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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Bauchspeicheldrüse; Baudrillart; Bauer; Baugewerkschulen; Baumann

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Bauchspeicheldrüse - Baumann

auf eine vor den Mund gehaltene Flamme fast gar nicht einwirkt. Nach Wagners Untersuchungen sind die Vorgänge bei der Stimmbildung des Bauchredners folgende: Der Kehlkopf wird stets stark emporgezogen, die Gaumensegel ziehen sich ganz nach oben, so daß die äußern Ränder der Gaumenbogen ziemlich steil verlaufen und die normale Rundung ganz verschwindet, das verkleinerte Zäpfchen gleicht dabei einer breitgedrückten Kugel. Die Lage der Zunge war annähernd normal; sie bildete einen runden, die mittlere Mundhöhle fast ausfüllenden Wulst und war nur an der Spitze beweglich: bald breit, bald spitz, bald schaufelförmig. Der Mund selbst ist leicht geöffnet, die Gesichtsmuskulatur ohne jegliches Mienenspiel. Im Innern des Kehlkopfes befinden sich die Stimmbänder in gewöhnlicher Anlautstellung, ohne daß sonstige Abweichungen von normalen Zuständen wahrgenommen werden konnten. Der ganze Vorgang der Bauchrednerei spielt sich also im Ansatzrohr ab, d. h. im obern Kehlkopf, in der Rachen- und Mundhöhle, und zwar derart, daß dasselbe in seinen hintern Teilen verkürzt und nach oben abgeschlossen und im vordern Teil in jeder Richtung, besonders in senkrechter, verengert wird. Beeinflussend und unterstützend wirkt noch der äußerst geringe Luftverbrauch. Übrigens finden sich Spuren von Bauchrednerkunst schon bei den alten Ägyptern und, wie manche Stellen des Alten und Neuen Testaments andeuten, bei den Juden. Unter den griechischen Bauchrednern war Eurykles zu Athen der berühmteste, von dem diese Künstler in Griechenland allgemein den Namen Eurykliden erhielten. Vielleicht verdanken auch manche Wunder der alten Zeit, das delphische Orakel, der Stein im Flusse Paktolos, dessen Töne Räuber verscheuchten, der sprechende Kopf des Orakels von Lesbos, einem geschickten B. ihre Berühmtheit. Von den Griechen kam diese Kunst zu den Römern, fand aber bei diesem nüchternen Volk wenig Anklang. Aus der neuesten Zeit sind als die vorzüglichsten B. die Indier bekannt, die ja überhaupt als Gaukler Unübertreffliches leisten. In Europa sind Engländer und Franzosen gewandter darin als Deutsche.

