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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Dincklage-Campe; Diphtherie; Disaccharide; Dittenberger; Dolgorukow; Donaldson; Donau

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Dincklage-Campe - Donau

frei verschiebbar ist, nur daß er in seine Anfangslage zurückkehrt, wie ein im Innern unsrer Kugel mit gleichmäßiger Richtungsänderung bewegter Körper. Wie die Fülle der Flächen nur in der Tiefe Platz hat, so bedarf eine Fülle von Räumen einer vierten D. (das Wort als Art und Weise der Ausdehnung gebraucht), innerhalb derer der einzelne Raum durch eine vierte Abmessung bestimmt wird. Die Mehrheit vierdimensionaler Räume macht eine fünfte nötig 2c. Die Aufstellung einer Mannigfaltigkeit von n-Dimensionen oder der »n-fach ausgedehnten Größe« wurde unvermeidlich. Sieht man von einer gelegentlichen Äußerung von Gauß und von einer ebenso flüchtigen aus Kants Erstlingsschrift ab, so ist der erste, welcher den Begriff der n-fachen Mannigfaltigkeit in voller Schärfe aufgestellt hat, nicht Riemann, sondern der geniale H. Graßmann, dessen bereits 1844 erschienene Ausdehnungslehre »zum Schaden der Wissenschaft« 25 Jahre lang völlig unbeachtet blieb. Erst die Gesamtausgabe von Riemanns Werken (1867) und die im Anschluß daran erfolgende Veröffentlichung von Helmholtz in den »Heidelberger Jahrbüchern« und den »Göttinger Nachrichten« von 1868 lenkten die Aufmerksamkeit der Mathematiker auf die n-dimensionale Geometrie. Besonders wichtig wurde in dieser Hinsicht der Vortrag von Helmholtz: »Über den Ursprung und die Bedeutung der geometrischen Axiome«, von 1870. Helmholtz ist wohl der erste, welcher ernsthaft die Möglichkeit einer vierdimensionalen Anschauung erwogen hat. In seinem Vortrag zeigt er zuerst an dem Beispiel der Flächenwesen, welches Beispiel von Fechner herrührt, wie wenig aus unsrer Unfahigkeit einer vierdimensionalen Anschauung auf deren Unmöglichkeit an sich geschlossen werden kann. Ein solches Wesen, das nur zweidimensionaler Anschauung fähig ist, würde nie imstande sein, die beiden Hälften eines gleichschenkeligen Dreiecks zur Deckung zu bringen, der Unterschied zwischen Kongruenz und Symmetrie (der es uns unmöglich macht, den rechten Handschuh auf die linke Hand zu ziehen) würde für dies Wesen schon auf der Fläche hervortreten. Es würde nie begreifen können, wie etwas in einen geschlossenen Kreis hineinkommen könne 2c. Helmholtz entwickelt dann genau die drei verschiedenen Geometrien, für welche die Kongruenz oder die freie Beweglichkeit der Teile bestehen bleibt (s. Parallelenaxiom und »nichteuklidische Geometrie« unter Geometrie), zu denen diese Wesen je nach der Beschaffenheit ihrer Fläche gelangen würden. Ein Wesen, das in die Oberfläche eines Ellipsoids (Eifläche) gebannt wäre, müßte auch auf die Kongruenz verzichten. Es tritt der Anteil, welchen die Erfahrung an der Geometrie hat, scharf hervor. Die Lücke, welche Helmholtz läßt (er hat die Grundzüge der vierdimensionalen Geometrie nicht entworfen), ist namentlich von den Italienern im letzten Jahrzehnt ausgefüllt. Es macht nicht die geringste Schwierigkeit, sich eine zwar nicht notwendige, aber doch mögliche Geometrie der ebenen Räume nn vierdimensionalen Raum auszumalen. Die beiden wichtigsten Sätze lauten: Es können vier und nicht mehr als vier Gerade gegenseitig aufeinander senkrecht stehen, und: Zwei Ebenen zweier (dreidimensionaler) Räume können auch nur einen Punkt gemein haben. Auf diesem Satz beruht die Möglichkeit kreuzender Ebenen, d. h. Ebenen, welche weder parallel sind, noch sich schneiden, wodurch die Geometrie sehr wesentlich erweitert wird.

