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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwann; Schwanpelz; Schwansen; Schwanthaler

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Schwann - Schwanthaler.

und namentlich im 16. Jahrh. ausgebildete Art launiger, oft unflätiger Erzählungen, meist mit lehrhafter Tendenz, wie sie in Vers (z. B. bei Hans Sachs) und in Prosa, so in J. ^[Johannes] Paulis "Schimpf und Ernst", in Wickrams "Rollwagenbüchlein", Kirchhoffs "Wendunmut" (hrsg. von Österley, Stuttg. 1869), Lindeners "Katzipori" und "Rastbüchlein" (hrsg. von Lichtenstein, Tübing. 1883), Schumanns "Nachtbüchlein" etc., vorliegen. Vgl. Gödeke, Schwänke des 16. Jahrhunderts (Leipz. 1879, mit einer Einleitung, welche die einzelnen Sammlungen charakterisiert); Lambel, Erzählungen und Schwänke des Mittelalters (2. Aufl., das. 1882). S. heißt auch ein mit der Posse (s. d.) verwandtes kurzes Lustspiel.

Schwann, Theodor, Naturforscher, geb. 7. Dez. 1810 zu Neuß, studierte zuerst Philosophie, sodann Medizin in Bonn, Würzburg und Berlin und war bis 1839 Assistent von Joh. Müller. In dieser Zeit entdeckte er das Pepsin und lieferte zahlreiche wichtige Arbeiten über künstliche Verdauung, über die Struktur der Muskelfaser und des elastischen Gewebes, die Kontraktilität der Arterien, den Mechanismus der Muskelkontraktion, die doppelsinnige Leitung der Nerven, Gärung und Fäulnis, Urzeugung etc. 1838 folgte er einem Ruf als Professor der allgemeinen und beschreibenden Anatomie nach Löwen und 1848 einem gleichen Ruf nach Lüttich, wo er 1858 den Lehrstuhl der Physiologie übernahm. Er starb 14. Jan. 1882 in Köln. 1839 publizierte er (Berlin) die "Mikroskopischen Untersuchungen über die Übereinstimmung in der Struktur und dem Wachstum der Tiere und Pflanzen", in welchem Werk er nicht nur die einzelnen Beobachtungen andrer über tierische Zellen sammelte, sondern auch selbst die Entwickelung vieler Gewebe auf die Beteiligung der Zellen dabei untersuchte und sämtliche Thatsachen zu einer Theorie der tierischen Zelle verwertete. Er sprach aus, daß es ein gemeinsames Entwickelungsprinzip für die verschiedensten Elementarteile der Organismen gibt, und daß die Zellenbildung dieses Entwickelungsprinzip ist. Er lieferte noch Untersuchungen über die Bedeutung der Galle für den tierischen Organismus, konstruierte einen Apparat zum Atmen in verdorbener Luft, eine Vorrichtung zur Unterhaltung gleichmäßiger Temperatur bei physiologischen Experimenten etc. und schrieb: "Traité d'anatomie du corps humain" (2 Bde., in der Brüsseler "Encyclopédie populaire"). Vgl. Henle, Th. S. (Bonn 1882).

Schwanpelz, s. Schwan.

Schwansen, Halbinsel in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, zwischen dem Busen von Eckernförde und der Schlei, hat einen sehr guten Boden und enthält viele adlige Güter.

