Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wilhelm

637

Wilhelm (Braunschweig, England).

lang gemeinschaftlich mit seinem Bruder Ludwig, über die bayrischen Lande, welche er vereinigt seinen Nachkommen hinterließ, ließ sich 1524 vom Papste durch die Abtretung der Hoheitsrechte über die bayrischen Bischöfe und der Einkünfte der kirchlichen Institute für die Sache des Katholizismus gewinnen und war einer der eifrigsten Gegner der Reformation, die er in seinem Land nicht aufkommen ließ. Er nahm auf seiten Karls V. am Schmalkaldischen Krieg teil; doch gelang es ihm nicht, die pfälzische Kurwürde an sich zu bringen. Nachdem er durch die Berufung der Jesuiten nach Ingolstadt diese Universität zum Hort der katholischen Reaktion gemacht, starb er 1550.

[Braunschweig.] 7) W. August Ludwig Maximilian Friedrich, Herzog von Braunschweig, geb. 25. April 1806, zweiter Sohn des 1815 bei Quatrebras gefallenen Herzogs Friedrich Wilhelm und der Prinzessin Maria Elisabeth Wilhelmine von Baden, welche nach der Schlacht bei Auerstädt im Oktober 1806 mit W. und seinem ältern Bruder, Karl, nach Schweden und dann nach Bruchsal sich begab, wo sie 20. April 1808 starb. Die Prinzen wurden hierauf seit 1809 unter der Aufsicht ihrer Großmutter, der verwitweten Herzogin Auguste, einer Schwester des Königs Georg III., in England, seit 1814 nach der Rückkehr nach Braunschweig unter der Vormundschaft des Königs Georg IV. von Großbritannien vom Hofrat Eigner erzogen. W. studierte 1822 in Göttingen und trat 1823 als Major in ein preußisches Kürassierregiment. Sein Bruder, der Herzog Karl von Braunschweig, trat ihm 1826 das Fürstentum Öls in Schlesien ab. Als dieser durch den Aufstand 7. Sept. 1830 vertrieben worden war, übernahm W. 28. Sept. provisorisch die Regierung des Landes und, nachdem eine Familienakte des Gesamthauses Braunschweig vom Februar 1831 den Herzog Karl für absolut regierungsunfähig erklärt hatte, 20. April 1831 definitiv. Er regierte meist in ungetrübtem Einverständnis mit den Ständen und überließ die Leitung der Staatsgeschäfte mehr und mehr seinen Ministern, während er einen großen Teil des Jahrs außer Landes, namentlich in Öls, zubrachte. 1866 trat er nicht auf die Seite von Preußens Gegnern und schloß sich dem Norddeutschen Bund an, weigerte sich aber hartnäckig, mit Preußen eine Militärkonvention zu schließen, und blieb dem preußischen Hofe fern, da dieser seinen Wunsch, den Herzog von Cumberland als seinen Erben anzuerkennen, nicht erfüllte. W. starb 18. Okt. 1884 in Sibyllenort und ward im Dom zu Braunschweig beigesetzt. Mit ihm erlosch die ältere braunschweigische Linie der Welfen. Sein Privatvermögen vermachte er dem Herzog von Cumberland, seine Allodialgüter in Schlesien dem König von Sachsen, während Öls an Preußen zurückfiel. Vgl. Braunschweig, S. 365.

