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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Jütting; Kabelschutzkonvention

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Jütting - Kabelschutzkonvention.

und G. v. Mayr in Deutschland Eingang gefunden hat, hier aber von Knapp, Drobisch und Rehnisch bekämpft wird. Sie basiert im Wesen auf dem Comtismus, und ihr Grundgedanke ist, daß der menschliche Wille nur die Rolle einer accidentellen Ursache spielt, welche die Wirkung der konstanten Ursachen der Erscheinungen nicht wesentlich zu berühren vermag, von denen die menschliche Geisteswelt ebenso wie die gesamte Natur mit Notwendigkeit beherrscht sei. Ziemlich jung, aber im Wesen verwandt, ist die anthropologisch-evolutionistische Richtung Lombrosos (s. d.) und seiner Schule in Italien, welche die Naturnotwendigkeit des Verbrechens vorwiegend durch die körperliche Naturanlage des Menschen begründet findet. Die dritte Richtung ist die sozial-ethische A. v. Öttingens; dieselbe beruht auf der Erkenntnis des Zusammenhanges des Individuums mit der Gesellschaft und der Bedingtheit des erstern von der letztgenannten, wodurch sich die Struktur der Massenerscheinungen und der Gedanke der sozialen Mitschuld ergibt, welcher von Öttingen theologisch-dogmatisch aufgefaßt wird. Im Gegensatz zu diesen drei Richtungen metaphysischer Art steht ein gewisser statistischer Kritizismus (v. Inama-Sternegg, Platter), der an Stelle der Einführung spekulativer Elemente in die induktive Beweisführung vielmehr die exakte Induktion methodischer Massenbeobachtung fordert. Neben diesen genannten drei metaphysischen Richtungen und ihren kritischen Gegnern stehen dann zahlreiche historisch-deskriptive Bearbeitungen. Diese lehnen sich vorwiegend an die 60jährige, zusammenhängende Reihe der französischen kriminalistischen Daten (Ferri, Tarde, Lacassagne, Chaussinand, Robiquet, Soquet etc.), dann an die sehr detaillierte italienische amtliche Statistik (Pavia, Ferri, Lucchini, Soldau, Barzilai etc.) und endlich an die preußische Statistik an (Valentini, Schrader, Stursberg, Starke, Mittelstädt, Illing, Aschrott etc.). Zu Vergleichungen zwischen den Verhältnissen mehrerer Staaten findet sich bei der Eigenart der kriminal-statistischen Daten weniger Anlaß (Bourdet, Bosco etc.). Dabei wäre es aber gefehlt, nicht auch auf die stellenweise trefflichen amtlichen Bearbeitungen des kriminal-statistischen Materials hinzuweisen. In erster Linie gilt dies bezüglich der Bearbeitung der französischen offiziellen Kriminalstatistik durch Yvernès, insbesondere im Jahrgang 1880 des »Compte rendu«, welcher die ganze Periode 1826-80 umfaßt; ferner bezüglich der bayrischen (v. Mayr) und sächsischen (Böhmert) Statistik, endlich früher (1849-59) und auch neuerdings wieder bez. der österreichischen und endlich der italienischen Arbeiten Bodios. Die Kriminalstatistik des Deutschen Reichs bietet mehr eine Umschreibung der amtlich erlangten Zahlen als eine ursachliche Durchforschung derselben. Vgl. E. Mischler in Holtzendorff-Jagemanns »Handbuch des Gefängniswesens«, Bd. 1 (Hamb. 1887); Derselbe, Zur Organisation und Methodik der Kriminalstatistik (in der Wiener »Statistischen Monatsschrift«, Bd. 16, Heft 5).

