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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Trinitatisfest - Trinkgelage.

dem abendländischen Filioque (s. Heiliger Geist) in die evangelische Kirche über, ja es ward der scholastische Lehrbegriff von den altprotestantischen Dogmatikern nur noch systematischer durchgeführt. Vgl. Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit (Tübing. 1841-43, 3 Bde.); Meier, Die Lehre von der T. (Hamb. u. Gotha 1844, 2 Bde.).

Trinitatisfest (Festum trinitatis), Fest zur besondern Verehrung der göttlichen Dreieinigkeit, wurde im 11. Jahrh. zuerst in den Klöstern gefeiert, auf der Synode von Arles 1260 in Frankreich eingeführt und vom Papst Johann XXII. 1334 zu einem allgemeinen Kirchenfest erhoben. Es fällt auf den ersten Sonntag nach Pfingsten; die darauf folgenden Sonntage bis zum Ende des Kirchenjahrs heißen Trinitatissonntage. Die griechische Kirche begeht das T. an einem der beiden Pfingstfeiertage.

Trinitrin, s. Nitroglycerin.

Trinitrokarbolsäure, s. Pikrinsäure.

Trinitrophenyl, s. Pikrinsäure.

Trinity House (spr. trinniti haus'), "Haus der Dreieinigkeit", eigentlich "Korporation der ältern Brüder der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit", eine bereits 1518 in England geschaffene Behörde, welche mit der Anlage und Unterhaltung von Leuchtfeuern, Land- und Seemarken beauftragt ist und das Lotsenwesen leitet. Ihr Sitz ist Trinity House beim Tower von London. Nur Seeleute werden als "jüngere" Brüder zugelassen. Die "ältern" Brüder ergänzen sich aus ihnen. An der Spitze steht ein "Master".

Trinityland, s. Südpolarländer.

Trinity River, Fluß im nordamerikan. Staat Texas, entspringt im N. desselben, ist wasserreich und mündet nach 530 km langem Lauf in die Galvestonbai. Er ist 300 km weit schiffbar.

Trinkerasyle, s. Trunksucht.

Trinkgefäße, aus Metall, Thon, Glas und andern Materialien hergestellte Gefäße, deren Grundformen der tiefe Napf, die flachere Schale und der cylindrische Becher sind. Wie noch heute bei den Naturvölkern ausgehöhlte Kürbis- oder Melonenschalen, Kokosnüsse u. dgl. als T. dienen, so wird auch bei den Urvölkern der aus ähnlichen Stoffen hergestellte Napf das erste Trinkgefäß gewesen sein, der bei wachsender Kultur dann aus Thonerde geformt und gebrannt wurde, und aus welchem durch Hinzufügung eines Fußes die Schale entstand. Schale und Becher sind die T. in den Homerischen Gedichten. Zu einem Trinkgefäß (Trinkschädel) hergerichtete Menschenschädel werden in prähistorischen Fundstätten hier und da angetroffen (Byciskálahöhle in Mähren). Die Sitte, aus den Schädeln der Feinde zu trinken, war im Altertum bei vielen Völkern (Kelten, Bojern und Skordiskern) verbreitet. Auch die Schädel der christlichen Märtyrer und Heiligen wurden in frühmittelalterlicher Zeit in Kirchen und Klöstern sorgfältig aufbewahrt und vielfach als T. benutzt. In dem Maß, als sich die Thonbildnerei und die Metallotechnik der Griechen entwickelten, nahmen die T. die mannigfaltigsten Formen an. Kantharos, Kylix und Phiale sind die Hauptnamen für Becher und Schalen zum Trinken (s. die einzelnen Artikel, vgl. auch Keramik und Vasen). Die Römer trieben einen besondern Luxus in Trinkgefäßen aus Edelmetall und Kristall. Silberne Becher aus römischer Zeit haben sich noch erhalten (s. Hildesheimer Silberfund). Im Mittelalter entwickelte sich aus dem Abendmahlskelch als bevorzugtes Trinkgefäß bei feierlichen Gelegenheiten der Pokal, ein auf einen mehr oder minder hohen, gegliederten Fuß gestellter Becher mit und ohne Deckel, während im gewöhnlichen Gebrauch Humpen, Krug, Kanne und Becher die üblichen T. waren. Die Ausbildung der Glasindustrie brachte neue Formen der T. auf, welche man unter dem allgemeinen Namen Gläser begreift. Die Formen wurden später durch die Flüssigkeit bedingt, für welche die T. bestimmt waren. Näheres über die Formen der verschiedenen T. findet man in den einzelnen Artikeln: Humpen, Paßglas, Pokal, Römer, Stengelgläser, Trinkhorn, Willkomm etc.

