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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Taubert; Taubheit; Taubilder; Täubling; Taubmann; Taubnessel, stinkende; Taubsein der Glieder; Taubstummenanstalten

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Taubert - Taubstummenanstalten.

Schuh- und Zigarrenfabrikation, Marmorschneiderei und -Schleiferei, eine Kunstmühle, Bierbrauerei, Weinbau und -Handel und (1885) 3325 meist kath. Einwohner. T. war schon 725 ein bischöflicher Hof mit Kammerkloster, welches im 13. Jahrh. in ein Spital umgewandelt wurde. Hier 24. Juli 1866 Gefecht zwischen den Preußen und Württembergern.

Taubert, 1) Wilhelm, Klavierspieler und Komponist, geb. 23. März 1811 zu Berlin, bezog in seinem 16. Jahr die Berliner Universität, wo er philosophische Kollegien hörte, zugleich aber auch unter Berger und Klein Komposition studierte, und wirkte dann hauptsächlich als Lehrer, bis ihm 1831 die Leitung der Hofkonzerte am Klavier übertragen wurde. Zehn Jahre später wurde er zum Kapellmeister der königlichen Oper ernannt, und im Winter 1842/43 rief er die Symphoniesoireen der königlichen Kapelle ins Leben, welche er auch nach seiner 1870 erfolgten Pensionierung als Opernkapellmeister zu leiten fortfuhr. Seit 1839 Mitglied der Akademie der Künste, wurde er 1882 zum Präsidenten der musikalischen Sektion derselben ernannt. Als Komponist hat T. auf allen Gebieten Beachtenswertes geleistet; von seinen dramatischen Werken verdienen die Opern: "Die Kirmes" (1832), "Macbeth" (1857), "Cesario" (1874) sowie die auf Veranlassung Friedrich Wilhelms IV. geschriebene Musik zur "Medea" des Euripides und die Musik zu Shakespeares "Sturm" Erwähnung, obwohl sie, wie auch seine zahlreichen Instrumentalwerke, nur einen Achtungserfolg erzielten. Unbedingten Beifall haben dagegen seine Lieder gefunden, welche (namentlich die Kinderlieder) durch den Vortrag einer Jenny Lind, Johanna Wagner, A. Joachim und andrer Sängerinnen ersten Ranges zu seltener Popularität gelangten.

2) Ernst Eduard, Komponist, geb. 25. Sept. 1838 zu Regenwalde in Pommern, studierte zu Bonn Theologie, bildete sich hier unter Albert Dietrichs sowie später in Berlin unter Kiels Leitung in der Komposition aus und nahm dann in letzterer Stadt seinen Wohnsitz. Als Komponist, als Lehrer wie auch als Musikkritiker nimmt T. in Berlin eine hervorragende Stellung ein. Unter seinen Werken haben die für Kammermusik sowie eine große Zahl von Liedern allgemeinen Beifall gefunden.

3) Emil, Dichter, Sohn von T. 1), geb. 23. Jan. 1844 zu Berlin, studierte daselbst Philologie und Philosophie, wurde Lehrer am Friedrich Wilhelms-Gymnasium, 1877 Oberlehrer am königlichen Lehrerinnenseminar und 1886 zum Intendanturrat bei den königlichen Schauspielen ernannt. Er veröffentlichte außer Novellen etc. in Zeitschriften: "Gedichte" (Berl. 1865); "Neue Gedichte" (das. 1867); "Jugendparadies, Gedichte für jung und alt" (das. 1869) und "Juventas. Neue Dichtungen für jung und alt" (das. 1875); "Waffenklänge" (Zeitgedichte, das. 1870). Als talentvoller Schilderer von Naturszenen und lebendiger Erzähler bewährte er sich vor allem in den poetischen Erzählungen: "Der Goldschmied zu Bagdad", "Am Kochelsee" und "Die Cikade" (Leipz. 1880), denen "Die Niobide", Novelle (das. 1880), und "Der Torso", eine Künstlergeschichte in Versen (das. 1881), das epische Gedicht "König Rother" (Berl. 1883) u. die Novellen: "Der Antiquar" (das. 1882), "Sphinx Atropos" (das. 1883), "Marianne" (das. 1883), "Simson" (Gera 1886), "Laterna magika" (das. 1885) und "Langen und Bangen" (Berl. 1888) etc. nachfolgten.