Jütting, Wübbe Ulrichs, Schulmann und pädagog. Schriftsteller, geb. 9. Nov. 1825 zu Holte (Ostfriesland), trat unmittelbar nach zurückgelegter Volksschule 1842 als Schulgehilfe zu Pogum ein, wirkte seit 1843 in verschiedenen Lehrerstellen, wurde 1853 Elementarlehrer am Gymnasium zu Aurich, studierte darauf 1864-66 in Göttingen besonders noch neuere Sprachen, erwarb 1865 die Doktorwürde, wurde im folgenden Jahre Rektor der höhern Bürgerschule zu Einbeck, 1873 erster Lehrer am Seminar zu Eisleben und 1876 Seminardirektor in Erfurt. 1883 trat er in den Ruhestand und starb 25. Juli 1890 in Burg bei Magdeburg. J. hat eine überaus rege litterarische Thätigkeit entfaltet. Seine Erstlingsschrift war: »Das Evangelium vom barmherzigen Samariter oder: Fordert es unsre Nächstenpflicht, Schleswig-Holstein im Kampfe gegen Dänemark zu unterstützen?« (Oldenb. 1851). Es folgten: »Übungsbuch für den Unterricht in der deutschen Sprache« (Aurich 1860 u. öfter); »Biblisches Wörterbuch« (Leipz. 1864); »Sprachliche und pädagogische Abhandlungen« (Aurich 1868; 2. Bd., Leipz. 1872-75) u. a. Auch gab er 1860-64 das »Ostfriesische Schulblatt« heraus. In weitern Kreisen wurde sein Name bekannt durch das nachdrückliche Eintreten für Besserung der äußern Lage der preußischen Volksschule und Volksschullehrer in mehreren Schriften (»Geschichte des Rückschrittes in der Dotation der preußischen Volksschule«, Mind. 1870; »Zur Dotation der preußischen Volksschule«, 1871; »Die ungenügende Besoldung der preußischen Volksschullehrer«, 1871; »Die Küsterfrage«, 1872) und der von ihm angeregten Denkschrift vom 20. Dez. 1871 an den Kaiser, das Staatsministerium und an beide Häuser des Landtags, die 19,236 Unterschriften fand. Von seinen nachher veröffentlichten zahlreichen Schriften erwähnen wir, abgesehen von einer Reihe mehrfach abgestufter Lesebücher, die er teils mit Vorbrod, teils mit Weber herausgab: »Die deutsche Sprache, methodisch behandelt« (Baden-Baden 1884); »Phonetische, etymologische und orthographische Essays« (Wittenb. 1884); »Unterricht im Deutschen für das erste Schuljahr« (Leipz. 1885); »Wanderungen im Reiche der Natur« (nach dem Holländischen, das. 1879); »Anschauungsunterricht und Heimatkunde« (mit Weber, 4. Aufl., das. 1889). Vgl. Meis, Jüttings Leben (Leipz. 1891).

K.

Kabelschutzkonvention. Mit Rücksicht auf die eigenartige Natur der unterseeischen Telegraphenverbindungen (Kostspieligkeit der Herstellung, Schwierigkeit der Instandsetzungsarbeiten, Gefährdung öffentlicher und privater Interessen bei Betriebsstörungen) hat es sich als unabweislich erwiesen, den Seekabeln einen internationalen Schutz gegen absichtliche oder fahrlässige Beschädigungen sowie den mit der Legung oder Ausbesserung von Kabeln beschäftigten Schiffen, den sogen. Kabelschiffen, einen besondern Schutz gegen Behinderung oder Störung ihrer Arbeiten zu gewähren. Auf Einladung der französischen Regierung trat im Oktober 1882 und im Oktober 1883 in Paris eine internationale Konferenz zusammen, aus deren Beratungen ein Vertragsentwurf hervorging, über welchen die beteiligten Regierungen sich innerhalb 3 Monaten erklären sollten. Eingetretene Meinungsverschiedenheiten sowie der Umstand, daß mehrere der beteiligten Mächte mit dem Erlaß der erforderlichen Ausführungsgesetze im Rückstand blieben, hatten noch verschiedene Nachkonferenzen zur Folge, deren letzte 1. Juli 1887 endgültig geschlossen wurde,