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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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China (Handel, Schiffsverkehr, Finanzen, Heerwesen)

und einheimischen Produktes mögen folgende Angaben dienen:

Indisches Opium (auf dem Schanghai-Markt, ohne Zoll und Likin

Bestes einheimisches Opium

Über »Likinzölle»« s. Bd. 4, S. 15.

Durch ein Edikt des Gouverneurs von Fukian ist die Kultur der Mohnpflanze freigegeben worden; es soll für einheimisches Opium ein Zoll von 40 Taels pro Pikul erhoben werden.

Ganz bedeutend ist der Abfall des Theehandels. Der chinesische Thee wird auf den europäischen Märkten durch den Thee aus Indien und Ceylon verdrängt und ist in Gefahr, vom englischen Markte (die Engländer sind die Hauptabnehmer des chinesischen Thees) ganz zu verschwinden. Die Steuer auf chinesischen Thee ist zu hoch, etwa 30 Proz., während der indische zollfrei ausgeführt wird; eine Reduktion der Steuer ist unumgänglich nötig. Die Ausfuhr betrug 1886: 2,217,295 Pikul, 1889: 1,877,331 Pikul. Einen kleinen Aufschwung zeigen wieder die beiden letzten Jahre, nämlich in der ersten Hälfte jeden Jahres seit 1888 wurden ausgeführt:

^[Tabelle siehe Faksimile]

Im Wachsen ist dagegen die Ausfuhr an Seide begriffen. Aus Schanghai u. Kanton, den beiden Hauptausfuhrhäfen, wurden im ersten Halbjahr ausgeführt:

^[Tabelle siehe Faksimile]

Das Jahr 1890 zeigte, den ganzen Außenhandel betrachtet, gegen 1889 einen Zuwachs in der Einfuhr und Abfall in der Ausfuhr, wofür als Gründe besonders Überschwemmungen in Tschili, die Konkurrenz des indischen Thees und das schnelle Steigen des Silberwertes anzuführen sind. Es betrugen:

^[Tabelle siehe Faksimile]

Einen großen Aufschwung hat der Außenhandel Chinas in der ersten Hälfte des Jahres 1891 genommen. Es beliefen sich nämlich die Zolleinnahmen für das erste Halbjahr in 1890 auf 9,989,000 Taels, in 1891 auf 11,150,000 Taels. Der Schiffsverkehr ist im Steigen begriffen, besonders im letzten Jahre. In den 19 Vertragshäfen klarierten ein und aus 1889: 29,145 Schiffe mit 23,517,884 Ton., 1890: 31,133 Schiffe mit 24,876,459 T. Die Zunahme des Jahres 1891 ist zu erkennen aus der Einklarierungsziffer der ersten Halbjahre, 1890: 5,884,678 T., 1891: 6,412,274 T. Den größten Verkehr haben englische, chinesische und an dritter Stelle deutsche Schiffe, alle übrigen Nationen sind in geringerer Zahl vertreten. Anfang 1891 veröffentlichte das Finanzministerium zu Peking einen Bericht über die Einkünfte des Reiches im J. 1890. Dieselben beliefen sich auf nicht mehr als 71 1/2 Mill. Taels, also etwa 350 Mill. Mk., und zwar aus folgenden Quellen:

Seezölle 15000000 Taels

Likinsteuer 13000000

Salzzölle 12000000

Grundsteuer 10000000

Beiträge von Thee- und Salzkaufleuten 3500000

Einheimische Zölle 3000000

Andre Steuern 15000000

Zusammen: 71500000 Taels

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Das Steuererhebungssystem ist jedoch höchst unvollkommen. Die Steuern sind an die hohen Mandarinen verpachtet, und die mit der Erhebung betrauten Beamten lassen den größern Teil in ihren eignen Taschen verschwinden. So kommt es, daß obige an die Zentralregierung abgeführte Summe jedenfalls nicht einmal der Hälfte der thatsächlich erhobenen Steuern entspricht. Aber selbst die Privaterpressungen der Mandarinen mit eingerechnet, ist die Besteuerung Chinas noch eine sehr geringe, indem pro Kopf nicht einmal 2 Mk. Steuern erhoben werden.

Im Verhältnis Chinas zu Korea hat sich in letzter Zeit nichts Wesentliches geändert. Bei Gelegenheit der Kondolenzgesandschaft, welche der Hof von Peking an den koreanischen König Ende 1890 schickte, kam die Frage der Suveränität Koreas wieder in lebhafte Erörterung, denn das den chinesischen Gesandten gegenüber beobachtete Zeremoniell wurde von vielen auf Unterordnung des koreanischen Hofes unter den chinesischen gedeutet. In der That jedoch bewahrt Korea seine volle Unabhängigkeit, woran auch der Umstand nichts ändert, daß es seine Zölle unter Leitung des chinesischen Seezolldienstes gestellt hat; letzteres war nötig, wenn die Regierung überhaupt etwas von den einkommenden Geldern sehen

wollte.

Heerwesen.

Seit 1870 hat die bewaffnete Macht des chinesischen Reiches unter Leitung des Vizekönigs Li eine völlige Umgestaltung erfahren. Die Kerntruppe und das Armeekorps, welchem die Verteidigung sämtlicher Zugänge zur Hauptstadt Peking obliegt, ist die Armee der schwarzen Fahne. Dies Korps von 50,000 Mann ist von europäischen, vornehmlich deutschen Offizieren vorzüglich eingeschult, angemessen uniformiert und ausreichend bewaffnet. In den letzten 2 Jahren nach Entlassung vieler ausländischer Offiziere soll die Geschicklichkeit der Truppen in der Handhabung der Schußwaffen merklich nachgelassen haben und besonders Peking nicht hinreichend geschützt sein. Ein weiteres Armeekorps ist die Pekinger Feldtruppe, in welche die ausgesuchten, best- und hochgewachsenen Leute der Mandschuarmee eingereiht sind. Es besteht ebenfalls aus 50,000 Mann, ist sehr gut exerziert und mit dem Gebrauch der Hinterlader gründlich vertraut. Ein Teil bildet die Garnison Pekings, der größte Teil hat seinen Posten in Kalgan, nordwestlich von der Hauptstadt und an der großen Chinesischen Mauer. Eine dritte Abteilung ist die Garnison der Mandschurei, 70,000 Mann, denen die Bewachung der russischen und der koreanischen Grenze obliegt. Durch Einreihung der Mongolenstämme und Manoschubannerträger kann die Stärke des Korps mindestens um das Dreifache erhöht werden. Das Korps zerfällt in zwei Abteilungen und steht unter dem unnüttelbaren Befehl des Vizekönigs der Mandschurei. Die vierte Hauptabteilung des Heeres ist das Korps der neuen Provinzen, welches 40,000 Mann zählt und die Befestigungen Chinas in Mittelasien bewacht. Die Gesamtstärke des neuen stehenden chinesischen Heeres umfaßt über 200,000 Mann, die fortwährend unter Waffen sind, wird von einigen sogar auf 300,000 Mann geschätzt und kann mit Einschluß der Reserven und neuen Aushebungen leicht auf 1 Mill. Soldaten gebracht werden. Bis 1865 war der chinesische Soldat zugleich Polizeidiener, Vollzugsbeamter der Gerichte und Steuereinnehmer und lebte mit seiner Familie kümmerlich von einem