverdächtig erkrankte Pferde unterliegen der Stallsperre so lange, bis der beamtete Tierarzt die Erkrankung als unverdächtig betrachtet oder den R. konstatiert. Die der Ansteckung ausgesetzt gewesenen und deshalb verdächtigen Pferde werden unter polizeiliche Beobachtung gestellt und können so lange, als keine verdächtigen Krankheitszeichen sich hervorthun, zur Arbeit benutzt werden; sie sind aber in besondern Ställen zu halten und mit fremden Pferden nicht in Berührung zu bringen. Die polizeiliche Überwachung wird mindestens sechs Monate hindurch fortgesetzt.

Rotz, Kartoffelkrankheit, s. Naßfäule.

Rötz (Retz), Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberpfalz, Bezirksamt Waldmünchen, an der Schwarzach, 444 m ü. M., hat 2 Kirchen, Flachsbau und Leinweberei, Schnupftabaksfabrikation, ansehnliche Vieh-, Garn- und Leinwandmärkte, Pflastersteinbrüche und (1885) 1295 kath. Einwohner. Dabei die Ruinen des Schlosses Schwarzenberg.

Rotzbarsch, s. Kaulbarsch.

Rotzinkerz (Zinkit), Mineral aus der Ordnung der Anhydride, kristallisiert hexagonal, findet sich aber meist derb in grobkörnigen oder dickschaligen Aggregaten oder eingesprengt. Es ist mitunter gelb, gewöhnlich intensiv rot, an den Kanten durchscheinend, diamantglänzend, Härte 4-4,5, spez. Gew. 5,4-5,7, besteht aus Zinkoxyd ZnO, mit 80,25 Proz. Zink, enthält aber meist etwas Eisen und bis 12 Proz. Manganoxyd. Auf den Gehalt an letzterm Element wird vielfach die rote Färbung des an sich gewiß weißen Minerals zurückgeführt, während andre Beobachter mikroskopische Einschlüsse (Eisenglanz und ein glimmerähnliches Silikat) gefunden zu haben glauben. Der weiße Überzug, mit welchem sich das Erz mitunter bedeckt, ist Zinkcarbonat. In größern Massen tritt R. zu Franklin, Sparta und Stirling in New Jersey auf und wird dort auf Zink verhüttet.

Roubaix (spr. rubäh), Stadt im franz. Departement Nord, Arrondissement Lille, am gleichnamigen Kanal und an der Nordbahn (Linie Lille-Courtrai), ist eine fast ganz moderne Anlage, indem die meisten Häuser und Straßen nicht über ein halbes Jahrhundert zurückreichen. Zu erwähnen sind hierunter: die Kirche St.-Martin, das Stadthaus, der öffentliche Garten und das Theater. Die Bevölkerung (um 1810 erst 9000 Einw.) betrug 1886: 89,781 (als Gemeinde 100,299) Seelen. R. ist der Mittelpunkt einer sehr bedeutenden Industrie, welche namentlich Gewebe aus reiner Schafwolle, dann aus Schafwolle, Baumwolle und Seide gemischt zum Gegenstand hat und jährlich einen Produktionswert von etwa 200 Mill. Frank ergibt. Die hauptsächlichsten "Artikel von R." sind: gemusterte Hosen-, Westen-, Mantel- und Rockstoffe, Shawls, Samt, Neuheiten in Damenkleidern, Möbelstoffe u. a. Außer den Schafwollkämmereien, Woll-, Baumwoll- und Seidenspinnereien, Zwirnereien, Webereien und Färbereien hat R. noch Fabriken für Rübenzucker, Bier, Branntwein, Webstühle und andre Maschinen. Entsprechend der entwickelten Industrie, ist auch der Handel, namentlich in Schafwolle, Garnen und Webwaren, Kohle und andern Hilfsmittel der Industrie, sehr regsam. R. hat ein Handelsgericht, ein Zollamt, eine Zeichenschule, ein Industriemuseum, eine Bibliothek, Gesellschaften für Ackerbau, Wissenschaften und Künste, eine Gewerbekammer, eine Filiale der Bank von Frankreich und zwei Hospitäler. Der Kanal von R. nimmt seinen Ausgangspunkt aus der Basse-Deule bei Marquette, folgt der Marcq und nach einem 2316 m langen Souterrain der Espierre und mündet mit der letztern auf belgischem Gebiet in die Schelde. Seine Länge beträgt 27,4 km (wovon 19 in Frankreich). Die Geschichte von R. behandelte Leuridan in mehreren Schriften.

Roucou (franz., spr. ruku, Rocou), s. v. w. Orlean.

Roudaire (spr. rudähr), François Elie, bekannt als der Urheber des Plans zur Unterwässerung der tunesisch-algerischen Sahara-Schotts, geb. 6. Aug. 1836 zu Guéret (Creuse), wurde Militär, machte den Krieg 1870/71 mit und wurde bei Wörth verwundet. Schon früher mit Triangulierungen in Südalgerien beschäftigt, fiel ihm die Depression des Landes auf, u. er publizierte 1874 über die Möglichkeit, dieselbe unter Wasser zu setzen, in der "Revue des Deux Mondes" einen Aufsatz: "Une mer intérieure en Afrique",