Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Unfehlbarkeit; Unform; Unfruchtbarkeit; Unfug; Unfundiert; Ung

995

Unfehlbarkeit - Ung.

Organen der Berufsgenossenschaft auf Grund vorausgegangener polizeilicher Untersuchung des Unfalls festgestellt, gegen diese Feststellung kann Berufung an ein Schiedsgericht, zu gleichen Teilen aus Mitgliedern der Genossenschaft und Vertretern der versicherten Arbeiter unter Vorsitz eines öffentlichen Beamten bestehend, in schwereren Fällen noch Rekurs an das Reichsversicherungsamt ergriffen werden. 1886 wurden an Verletzte Entschädigungen gewährt:

bei Berufsgenossenschaften bei Staatsbetrieben

Erwachsene männlich 9104 814

" weiblich 332 3

Jugendliche unter 16 Jahren männlich 224 -

" weiblich 43 -

Zusammen: 9723 817

Das Haftpflichtgesetz ist zwar für die nach Maßgabe des Unfallversicherungsgesetzes versicherten Personen außer Kraft gesetzt, doch bleibt es für alle übrigen Personen bestehen, dann für Betriebsbeamte mit mehr als 2000 Mk. Gehalt. Demgemäß hat denn auch die Privatversicherung ihre Bedeutung nicht ganz eingebüßt. Die U. für Arbeiter der Land- und Forstwirtschaft weicht von derjenigen für industrielle Arbeiter mehrfach ab. Durch Landesgesetzgebung kann die Versicherungspflicht auch auf Unternehmer erstreckt werden. Die als Entschädigung zu gewährende Rente wird nicht nach dem letzten Jahresverdienst des Verletzten, sondern nach dem durchschnittlichen Verdienst land- u. forstwirtschaftlicher Arbeiter am Orte der Beschäftigung bemessen. Die Rente kann, wenn der Lohn herkömmlich ganz oder zum Teil in Naturalien entrichtet wurde, ebenfalls in dieser Form gewährt werden. In den ersten 13 Wochen nach Eintritt eines Unfalls hat die Gemeinde, sofern eine Krankenversicherung nicht vorliegt, für die Kosten des Heilverfahrens aufzukommen. Die Versicherung erfolgt durch Berufsgenossenschaften, welche für örtliche Bezirke zu bilden sind. - Außer in Deutschland besteht noch eine besondere Unfallgesetzgebung in England (Gesetz vom 7. Sept. 1880), in der Schweiz (Gesetz vom 25. Juni 1881, abgeändert durch Gesetz vom 26. April 1887) und in Österreich (Gesetz vom 28. Dez. 1887). Nach dem österreichischen Gesetz sind die versicherungspflichtigen Betriebe nur annähernd die gleichen wie nach dem deutschen Gesetz von 1884; im wesentlichen erstreckt es sich auf den industriellen Gewerbebetrieb. Die Versicherungsbeiträge werden nach einem von der Versicherungsanstalt aufzustellenden, staatlich zu genehmigenden Tarif bemessen. 10 Proz. derselben fallen dem Versicherten, 90 Proz. dem Unternehmer des versicherungspflichtigen Betriebs zur Last. Mit Rücksicht auf die Beitragsleistung der Arbeiter wurde die Karenzzeit auf nur vier Wochen festgesetzt. Die Versicherung erfolgt durch territoriale, auf Gegenseitigkeit beruhende Anstalten (Territorialsystem), neben welchen bei Erfüllung bestimmter Bedingungen als gleichberechtigt auch Privatanstalten und Berufsgenossenschaften zugelassen sind. Auf die Verwaltung übt der Staat einen weiter gehenden Einfluß aus als in Deutschland.