Schwanthaler, Ludwig von, Bildhauer, geb. 26. Aug. 1802 zu München, wo sein Vater Franz S. (gest. 1821) als Bildhauer lebte, besuchte seit 1818 die Akademie der Künste in München, ward dann Schüler des Schlachtenmalers Albr. Adam, übernahm 1821 das väterliche Geschäft und lieferte 1824 im Auftrag des Königs Maximilian das Modell für einen silbernen Tafelaufsatz mit Darstellungen aus dem Mythus von Prometheus. Nachdem er 1827 von einem einjährigen Aufenthalt in Italien zurückgekehrt war, führte er in der Glyptothek zu München das Relief über der Eingangsthür, die Figuren an der Decke des Äginetensaals, die Ornamente der Decke des Niobidensaals, die Reliefs in den Kuppeln des Römersaals und die Reliefs im trojanischen Saal aus. Derselben Periode gehören ferner an die Statue Shakespeares im Vestibül des königlichen Hof- und Nationaltheaters und der Bacchusfries für den Speisesaal im Palais des Herzogs Max in München. Von 1832-34 schuf er in Rom einige Gruppen zum südlichen Giebelfeld der Walhalla und die Modelle zu den Malerstatuen der Pinakothek. 1835 zum Professor an der Akademie der Künste in München ernannt, sammelte er bald eine große Anzahl Schüler um sich. Zunächst wurden die Arbeiten für den Königsbau in Angriff genommen: die Bildwerke für die Zimmer des Königs, darunter der Fries aus dem Argonautenzug, die Bildwerke zu den Gedichten von Hesiod, die Reliefs nach Pindar, die Bilder zu Äschylos, Sophokles und Aristophanes, die Reliefbilder aus dem Mythus der Aphrodite im zweiten Konversationssaal u. a. An diese Arbeiten reihen sich jene des Saalbaues, namentlich die allegorischen Darstellungen der acht Kreise Bayerns auf der Attika und der große Gipsfries, welcher in Beziehung zu den Malereien Schnorrs aus dem Leben des Kaisers Friedrich Barbarossa steht, dann die Kompositionen zur Odyssee in den Gastzimmern, im Ballsaal und die zwölf Kolossalstatuen von Wittelsbacher Fürsten. Von seinen monumentalen Arbeiten in Marmor und Erz sind die ersten die beiden Giebelgruppen der Walhalla (s. Tafel "Bildhauerkunst VII", Fig. 4), deren nördliche, 15 Statuen aus der Hermannsschlacht, S. nach eignem Entwurf 1842 vollendete, während der südlichen ein Entwurf von Rauch zu Grunde liegt. Eine dritte Giebelgruppe fertigte er für das Ausstellungsgebäude in München: eine allegorische Darstellung des Wiederaufblühens der Künste in Bayern, eine vierte und fünfte schmücken die Münchener Propyläen und zeigen die Erhebung Griechenlands in den 20er Jahren. Das größte monumentale Werk Schwanthalers ist das 1850 aufgestellte, 19 m hohe Erzbild der Bavaria vor der Ruhmeshalle bei München. An diese Denkmäler reiht sich eine Anzahl von Statuen in historisch-romantischer Auffassung: die Marmorstatue des Kaisers Rudolf von Habsburg im Dom zu Speier (1843), das Denkmal des Sängers Frauenlob im Kreuzgang des Doms zu Mainz (1842), die Statue Mozarts auf dem Michaelsplatz in Salzburg (1842), das Monument des Großherzogs Karl Friedrich von Baden in Karlsruhe (1840) und das des Großherzogs Ludwig von Hessen in Darmstadt, die Goethestatue in Frankfurt (1843), die Statuen Jean Pauls in Baireuth (1841), des Markgrafen Friedrich Alexander von Brandenburg zu Erlangen (1843), Tillys und Wredes in der Feldherrenhalle zu München (1843), v. Kreittmayrs daselbst (1845), des Königs Karl Johann XIV. von Schweden in Norrköping, der Brunnen auf der Freiung zu Wien und das Denkmal des Donau-Mainkanals bei Erlangen. Im Schloß zu Wiesbaden sind die lebensgroßen Statuen der Venus, Diana, Vesta und Ceres, des Apollo, Amor, Bacchus und Pan von S., sämtlich in Sandstein und 1840 vollendet. Ferner sieht man in diesem Schloß auch zwei Statuen von Tänzerinnen in Lebensgröße, in weißem Marmor ausgeführt, Werke von hervorragender Schönheit. An diese reiht sich der Schild des Herkules, in Rom begonnen, eine Komposition in echt hellenischem Geist, welche nach Hesiods Dichtung in mehr als 140 Gestalten Hauptmomente der Göttermythe, des kriegerischen und friedlichen Lebens umfaßt. Dieser Schild wurde in Bronze gegossen und ist jetzt mehrfach in Deutschland und England zu finden. In der Walhalla sind die Büsten Mozarts und Walthers von Plettenberg und in der bayrischen Ruhmeshalle die des Ministers und Dichters E. v. Schenk und Wilhelm Kaulbachs seine Werke.