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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kunstgewerbliche Litteratur

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Kunstgewerbliche Litteratur (1882-90).

farbentechnik noch nicht abgewonnen hatten. Nächst ihm sind die Römer Cesare Biseo, Domenico Pennachini, P. de Tommasi, C. Bompiani Battaglia, Carlo Ferrari, die Venezianer Alessandro Zezzos, Luigi da Rios, Silvio G. Rotta, Cesare Laurenti und der Mailänder Gerolamo Induno hervorzuheben, von denen einige Aquarelle von ungewöhnlich großem Umfang eingesandt hatten. In der französischen Abteilung waren ein lebensgroßes Aquarellbildnis des Radierers Legros bei seiner Arbeit von dem durch seine koloristischen Experimente bekannten P. A. Besnard, in der holländischen eine sonnige Waldpartie mit einem schlafenden Schafhirten, Aquarell von Adolf Artz im Haag, und in der norwegischen die mit Pastellstiften gezeichneten, stark impressionistischen Winterlandschaften von Fritz Thaulow in Christiania unter technischen Gesichtspunkten besonders beachtenswert.

Dagegen lieferten die Sonderausstellungen der deutschen Kunststädte Berlin, München, Düsseldorf, Weimar, Dresden, Karlsruhe und Stuttgart ein reichhaltiges Material, nach dem der Grad der Virtuosität ausreichend beurteilt werden konnte, den gegenwärtig Aquarell- und Pastelltechnik in Deutschland erreicht haben. Es hat danach fast den Anschein, als sei die höchste Stufe bereits erklommen, da einige Künstler darauf gekommen sind, zur Erhöhung der malerischen Wirkung Aquarell-, Gouache- und Pastelltechnik auf demselben Bilde miteinander zu vereinigen. Nach dem von der Dresdener Ausstellung gelieferten Material sind gegenwärtig die geschicktesten und zugleich künstlerisch bedeutendsten Aquarellisten und Pastellzeichner Deutschlands der Münchener Landschafts- und Marinemaler Hans v. Bartels, die Berliner Landschaftsmaler Hans Gude, A. Hertel, Hans Herrmann, L. Dettmann, M. Rabes, die Dresdener Landschaftsmaler Max Fritz und Erwin Öhme, die Karlsruher Landschaftsmaler Hugo Knorr und H. Baisch, der Hamburger Landschaftsmaler A. Lutteroth, die Düsseldorfer W. Petersen (Genrebilder), Th. Rocholl (Szenen aus dem Soldatenleben), H. E. Pohle (Genre), Adolf Seel und Adolf Schill (Architekturstücke).