Vgl. Mucke, Die tödlichen Verunglückungen im Königreich Preußen (Berl. 1880); Woedtke, Kommentar zum Unfallversicherungsgesetz (3. Aufl., das. 1888); Derselbe, Die U. der in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben beschäftigten Personen (2. Aufl., das. 1888); Just, Desgleichen (das. 1888); Nienhold, Die U. (Leipz. 1886); Döhl, Die U. (das. 1886); Hahn, Haftpflicht und U. (das. 1882); Schloßmacher, Die öffentlich-rechtliche U. im Zusammenhang mit der Sozialreform (Mind. 1886); Ertl, Das österreichische Unfallversicherungsgesetz (Leipz. 1887); Becker, Anleitung zur Bestimmung der Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit nach Verletzungen (Berl. 1887); Stupp, Handbuch zur U. (Sammlung der Verordnungen, Entscheidungen etc., 3. Jahrg., Münch. 1888); Schmitz, Sammlung der Bescheide, Beschlüsse und Rekursentscheidungen des Reichsversicherungsamtes (Berl. 1888); Lutscher, Die Unfall-Statistik der Berufsgenossenschaften und ihr Einfluß auf die Beiträge der Mitglieder (Düsseld. 1889); Platz, Die Unfallverhütungsvorschriften (Berl. 1889). Zeitschrift: "Die Arbeiterversorgung" (hrsg. von Schmitz, das., seit 1884), in welcher auch die Entscheidungen der Landesversicherungsämter veröffentlicht werden.

Unfehlbarkeit, s. Infallibilität.

Unform, Pflanzen, s. Amorpha.

Unfruchtbarkeit (Sterilität), die beim Weib vorkommende Unfähigkeit, Kinder zu gebären. Die Ursachen sind entweder in mangelhafter Bildung der Eier infolge fehlerhafter Anlage, hohen Alters oder Erkrankung der Eierstöcke zu suchen, oder in krankhafter Beschaffenheit der Eileiter, oder vor allem in chronisch entzündlichen Veränderungen, Verlagerung oder Knickungen der Gebärmutter (s. Zeugungsvermögen). Die erste Gruppe von Fällen ist unheilbar, was besonders von gerichtlich-medizinischer Bedeutung ist, die zweite Gruppe ist das wesentliche Feld der Thätigkeit für die Frauenärzte und bietet namentlich bei chirurgischer Behandlung oft glänzende Erfolge. Vgl. Beigel, Pathologische Anatomie der weiblichen U. (Braunschw. 1878); Mayrhofer, Sterilität etc. (Stuttg. 1878-82); Duncan, Sterilität bei Frauen (deutsch von Hahn, Berl. 1884); P. Müller, Die U. der Ehe (Stuttg. 1885); Kisch, Die Sterilität des Weibes (Wien 1886).

Unfug, Störung der öffentlichen Ordnung; ungebührliche Belästigung des Publikums. Das deutsche Strafgesetzbuch (§ 360, Ziff. 11) bedroht groben U. mit Geldstrafe bis zu 150 Mk. oder mit Haft bis zu sechs Wochen. Die Praxis der Gerichte faßt den Begriff dieser Übertretung sehr weit und beschränkt ihn keineswegs nur auf eigentliche Ruhestörungen. Beschimpfender U., an Zeichen der öffentlichen Autorität, in Kirchen oder andern zu religiösen Versammlungen bestimmten Orten oder an Gräbern verübt, ist mit besondern Strafen bedroht. Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 103a, 135, 166, 168.

Unfundiert, Gegensatz zu fundiert (s. Fundieren). Unfundierte Schuld, s. v. w. schwebende Schuld, s. Staatsschulden, S. 203.

Ung (Ungh), ungar. Komitat am rechten Theißufer, zwischen Galizien und den Komitaten Zemplin, Szabolcs und Bereg, umfaßt 3053 qkm (55,4 QM.), ist im N. und O. gebirgig (Vihorlatgebirge und Ostbieskiden) und teilweise (ein Drittel) wildreiches Waldland, im S. dagegen eben und zum Teil auch sumpfig. U., das von der Latorcza, der Laborcza, dem in letztere mündenden Fluß U. und vielen Nebenflüssen desselben bewässert wird, ist nur im S. und zum Teil auch in den Thälern fruchtbar (Roggen, Hafer, Hanf und auch Wein) und hat (1881) 126,707 meist ruthenische, ungarische und slowak. Einwohner (griechischer, unierter und kath. Konfession). Sitz des Komitats ist die Stadt Ungvár (ehemals Festung), Station der Ungarischen Nordostbahn (Nyiregyháza-Ungvár), am Fluß U., Sitz des Munkácser griechisch-uniert-ruthenischen Bischofs- und Domkapitels, mit prächtiger Hauptkirche, Nonnen-^[folgende Seite]