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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schmidt

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Schmetterlinge - Schmidt.

sich zu oft wiederholten Malen von der einen nach der andern Seite wenden, wenn sie innerhalb eines mit Klappen versehenen dunkeln Behälters bald von der einen, bald von der andern durch direktes Tageslicht getroffen werden. Der Reiz wirkt, wenn nicht gar zu oft innerhalb eines Tages wiederholt, jedesmal nach wenigen Minuten. Viele Puppen, die an der Unterseite von Blättern aufgehängt sind, wie die der letztgenannten beiden Gattungen, werden durch diese Abwendung vom Licht und Krümmung um 45-90° nicht nur für alle schräg von oben nahende Puppenfresser schwerer findbar, sondern entgehen außerdem der Gefahr, von den unter das Laub eindringenden Strahlen der Morgen- oder Abendsonne erreicht zu werden. Denn direkte Besonnung betäubt die Puppen, daß sie sofort schlaff herabsinken u. sich nur wieder erholen, wenn die Besonnung nicht lange gedauert hat.

Bei dieser Lichtflucht der Mehrzahl ist es um so auffälliger, daß die Puppen einer kleinern Gruppe, namentlich die Arten von Myscelia, Catonephele und Callicore, nicht die Gewohnheit teilen, sich an der Unterseite horizontaler Flächen, also im Schatten, aufzuhängen, sondern sich frei an der Oberseite wagerechter oder an den Seiten senkrechter Flächen anheften, so daß sie nicht hängen, sondern mehr oder weniger aufrecht stehen und dadurch natürlich viel mehr der Gefahr ausgesetzt sind, vom Lichte getroffen zu werden. Beobachtungen und Versuche, die W. Müller an derartigen Puppen anstellte, ergaben nun, daß sich diese Puppen nicht vom einfallenden Lichte weg, sondern demselben zuwenden, wofür sie eine dreiseitige Beweglichkeit nach rechts, links und dem Rücken besitzen, während sich die andern Puppen ihrer Familie meist nur nach rechts und links wenden können. Vielleicht sind sie ungenießbar, so daß sie sich frei sehen lassen dürfen, und stellen sich (wie die Kompaßpflanzen) nur darum in die Achse des einfallenden Lichtes ein, weil sie dann am wenigsten von demselben belästigt werden.

Eine sehr merkwürdige Beobachtung hat J. ^[Jules] Fallou an den Puppen der Bombyciden gemacht, nämlich: daß sich schon im Puppenzustand die geschlechtliche Differenzierung und Anziehungskraft geltend macht. Er beobachtete bei der Zucht des gewöhnlichen Seidenspinners (Bombyx Mori), wie Männchen in großer Zahl geflogen kamen und sich auf eine Schachtel setzten, in welcher einige dem Ausschlüpfen nahe Individuen weiblichen Geschlechts enthalten waren. In entsprechender Weise beobachtete Seebold, daß Kokons des großen Nachtpfauenauges (Saturnia Pyri), die er in einem Gewächshause aufbewahrte, eines Abends Männchen herbeizogen, die sich außen an die Glasfenster setzten und dort die ganze Nacht über ausharrten, obwohl erst am darauffolgenden Tage ein Weibchen auskroch.

