Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

655

Thiersheim - Thiviers.

er für den Baron Sina die in Rom entworfenen Kartons: Charon als Seelenführer, Bakchos' Einzug in den Hain von Kolonos und Thetis' Klage um Achilleus ausgeführt hatte, folgte er 1860 einem Ruf nach Petersburg, wo er zahlreiche Bilder in den Kapellen der Großfürsten Nikolaus und Michael und in der protestantischen Katharinenkirche malte. Nach seiner Rückkehr entstanden für die Stiftskirche in Kempten die Auferweckung der Tochter des Jairus und Christus in Gethsemane, 1866 die Predigt des Paulus auf dem Areopag und in den folgenden Jahren Christus am Teich Bethesda, eine Ceres, die ihre Tochter sucht, ein Christus in der Wüste, Alarich in Athen als Sieger gefeiert und eine Kreuztragung Christi.

5) Friedrich, Architekt, Sohn von T. 2), geb. 18. April 1852 zu Marburg, besuchte 1868-73 das Polytechnikum in Stuttgart und bildete sich dann im Atelier von Mylius und Bluntschli für den praktischen Beruf aus. 1877 und 1878 bereiste er Italien und Griechenland und entwarf dann mit dem Maler Keuffel die Kartons für die dekorativen Malereien im Haupttreppenhaus des neuen Stadttheaters in Frankfurt a. M. Auf Grund dieser Arbeiten wurde er 1879 als Professor der Architektur an die Kunstakademie und die technische Hochschule in München berufen. Er beteiligte sich an der Konkurrenz um den Zentralbahnhof in Frankfurt a. M., wobei sein Entwurf angekauft wurde, und 1881 an der Konkurrenz um die Rheinbrücke in Mainz. Hier erhielt sein mit den Ingenieuren Lauten und Bilfinger entworfenes Projekt den ersten Preis. In weitern Kreisen wurde sein Name durch die Konkurrenz um das deutsche Reichstagsgebäude bekannt, bei welcher ihm ebenfalls der erste Preis zuerkannt wurde. Jedoch ward nicht er, sondern Wallot mit der Ausführung des Gebäudes betraut. T. veröffentlichte: "Die Königsburg von Pergamon" (Stuttg. 1882).

Thiersheim, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken, Bezirksamt Wunsiedel, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht und (1885) 1178 Einw.

Thiessow, Dorf und Seebad im preuß. Regierungsbezirk Stralsund, Kreis Rügen, auf der Südspitze der Halbinsel Mönchgut, hat eine Lotsenstation und 189 Einwohner.

Thietmar (Dietmar), Bischof von Merseburg, Geschichtschreiber der Zeit der sächsischen Kaiser, geb. 976 als Sohn des Grafen Siegfried von Walbek, mit dem sächsischen Kaiserhaus verwandt, im kaiserlichen Stift zu Quedlinburg, im Klosterberge und in Magdeburg gebildet, wurde 1002 Propst des von seinem Großvater gestifteten Klosters Walbek, 1009 Bischof von Merseburg und starb 1. Dez. 1019. Er schrieb eine Chronik in acht Büchern, welche die Geschichte von 908 bis 1018 umfaßt und an die Geschichte Merseburgs, Sachsens und der Wendenkriege wertvolle Mitteilungen zur Reichsgeschichte anschließt. T. ist in der Geschichte seiner Zeit gut unterrichtet, wahrheitsliebend und anschaulich in der Darstellung; namentlich sind die drei letzten Bücher (1014-18) fast wie ein Tagebuch. Weniger gut ist sein lateinischer Stil und die Komposition, da er immer neue Zusätze und Nachträge hinzufügte, die sich, da die eigne Handschrift Thietmars erhalten ist, leicht erkennen lassen. Die einzige zuverlässige Ausgabe ist die von Lappenberg in den "Monumenta Germaniae historica", Script. III (besonders, Hannov. 1889), die beste Übersetzung die von Laurent (2. Aufl., Berl. 1879).

Thimothygras ^[richtig: Timothygras], s. Phleum.

Thing, s. Ding.