Trinkgelage, festliche Vereinigung zum Zweck des Genusses geistiger Getränke. Bei den Griechen begann das T. (Symposion) nach der Beendigung des eigentlichen Festmahls (s. Gastmahl), wenn der Nachtisch aufgetragen und dem guten Geist ein Trankopfer dargebracht worden war. Gäste, welche an dem T. nicht teilnehmen wollten, waren berechtigt, sich beim Auftragen des Desserts zu entfernen. Getrunken wurde nur mit kaltem oder warmem Wasser gemischter Wein; das kalte Getränk wurde noch mit Schnee gekühlt. Die Mischung selbst geschah im Mischgefäß (krater), gewöhnlich im Verhältnis von 3 Teilen Wasser zu einem Teil Wein, höchstens von 3 Teilen Wasser zu 2 Teilen Wein; aus dem Krater wurde dann das Getränk mit dem Schöpfer (oinochoë) in die Becher gefüllt. Man trank rote, weiße und gelbe Weine und mischte diese Sorten miteinander, namentlich magere, aber boukettreiche Weine mit fetten, auch wurden Würzen oder Honig oder sogar Wohlgerüche zugesetzt. Auch Obstweine wurden genossen. Die Leitung des Gelages übernahm ein von der Gesellschaft gewählter oder durch das Los (bez. Würfel) bestimmter Vorsteher (Symposiarch, basileus, archon tes poseos). Dieser setzte das Mischungsverhältnis fest, bestimmte die Zahl der den Trinkern zu verabreichenden Becher, die Regel, nach denen getrunken werden mußte, und legte bei Zuwiderhandlungen gegen diese Regeln Strafen auf, die gewöhnlich darin bestanden, daß ein Becher in einem Zuge geleert werden mußte. Wenn es auf starkes Trinken angelegt wurde (pinein pros bion), mußten tüchtige Quantitäten geschluckt werden. Auch das Zutrinken zur Rechten um den Tisch herum (epi dexia) und das Vortrinken von Person zu Person waren Sitte. Nicht minder mußte Strafe trinken, wer die vom Symposiarchen gestellten, oft scherzhaften Aufgaben, scherzhaften Rätsel und Fragen oder allerlei schwer ausführbare Kunststückchen nicht löste. Bei diesen Gelagen herrschte große Ungezwungenheit des Tons und geistreiche, witzige Unterhaltung. Zur Erhöhung des Genusses traten Flöten- und Zitherspielerinnen (Kitharistinnen) auf, jugendliche Sklaven produzierten mimische Darstellungen, und selbst Gaukler und Gauklerinnen wurden herbeigezogen. Wer im Wettkampf das Feld behauptete, erhielt zur Belohnung einen Kuchen; die Eingeschlafenen wurden verhöhnt und mit Wein begossen. In Rom wurde die Abhaltung besonderer T., welche sich ebenfalls an die Hauptmahlzeit (coena) anzuschließen pflegten, erst allgemeiner, als die Römer griechische Sitten angenommen hatten. Auch hier wurde das Trinken systematisch betrieben, und man hielt sich ziemlich streng an das griechische Vorbild. Eine besondere Sitte bildete das ad numerum bibere, wobei man so viele Becher leerte, als der Name des zu Feiernden Buchstaben enthielt, oder so viele Lebensjahre man ihm wünschte. Das in der Runde Trinken (circumpotatio) artete namentlich bei den Leichenschmäusen derartig aus, daß dieser althergebrachte Brauch durch besondere Gesetze der Dezemvirn ver-^[folgende Seite]