4) A., Schriftstellerin, s. Hartmann 12).

Taubheit (Surditas), die höhern und höchsten Grade der Schwerhörigkeit (s. d.). Fälle von absoluter T. sind selten und beruhen immer auf vollständiger Lähmung beider Gehörnerven. Vgl. Taubstummheit.

Taubilder (Mosersche Bilder, Hauchbilder). Wenn man mit einem trocknen, nicht abfärbenden Gegenstand auf eine ebene Fläche schreibt, so treten die unsichtbaren Schriftzüge hervor, sobald man auf der Fläche durch Anhauchen eine zarte Schicht von Wasserbläschen erzeugt, weil die Wasserdämpfe auf den Schriftzügen anders kondensiert werden als auf der übrigen Fläche. Legt man auf eine polierte Metallfläche ein Petschaft, eine Münze oder einen geschnittenen Stein, so kann man nach einigen Stunden ebenfalls durch Anhauchen das Gepräge der Münzen auf der Metallfläche hervorrufen. Auf einer mit Jod geräucherten Silberplatte kann man T. mit Quecksilberdämpfen hervorbringen, indem sich diese bald vorzugsweise an denjenigen Stellen niederschlagen, an welchen eine Berührung stattfand, bald an den nicht berührten Stellen. Es bedarf sogar nicht einmal der unmittelbaren Berührung der Metallplatte und des Stempels; es genügt, wenn letzterer in sehr geringer Entfernung über der Platte aufgehängt wird. Moser nahm zur Erklärung dieser Erscheinung die Existenz eines latenten Lichts an; dagegen wies Waidele nach, daß es sich hier um Molekularwirkungen zwischen festen und gasförmigen Körpern handelt. Jeder feste Körper ist für sich mit einer Hülle verdichteter Luft umgeben, von welcher er durch Glühen, durch starkes anhaltendes Reiben oder durch Berührung mit absorbierenden Substanzen befreit werden kann. Wenn nun ein Stempel auf eine Platte gesetzt wird, so werden sich im allgemeinen die Oberflächen beider Körper nicht in einem gleichen Zustand der Reinheit befinden; an den Berührungsstellen geht also gewissermaßen ein Austausch der Atmosphären vor sich. Die Platte wird an der Stelle, wo der Stempel lag, je nach den Umständen mehr oder weniger Gase verdichtet haben als an andern Stellen, und hier werden also auch die Dämpfe stärker oder schwächer kondensiert werden. Das Bild wird mithin ein anderes, je nachdem der Stempel oder die Platte von ihrer Atmosphäre gereinigt worden war, und man erhält gar kein Bild, wenn man auf die gereinigte Platte einen gereinigten Stempel setzt.

Täubling, Pilz, s. Agaricus III.

Taubmann, Friedrich, Gelehrter, geb. 1565 zu Wonsees bei Baireuth, ward 1595 Professor der Dichtkunst in Wittenberg und starb daselbst 24. März 1613. Er that viel für Belebung der humanistischen Studien und bekämpfte mit den Waffen des Ernstes und Spottes die Verirrungen seiner Zeit. Bekannt ist die Sammlung seiner witzigen Einfälle und Aussprüche unter dem Titel: "Taubmanniana" (Frankf. 1713, Münch. 1831), die manche fremde Zuthaten enthält. Vgl. Genthe, Friedrich T. (Leipz. 1859); Ebeling, F. T. (3. Aufl., das. 1884).

Taubnessel, stinkende, s. Ballota.

Taubsein der Glieder, s. v. w. Absterben.

Taubstummenanstalten und Taubstummenunterricht. Die für Erziehung und Unterricht der Taubstummen bestimmten Anstalten verdanken ihren Ursprung den seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. hervortretenden Humanitäts- und Wohlthätigkeitsbestrebungen. Im Altertum (Aristoteles) wie im christlichen Mittelalter (Augustinus, römisches Recht) hielt man die Taubstummen für bildungsunfähig. Auch trug man öfters sogar religiöse Bedenken, Geschöpfen die Segnungen der Bildung sozusagen aufzudrängen, denen Gott die natürliche Befähigung für