Bauchspeicheldrüse. Der bisherigen Auffassung zufolge besteht die Funktion der B. (Pankreas) in der Absonderung ihres spezifischen Sekrets, des für die Verdauung so ungemein wichtigen Pankreassaftes oder Bauchspeichels. Neuere Beobachtungen, die wir Minkowski und v. Mering verdanken, und die besonders dadurch bedeutsam werden, daß sie ein neues Licht auf gewisse pathologische Vorgänge werfen, machen wahrscheinlich, daß der B. außerdem noch eine bedeutsame Rolle im Gesamtstoffwechsel zufällt. Wird nämlich das Organ bei Hunden vollständig aus dem Körper entfernt, was nur durch eine schwierige Operation gelingt, so stellt sich nach kurzer Zeit ein schwerer Diabetes (Zuckerharnruhr) mit allen seinen durch Erfahrungen am Menschen bekannten Symptomen ein. Die Zuckerausscheidung durch den Harn beginnt meistens bald nach der Operation und erreicht ihren Höhepunkt in 1-2 Tagen. Noch ehe die Tiere Nahrung erhalten haben, kann der Zuckergehalt des Urins bis auf 5-10 Proz. steigen. Auch bei fortgesetztem Hungern schwindet der Zucker nicht; bei reichlicher Ernährung wird seine Menge sehr groß. Die Harnmenge ist zugleich vermehrt (Polyurie); die Tiere zeigen vermehrten Durst und große Gefräßigkeit. Trotz überreichlicher Fütterung magern sie aber mehr und mehr ab und gehen schließlich unter zunehmender Entkräftung zu Grunde. Versuche, die Drüse bei Tieren zu entfernen, sind schon vor mehr als 200 Jahren (durch Konrad Brunner) gemacht worden. Obwohl solche Versuche seither sehr häufig und zum Teil an einem sehr großen Versuchsmaterial ausgeführt worden sind, und obwohl mehrere der Experimentatoren, durch Erfahrungen am Krankenbett und am Sektionstisch auf einen Zusammenhang von Diabetes und Pankreas hingewiesen, die operierten Tiere darauf hin untersucht hatten, ist der Nachweis eines Pankreasdiabetes erst jetzt geglückt. Der Grund dafür dürfte darin zu sehen sein, daß eine vollständige Ausrottung der Drüse so schwer gelingt, daß sie lange Zeit für unausführbar gegolten hat. Die erwähnten Folgen der Pankreasexstirpation scheinen mit der sekretorischen Bedeutung des Organs, also mit dem Fehlen des Bauchspeichels im Darmkanal, nicht zusammenzuhängen. Wenigstens ist es bisher nicht geglückt, durch Unterbindung der Ausführungsgänge der Drüse, durch die ja das Sekret vom Verdauungsschlauch ebenfalls ferngehalten wird, Diabetes hervorzurufen. Es erscheint deshalb wahrscheinlich, daß der B. neben ihrer Bedeutung als Absonderungsorgan noch eine besondere, bisher unbekannte Funktion zukommt. Vielleicht hat sie die Aufgabe, den Verbrauch und die Verwertung des im Organismus gebildeten und zum Teil auch des mit der Nahrung eingeführten Zuckers zu vermitteln. Ihr Fehlen würde dann eine Anhäufung von Zucker im Blute, diese wieder die Ausscheidung durch den Harn zur Folge haben.

Baudrillart, Henri, franz. Nationalökonom, starb 24. Jan. 1892 in Paris. Von seinem Werk »Les populations agricoles de la France« erschienen zwei weitere Bände: »Normandie et Bretagne« (1880) und »Maine, Anjou, Touraine, Poitou, Flandre, Artois, Picardie, Ile-de-France« (1888).

Bauer, Julius, Wiener Journalist und Librettist, geb. 15. Okt. 1853 zu Naab-Sziget in Ungarn, ist (in Gemeinschaft mit Hugo Wittmann) zumeist für Millöcker Mitverfasser der Operettentexte: »Der Hofnarr«, »Die sieben Schwaben«, »Der arme Jonathan«, »Das Sonntagskind«; auch schrieb er die Possen: »Die Wienerstadt in Wort und Bild«, »Zur Hebung des Fremdenverkehrs«, »Im Zeitungsverschleiß«. Er ist der witzigste unter den Wiener Journalisten, ein Wiener Stettenheim, der gleich diesem bei festlichen Gelegenheiten der Wiener Journalisten für den Humor des Abends sorgt; seine »Bänkel« sind in Wien berühmt wegen ihrer »Schneid« und treffenden Satire. Durch seine witzsprühenden, aber dabei doch auch sachlichen Theaterkritiken im »Extrablatt« übt er keine gering zu schätzende Wirkung in Wien aus.

Baugewerkschulen, s. Fachschulen.

Baumann, Oskar, Afrikareisender, geb. 25. Juni 1864 zu Wien, studierte daselbst und in Leipzig Geographie und Naturwissenschaften, bereiste 1883 Montenegro, begleitete 1885 Oskar Lenz auf seiner Kongofahrt bis zu den Stanley-Fällen, wo er durch Krankheit zur Umkehr genötigt wurde. Auf seiner Rückreise machte er eine kartographische Aufnahme des Stromlaufes und erforschte 1886 die Insel Fernando Po, von welcher er in dem Buche »Fernando Po und die Bube« (Wien 1887) eine genaue Beschreibung lieferte. 1888 begleitete er Hans Meyer auf seiner Reise zum Kilima Ndscharo, die indessen nach der Erforschung von Usambara ein vorzeitiges Ende erreichte. B. verlor bei der Gefangennehmung durch Buschiri seine sämtlichen Aufzeichnungen. Seine Erlebnisse teilte er in dem Buche »In Deutsch-Ostafrika während des Aufstandes« (Wien 1890) mit. Nachdem er im J. 1889 zum zweitenmal Montenegro besucht hatte