Thinis, die älteste Stadt Ägyptens und Heimat des ersten Pharao, Mena oder Menes, des Begründers des ägyptischen Reichs und der Stadt Memphis, lag in Oberägypten westlich vom Nil, wo sich ca. 18 km südlich von Girge bei El Cherbe und Kôm es Sultân seine Reste erhalten haben, unweit der mit ihm in engen Beziehungen stehenden Totenstadt Abydos (s. d. 2).

Thiocyanverbindungen, s. Rhodanverbindungen.

Thionville (spr. tiongwil), Stadt, s. Diedenhofen.

Thioschwefelsäure, s. Unterschweflige Säure.

Thiosulfate, Unterschwefligsäuresalze, z. B. Natriumthiosulfat, unterschwefligsaures Natron.

Thirlmere (spr. thírlmihr), kleiner See in der engl. Grafschaft Cumberland, 1877 von der Stadt Manchester angekauft, die ihn in ein großes Reservoir für neu zu erbauende Wasserwerke verwandelt hat.

Thirsk, Stadt in Yorkshire (England), malerisch am Ostrand der Ebene von York und am Fuß der Hambletonhügel gelegen, mit (1881) 3337 Einw.

Thirst-quenchers (engl., spr. thörst-kwenntschers, "Durstlöscher"), moussierende Pastillen gegen Durst.

Thisted, dän. Amt, den nordwestlichsten Teil von Jütland umfassend, 1688 qkm (30,6 QM.) mit (1880) 64,007 Einw. Die gleichnamige Hauptstadt im sogen. Thyeland, am nördlichen Ufer des Limfjords, Endpunkt der Bahnlinie Struer-T, hat eine ansehnliche Kirche und (1880) 4184 Einw., die recht lebhaften Handel, Fischerei und Industrie treiben. T. ist Sitz eines deutschen Konsuls.

Thisted, Valdemar Adolf, dän. Dichter, bekannt unter dem Pseudonym Em. Saint-Hermidad, geb. 28. Febr. 1815 zu Aarhus, studierte Theologie in Kopenhagen, ward 1845 Adjunkt an der Realschule seiner Vaterstadt, 1855 Pfarrer im nördlichen Schleswig und 1862 nach größern Reisen im Süden zu Tömmerup auf Seeland, von welcher Stelle er sich 1870 entbinden ließ. Er starb 1889. Von seinen meist auch ins Deutsche übersetzten Werken sind hervorzuheben die Romane und Schilderungen: "Vandring i Syden" (1843); "Havfruen" (1846); "Tabt og funden" (1849, 2 Bde.); ferner: "Episoder fra et Reiseliv" (1850) und "Romerske Mosaiker" 1851), die Früchte einer Reise nach Italien; der Roman "Sirenernes Ö" (1853); das romantische Drama "Hittebarnet" (1854; "Neapolitaniske Aquareller" (1853) und "Hjemme og paa Vandring" (1854), novellistische Reisestudien; dann die Dichtungen: "Örkenens Hjerte" (1849) und "Bruden" (1851), nebst "Digte" (1861); endlich der Roman "Familieskatten" (1856). Großes Aufsehen erregten seine "Breve fra Helvede" ("Briefe aus der Hölle", 4. Aufl. 1871, unter dem Pseudonym M. Rowan). Thisteds Schriften zeichnen sich durch glänzende Darstellung und reiche Phantasie aus, leiden aber unter großer Weitschweifigkeit.

Thivä (Thebai), Hauptstadt einer Eparchie des griech. Nomos Attika und Böotien, an der Stelle der Kadmeia, der Burg des alten Theben (s. d. 2), gelegen, Sitz eines Bischofs, mit (1879) 3509 Einw. Aus dem Altertum hat sich nur wenig erhalten, abgesehen von den zahlreichen Quellen, die in den thebanischen Mythen eine Rolle spielen. In der Nähe wurden jüngst von der Deutschen Archäologischen Schule die Reste des von Pausanias geschilderten, berühmten Kabirentempels ausgegraben.

Thiviers (spr. tiwjeh), Stadt im franz. Departement Dordogne, Arrondissement Nontron, an der Eisenbahn Limoges-Périgueux, hat eine romanische Kirche, ein Schloß, Fabrikation von Fayence, Handel mit Vieh, Trüffeln und Käse und (1881) 2127 Einw.