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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Ungarweine; Ungedeckte Noten; Ungehorsam

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Ungarweine - Ungehorsam.

Verfassungspartei wegen ihrer kurzsichtigen Opposition gegen die auswärtige Politik der Krone ihre maßgebende Stelle einbüßte. Indem Tisza entschieden dafür eintrat, daß der Staat vor allem ungarisch sein, gleichzeitig aber in der Gesamtmonarchie seine Interessen nachdrücklich zur Geltung bringen müsse, gelang es ihm immer wieder, die Opposition im Parlament zu besiegen und bei den Wahlen die Mehrheit zu behalten. In der That war das Programm der äußersten Linken, Losreißung von Österreich, unausführbar und, wenn es ausgeführt worden wäre, von den schädlichsten Folgen für U. Die Finanzverhältnisse nahmen immer noch die besondere Aufmerksamkeit in Anspruch, da das Defizit aus dem Staatshaushalt nicht zu beseitigen war. Es wurden daher frühere Anleihen zu einem geringern Zinsfuß konvertiert und neue Steuern eingeführt, andre erhöht. Die Magyarisierung der Schulen wurde 1883 durch ein Gesetz über die Mittelschulen, welches die Kenntnis des Magyarischen für alle Prüfungen vorschrieb, fortgesetzt. Die Ablehnung eines Gesetzes über die Eheschließung zwischen Christen und Juden durch das Oberhaus (1884) brachte die lange beabsichtigte Reform desselben in Gang. Dieselbe wurde 1886 zum Gesetz erhoben, beseitigte die alte Magnatentafel, die nahezu 900 zu zwei Dritteln gänzlich verarmte Mitglieder zählte, und bestimmte, daß fortan außer 50 von der bisherigen Tafel zu wählenden Magnaten, 30 von der Regierung zu ernennenden Mitgliedern, den katholischen Prälaten und den protestantischen Kirchenhäuptern das Magnatenhaus aus denjenigen Magnaten bestehen solle, welche 3000 Gulden Grundsteuer zahlten. Die Opposition versuchte vergeblich, Tisza zu stürzen; selbst ein Anfang 1889 mit Volksaufläufen verbundener heftiger Ansturm gegen das neue Wehrgesetz, welches die Pflichten der Einjährig-Freiwilligen verschärfte und die Kenntnis der deutschen Sprache von allen Reserve- und Landwehroffizieren verlangte, vermochte die Stellung des gewandten Mannes nicht zu erschüttern.

[Litteratur.] Schwandtner, Scriptores rerum hungaricarum (Wien 1746-48, 3 Bde.); Endlicher, Rerum hungar. monumenta Arpadiana (St. Gallen 1849); Katona, Historia critica regum Hungariae (Pest 1779-97, 42 Bde.); Pray, Annales regum Hungariae (Wien 1764-70, 5 Bde.); Engel, Geschichte des ungarischen Reichs und seiner Nebenländer (Halle 1797-1804, 4 Bde.); Derselbe, Geschichte des Königreichs U. (Wien 1814-15, 5 Bde.); Feßler, Geschichte der Ungarn und ihrer Landsassen (neue Bearbeitung von Klein, Leipz. 1867 bis 1883, 5 Bde.); Mailáth, Geschichte der Magyaren (2. Aufl., Regensb. 1852-53, 5 Bde.); Szalay, Geschichte Ungarns (deutsch von Wögerer, Pest 1870 bis 1875, 3 Bde.); Horváth, Geschichte Ungarns (deutsch, das. 1863, 2 Bde.), und desselben größeres Werk in ungarischer Sprache (3. Aufl., das. 1873, 8 Bde.); Krajner, Die ursprüngliche Staatsverfassung Ungarns (Wien 1872); Büdinger, Ein Buch ungarischer Geschichte, 1058-1100 (Leipz. 1866); Marczali, Ungarns Geschichtsquellen im Zeitalter der Arpaden (Berl. 1882); Salamon, U. im Zeitalter der Türkenherrschaft (deutsch, Leipz. 1887); Horváth, Fünfundzwanzig Jahre aus der Geschichte Ungarns, 1823-48 (deutsch, das. 1867, 2 Bde.); Szemere, Hungary from 1848 to 1860 (Lond. 1860); Vargyas, Geschichte des ungarischen Freiheitskampfes (Preßb. 1869); Springer, Geschichte Österreichs seit dem Wiener Frieden 1809, Bd. 1 u. 2 (Leipz. 1863-65); Rogge, Österreich von Világos bis zur Gegenwart (das. 1872-73, 3 Bde.); Ujfalvy, La Hongrie, son histoire, sa langue, sa littérature (Par. 1872); Léger, La Hongrie politique et religieuse (Brüssel 1860); Derselbe, La Hongrie et les Slaves (das. 1860); Sayous, Histoire générale des Hongrois (Par. 1876, 2 Bde.); "Ungarische Reichstagsakten"; "Historisches Archiv", herausgegeben von der Ungarischen Historischen Gesellschaft.