Kunstgewerbliche Litteratur. Die folgende Übersicht umfaßt den Zeitraum von 1882 bis 1890. In diesen Jahren ist die k. L. so enorm angewachsen, daß wir uns darauf beschränken müssen, nur diejenigen Werke anzuführen, die wissenschaftlich oder vorbildlich von ernsthafter Bedeutung sind. Eine nahezu vollständige Bibliographie des Kunstgewerbes enthalten die seit 1886 in erweiterter Form erscheinenden »Mitteilungen des k. k. österreichischen Museums für Kunst und Industrie«, in denen neben ausführlichen Besprechungen von Büchern auch die in deutschen und fremdsprachlichen Zeitschriften gedruckten Artikel genau zusammengestellt werden. Obwohl unter den Publikationen der letzten Jahre die für den praktischen Gebrauch der Künstler bestimmten Vorlagenwerke weitaus überwiegen, ist doch auch die wissenschaftliche Litteratur sehr erfreulich vermehrt worden. Bei dem allgemein verbreiteten Interesse, dessen sich das Kunstgewerbe in Frankreich erfreut, ist es begreiflich, daß dieses Land wie früher hier noch vorausgeht. Am nächsten kommt ihm Deutschland, dann erst folgt England, das früher mehr als Deutschland geleistet hat. Von encyklopädischen Werken hat H. Havard in seinem »Dictionnaire de l'ameublement et de la décoration depuis le XIII. siècle jusqu'à nos jours« (Par. 1887) ein hervorragendes Werk geliefert, dem die genauen Quellenangaben besondern Wert verleihen. Nicht wie dieses Werk eine Geschichte, sondern nur eine vollständige Erklärung aller auf das Kunstgewerbe bezüglichen Ausdrücke enthält das »Real-Lexikon der Kunstgewerbe« von B. Bucher (Wien 1884). Die erste umfassendere historische Darstellung, welche die deutsche Litteratur aufzuweisen hat, ist »Die Geschichte des deutschen Kunstgewerbes« von J. ^[Jakob] v. Falke, ein reich illustriertes Werk, das als Teil der »Geschichte der deutschen Kunst« (Berl. 1888) erschienen ist. Die ästhetischen Grundregeln des gesamten Kunsthandwerkes behandelt desselben Verfassers »Ästhetik des Kunstgewerbes« (Stuttg. 1883), das auch eine kurze Übersicht der geschichtlichen Entwickelung enthält. Die »Geschichte der technischen Künste« von B. Bucher ist bis zum 3. Bande fortgeschritten; die Keramik ist noch nicht bearbeitet. Am besten geeignet, die zahlreichen Lücken in der kunstgewerblichen Litteratur Deutschlands auszufüllen, ist ein schon lange ersehntes Unternehmen, die bei Seemann in Leipzig seit 1887 erscheinenden »Kunstgewerblichen Handbücher«. Frankreich und England besitzen derartige Handbücher schon seit langem. Die erstern erscheinen als »Bibliothèque de l'enseignement des beaux-arts« bei Quantin in Paris, die letztern werden vom South-Kensington-Museum in London gleichzeitig mit den Katalogen der einzelnen Sammlungen als »Art handbooks« herausgegeben. Diese wie die deutschen Handbücher geben in je einem bis zwei Bänden von mäßigem Umfang mit reichem Illustrationsmaterial eine Darstellung der Technik und der historischen Entwickelung eines bestimmten Zweiges des Kunsthandwerkes oder die Darstellung des Kunstgewerbes eines Volkes. Zu den französischen Handbüchern sind seit 1883 neu hinzugekommen: E. Müntz, »La tapisserie«; E. Lefébure, »Dentelles et broderie«; M. Paléologue, »L'art chinois«; L. Gonse, »L'art japonais«; Th. Deck, »La faience«; A. de Champeaux, »Le meuble« (2 Bde.); Gerspach, »La verrerie«; H. Bouchot, »Le livre, l'illustration, la reliure«; zu den englischen: A. Nesbitt, »Glass«; Stanley Lane-Poole, »The art of the Saracens in Egypt«; Church, »English porcelain«. Von den deutschen Handbüchern sind bisher erschienen: F. S. Meyer (s. d.), »Handbuch der Ornamentik«; von demselben Verfasser: »Handbuch der Schmiedekunst« und »Die Liebhaberkünste«; von F. Luthmer: »Gold und Silber, Handbuch der Edelschmiedekunst«; von A. v. Heyden: »Die Tracht der Kulturvölker Europas vom Zeitalter Homers bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts«; von Wendelin Böheim: »Handbuch der Waffenkunde«; von P. Adam: »Der Bucheinband«.

Die zahlreichsten Publikationen von Vorbildersammlungen hat Deutschland aufzuweisen, namentlich in Bezug auf den Zeichenunterricht und ornamentale Formenlehre. In Frankreich und England überwiegen die Reproduktionen von Gegenständen des alten und modernen Kunsthandwerkes aus Museen und Privatsammlungen. Der Entwickelung des Kunstgewerbes in dem letzten Jahrzehnt entsprechend, werden die Ornamente des Barock und Rokokostiles berücksichtigt, ohne daß dabei die Renaissance außer acht gelassen wurde, besonders in Österreich, wo der auf die Pflege der Renaissanceformen gerichtete Einfluß des Museums für Kunst und Industrie sich geltend macht. Zu den Vorlagenwerken allgemeinen ornamentalen Charakters gehören: die »Ornamentale Formenlehre« von F. S. Meyer (Leipz. 1883, 300 Taf.), »Mustergültige Vorlageblätter zum Studium des Flachornaments der italienischen Renais-^[folgende Seite]