Bei vielen Schmetterlingen ermöglichen sekundäre Geschlechtscharaktere eine leichte Unterscheidung der Geschlechter. So sind z. B. bei den Bläulingen die Geschlechter in der Farbe unterschieden, bei andern in der Bildung der Fühler, wieder bei andern, besonders bei auswärtigen Arten, ist die Gestalt der Flügel eine abweichende, bei manchen Arten besitzen nur die Männchen ausgebildete, die Weibchen dagegen verkümmerte Flügel, und bei der Gattung Psyche gleicht gar das Weibchen eher einem in einem Sack steckenden Wurm als einem Schmetterling, während das Männchen normal gebildet ist. Eine wichtige Rolle spielen auch die Männchenschuppen, eigentümlich gestaltete, nur den männlichen Individuen der einzelnen Arten zukommende Schuppen, welche entweder, wie bei den Weißlingen, unter den andern, die Flügel bekleidenden Schuppen verstreut und dann nur bei mikroskopischer Untersuchung nachweisbar, oder in ihrem Vorkommen auf bestimmte Teile der Flügel oder des Körpers beschränkt und dann, indem sie sich auch durch Gestalt und Färbung auszeichnen, mit bloßem Auge erkennbar, zum Teil sogar sehr auffallend sind. Da sie häufig auch mit Duft absondernden Organen in Verbindung treten, indem sie wesentlich mit zur raschen Verflüchtigung des duftenden Sekretes beitragen, werden sie auch als Duftschuppen, Duftflecken etc. zusammengefaßt. Sie erscheinen häufig in Gestalt dicker Büschel oder langer, in diesem Fall in einer Furche der Beine befindlicher Pinsel, die im Moment des Gebrauches entfaltet werden. Bei sehr vielen Schmetterlingen fehlen aber derartige auffallende Unterscheidungsmerkmale, beide Geschlechter gleichen sich völlig und erst genauere Untersuchung läßt Differenzen erkennen. Es finden sich nämlich unterscheidende Merkmale an der Brustregion des neunten Abdominalsegments beim Männchen und an entsprechender Stelle beim achten und neunten Abdominalsegment des Weibchens. Dort zeigt das Männchen eine feine kurze Linie, welche die mit zwei kleinen ovalen Lippen versehene Öffnung des Samenstranges darstellt, während das Weibchen zwei feine lineare Vertiefungen besitzt: die Öffnungen der Begattungstasche und des Eierganges. Bei mehreren Heteroceren findet sich aber nur eine Öffnung an der Spitze einer dreieckigen Platte des neunten Segments, welche sich in das achte Segment hineinschiebt.

Zur Litteratur: Spannert, Die wissenschaftlichen Benennungen der europäischen Großschmetterlinge (Berl. 1889); Eimer, Die Artbildung und Verwandtschaft bei den Schmetterlingen (Jena 1889).

Schmidt, 6) Wilhelm Adolf, Geschichtschreiber. Aus seinem Nachlaß gab Alfr. Stern heraus: »Geschichte der deutschen Verfassungsfrage während der Befreiungskriege und des Wiener Kongresses« (Stuttg. 1890).

18) Ferdinand, Volks- und Jugendschriftsteller starb 30. Juli 1890 in Berlin. Vgl. Jahnke, Ferdinand S., ein Bild seines Lebens etc. (Berl. 1890).

22) Friedrich, Freiherr von, Architekt, starb 23. Jan. 1891 in Wien.

Schmidt, 1) Leopold, Philolog, geb. 29. Mai 1824 zu Berlin, studierte in Leipzig (unter G. Hermann und M. Haupt) und Bonn (unter Welcker und Ritschl) klassische Philologie, habilitierte sich 1847 als Privatdozent in Bonn, wurde 1857 außerordentlicher Professor und kam 1863 als ordentlicher Professor an die Universität Marburg. Auf wiederholten Studienreisen in Italien (1848-51) nahm er in Rom an den Arbeiten des Instituts für archäologische Korrespondenz teil. Er schrieb: »Über die vier bedeutendsten Dramatiker der Spanier« (Bonn 1858); »Pindars Leben und Dichtung« (das. 1862); »De tractandae syntaxis graecae ratione« (Marb. 1871); »Die Ethik der alten Griechen« (Berl. 1882, 2 Bde.); »Das akademische Studium des künftigen Gymnasiallehrers« (Marb. 1882) u. a. Auch besorgte er die Ergänzung und Herausgabe des Werkes von Friedr. Wilh. Val. Schmidt: »Die Schauspiele Calderons dargestellt und erläutert« (Elberf. 1857).

2) Ferdinand, Männergesangskomponist, geb. 15. Juli 1830, wirkte viele Jahre als Musikdirektor in Flensburg, starb 9. Febr. 1876 daselbst. Er veröffentlichte einen Psalm, eine Weihnachtshymne und Männerchöre, von denen »Des Liedes Kristall« am beliebtesten geworden ist.