Ungarweine, die in Ungarn und seinen ehemaligen Nebenländern erzeugten Weine, zeigen eine außerordentliche Mannigfaltigkeit, aber sämtlich einen südlichen Charakter. Der edelste Ungarwein, welcher eine ganz exzeptionelle Stellung einnimmt, ist der Tokayer (s. Tokay); ihm am nächsten steht der Menes-Magyarat aus dem Arader Komitat, weiße und rote starke Ausbruch- und Tafelweine, dann der Ruster aus dem Ödenburger Komitat, weiße, starke, süße, aromatische Ausbruch- und Tafelweine, von denen die Ausbrüche besonders im Ausland, vor allem in England, beliebt sind. Alle diese Hauptgewächse stufen sich nach Lage, Mostung und Kellerbehandlung von den edelsten Dessertweinen bis zu gewöhnlichen Tischweinen ab. Ausgezeichnete rote Tafelweine kommen von Erlau, Vifonta, Szegszard, Villany, dem Baranyaer Komitat, Ofen und Umgebung, Vajujhely, Krassóer Komitat. Die Szegszarder Weine, etwas schwer und öfters erdig, zeichnen sich besonders durch ihre reiche Farbe aus und werden vielfach exportiert, um auf Médoc verarbeitet zu werden. Die besten Plätze für weiße Weine sind: Magyarat, Somlo, das Veszprimer Komitat, Badacson, die Plattenseegegend, Naszmely, Ermellak, Pest-Steinbruch, Szerednye, die Komitate Neograd, Hont, Preßburg, Weißenburg, Somogy und Eisenburg. Die besten Somlauer Weine, entsprechend behandelt, stehen dem besten Sauterne nicht nach. Als ungarische Rheinweine kommen verschiedene aus Riesling und Traminer gewonnene Weine in den Handel. Die Weine des Banats und der Woiwodina sind im Durchschnitt den kleinen Ungarweinen gleich und überschreiten nur in seltenen Ausnahmen die dritte Rangklasse. Man bereitet in ganz Ungarn und seinen Nebenländern auch "gekochte Weine" aus eingedampftem Most, welche unter den Namen "Wermut" und "Senf" in den Handel kommen. Derartige Senfweine liefert besonders Werschetz. Schaumwein wird in Preßburg und Pest in großem Maßstab dargestellt.

Ungedeckte Noten, die Banknoten, für welche nicht Barvorräte zur Einlösung vorhanden sind (s. Banken, S. 325).

Ungehorsam (Kontumaz), in der Rechtssprache das Nichtbefolgen einer richterlichen Auflage, sei es einer Ladung oder einer richterlichen Anweisung zur Vornahme oder Unterlassung einer Handlung. Die Folgen, welche der U. im Strafprozeß nach sich zieht, sind von denjenigen verschieden, welchen der Ungehorsame (Kontumax) im bürgerlichen Rechtsstreit ausgesetzt ist. Denn der moderne Strafprozeß wird von dem Grundsatz der Mündlichkeit des Verfahrens beherrscht, und diesem entspricht die Regel, daß die Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung notwendig ist. Nur ausnahmsweise kann bei U. des Angeklagten in dessen Abwesenheit verhandelt und entschieden werden. Die deutsche Strafprozeßordnung unterscheidet dabei zwischen dem abwesenden und dem ausgebliebenen (flüchtigen) Angeklagten. Als abwesend gilt der Angeklagte, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist, oder wenn er sich im Ausland aufhält und seine Gestellung vor das zuständige Ge-^[folgende Seite]