Dincklage-Campe, Amalie (Emmy) von, Romanschriftstellerin, starb 28. Juni 1891 in Berlin.

^[Spaltenwechsel]

Diphtherie, s. Gesundheitspflege.

Disaccharide, s. Kohlehydrate.

Dittenberger, Wilhelm, klassischer Philolog, geb. 31. Aug. 1840 zu Heidelberg, Sohn des Theologen Wilh. Theod. D., studierte in Jena u. Göttingen, war seit Herbst 1863 am Gymnasium in Göttingen beschäftigt, zugleich seit Michaelis 1864 an der Universität habilitiert und wurde 1865 Adjunkt am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1867 Oberlehrer in Rudolstadt, Michaelis 1873 in Quedlinburg, Ostern 1874 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor an die Universität Halle. Von seinen Werken heben wir hervor: »De ephebis Atticis«, Dissertation (Götting. 1863); »Corpus Inscriptionum Atticarum«, Bd. 3 (»Inscriptiones Atticae aetatis Romanae«, Berl. 1878-82); »Sylloge Inscriptionum Graecarum« (das. 1883, 2 Bde.); »Corpus Inscriptionum Graeciae septentrionalis« (Bd. 1, das. 1891). Auch bearbeitete er seit der 7. Aufl. die Kranersche Ausgabe von Cäsars »Bellum Gallicum« (15. Aufl. 1890).

Dolgorukow, Wladimir, Fürst, Generalgouverneur von Moskau (Bd. 18), wurde im März 1891 dieses Postens, welcher auf Betreiben der panslawistischen, deutschfeindlichen Partei dem Großfürsten Sergius verliehen wurde, in etwas ungnädiger Weise enthoben und zum Mitglied des Reichsrates ernannt. Man verdachte ihm in Petersburg seine freundlichen Beziehungen zur deutschen Kolonie in Moskau.

Donaldson, Thomas Leverton, engl. Architekt, starb 1. Aug. 1885.

Donau. Der Verkehr auf der D. zeigte im J. 1890 gegen das Vorjahr günstige Ergebnisse. So passierten die österreichisch-bayrische Grenze in der Bergfahrt 569 Frachtendampfer (gegen 382 im J. 1889) und 1265 Schleppschiffe (gegen 843) mit einer Warenmenge von 3,008,000 metr. Ztr. (gegen 2,030,000 metr. Ztr. im Vorjahr), wovon auf Getreide 2,547,000 metr. Ztr. (gegen 1,518,000 im Vorjahr) entfielen. In der Thalfahrt verkehrten 569 Frachtendampfer (+187) und 1257 Schleppschiffe (+435) nebst 335 Ruderschiffen und Flößen (-147), welche zusammen Waren im Gewicht von 802,000 metr. Ztr. (um 77,000 metr. Ztr. mehr als im Vorjahr) beförderten. Die größten Mengen kamen auf Zement und hydraulischen Kalk, Werk- und Brennholz. Der Warenverkehr in der Thalfahrt in und bei Wien ist dagegen von 1,766,000 metr. Ztr. im J. 1889 auf 1,618,000 metr. Ztr. im J. 1890 zurückgegangen, indem den Eisenbahnen wichtige Wassertransportartikel, wie Brennholz, Steinplatten, Holzkohlen etc., in größern Mengen zufielen, die vorher zu Wasser nach Wien geführt wurden.

Die Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft hat in der 304 Tage umfassenden Kampagne des Jahres 1890 (gegen 278 im J. 1889) folgende Ergebnisse im Vergleich zum Vorjahr erzielt:

Personenbeförderung: 1889 1890

mit Passagierschiffen 615850 1768078

mit Überfuhr- und Lokalschiffen 1771250 1796985

Güterbeförderung in Tonnen 1925043 2105641

Gesamteinnahmen in Gulden 10755000 11408000

Gesamtausgaben in Gulden 9047000 11539000

Trotz der beträchtlichen Zunahme des Güterverkehrs schloß die Rechnung des Jahres 1890 mit einem Verlust von 41,000 Guld., hauptsächlich deshalb, weil in diesem Jahr, um in die Geschäftsführung Ordnung zu bringen, große Lasten übernommen werden mußten, welche nicht aus dem Betrieb entstanden; auch beeinträchtigten die Hoch- und Niederwasser-