[England.] 8) W. I., der Eroberer, König von England, Stifter der englisch-normänn. Dynastie, geb. 1027 als der natürliche Sohn Roberts II., des Teufels, Herzogs von der Normandie, ward 1033, als sein Vater eine Pilgerfahrt nach dem Gelobten Land antrat, als Nachfolger im Herzogtum anerkannt und 1035 nach dem Tod Roberts Herzog. 1046 trat er selbst die Herrschaft an und vermählte sich 1053 mit Mathilde, der Tochter Balduins V. von Flandern. In zahlreichen Fehden mit benachbarten Herren gewann er Kriegserfahrung und Ruhm. Schon 1051 stattete er seinem schwachen Verwandten Eduard dem Bekenner, König von England, einen Besuch in London ab, bei welcher Gelegenheit ihm dieser Versprechungen in Bezug auf die Erbfolge in England gemacht haben soll. Als nun nach dem am 5. Jan. 1066 erfolgten Ableben Eduards Graf Harald von Wessex von den englischen Großen auf den Thron erhoben wurde, landete W. 29. Sept. 1066 mit 60,000 Mann bei Hastings und lieferte hier seinem Nebenbuhler 14. Okt. eine blutige Schlacht, in der Harald mit dem Kern des angelsächsischen Adels blieb. Nachdem W. darauf London eingenommen hatte, ließ er sich 25. Dez. 1066 in Westminster krönen. Mit den Ländereien der Krone und der im Kampf gefallenen Angelsachsen stattete er seine normännischen Barone aus, führte eine scharfe Polizei ein, erbaute in London und den Provinzen Burgen, schritt aber zunächst noch nicht zu einer allgemeinen Umgestaltung der Besitzverhältnisse. Dazu veranlaßten ihn erst die Versuche der Angelsachsen, die Fremdherrschaft abzuschütteln. Einem 1067 von W. glücklich unterdrückten Aufstand im nördlichen und westlichen England folgte 1068 eine weit gefährlichere Empörung in Northumberland zu gunsten des Edgar Aetheling, eines Abkömmlings des alten Königshauses, der auch von den Königen Malcolm von Schottland und Svend Esthridson von Dänemark unterstützt wurde. Letzterer, der ebenfalls Ansprüche auf den englischen Thron machte, schickte seinen Bruder Osbjörn und zwei seiner Söhne ab, die an der Humbermündung landeten. W. bewog indes Osbjörn durch Bestechung zum Versprechen, im nächsten Frühjahr abzuziehen, zwang den nach dem Abzug der Dänen ebenfalls in England eingefallenen Malcolm zum Rückzug und verwandelte das ganze nördliche England in eine Einöde. Hierauf erst schritt er zur systematischen Schwächung und Zurückdrängung der angelsächsischen Adelsfamilien im ganzen Land und zur vollen Durchführung der normännischen Feudalverfassung. Auch führte er die normännisch-französische Sprache in allen Zweigen des öffentlichen Lebens ein. Alle spätern Empörungsversuche der Angelsachsen, mit denen sich auch einzelne mißvergnügte normännische Barone verbanden, und denen einmal sogar eine Erhebung Roberts, des ältesten Sohns von W., gegen seinen Vater zu statten kam, blieben vergebens und wurden von dem König mit blutigster Strenge unterdrückt. Mit dem Scheitern eines von König Knut dem Heiligen von Dänemark geplanten Einfalls 1084 durfte W. seine Herrschaft als gesichert ansehen. 1086 vollendete er sein berühmtes »Domesday-book«, ein Grund- und Steuerkatasterbuch für das ganze Land, das eine vortreffliche Grundlage für die Statistik des mittelalterlichen England gewährt. Äußerst streng waren Wilhelms Jagdgesetze, die selbst das Betreten der königlichen Forsten bei den härtesten Strafen verboten; um seiner Jagdlust zu frönen, ließ W. in der Gegend von Winchester einen blühenden Landstrich im Umfang von mehr als 30 Meilen in Wald verwandeln. Die Begünstigung der Aufstände seines Sohns Robert durch Philipp I. von Frankreich verwickelte W. in Krieg mit demselben; im August 1087 fiel er in das französische Gebiet ein, zog sich aber in Mantes sur Seine durch einen Sturz vom Pferd eine Verletzung zu und starb an deren Folgen 7. Sept. d. J. in Rouen. Zu Caen ward der von seinen Vasallen und Dienern verlassene und beraubte Leichnam des Königs bestattet. Zu Falaise ward 1851 seine Statue aufgestellt. Seiner Anordnung gemäß folgte ihm in der Normandie der älteste Sohn, Robert, in England der zweite, Wilhelm II.; der dritte, Heinrich, erhielt die Verlassenschaft seiner vier Jahre vorher verstorbenen Mutter. Vgl. Freeman, History of the Norman conquest of England. Bd. 4 und 5 (Oxf. 1876