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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Kunstdenkmäler in Deutschland (Inventarisation)
der Kunstdenkmäler, d. h. die wissenschaftliche Feststellung und Bearbeitung des in Deutschland befindlichen Besitzes an beweglichen und unbeweg. lichen Werken alter Kunstübung während der letzten Jahre immer mehr in den Vordergrund getreten.
In ein einheitliches System oder unter eine'gemeinsame Leitung für ganz Deutschland konnte dieses Unternehmen nicht gebracht werden, weil seine Durchführung nach der Reichsverfassung nicht von 3!cichs wegen, sondern nur durch die Regierungen der Einzelstaaten, durch Promuzialverbände oder durch städtische Behörden nach Maßgabe verfügbarer Mittel erfolgen kann. Als die Notwendigkeit des Unternehmens überall zur Anerkennung gelangt war, hatte man schon in mehreren deutschen Ländern mit umfangreichen Veröffentlichungen begonnen, so daß die nachträgliche Einsetzung einer gemeinsamen Oberleitung auf Schwierigkeiten gestoßen wäre. Gleichwohl ist in den bis jetzt vorliegenden Veröffentlichungen ein gewisses Maß an Einheitlichkeit insofern erzielt worden, als sich die Herausgeber und Mitarbeiter in den wesentlichsten Punkten an die ersten grundlegenden Arbeiten dieser Art, »Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Kassel/, herausgegeben vom Verein für hessische Landeskunde, bearbeitet von W. Lotz und H. v. Dehn-Rothfelser (1870), und an Mithosss Kunstdenkmäler und Altertümer im Hannoverischen« gehalten haben. Schwankungen sindnur in der Begrenzung des Arbeitskreises vorhanden.
Während die einen die lokalen Altertümer, die römischen und die prähistorischen, in den Bereich der Inventarisation ziehen, wobei zumeist örtliche Verhältnisse entscheidend sind, schließen die andern diese Gebiete grundsätzlich aus. Der stetige Zuwachs an prähistorischen Altertümern läßt es allerdings rätlich erscheinen, diesen Zweig der Altertumswissenschaft von der eigentlichen Kunstwissenschaft zu trennen.
Daß er einer gesonderten Pflege bedarf, hat auch die preußische Staatsregierung anerkannt, indem sie 1888 unter dem Titel: »Merkbuch, Altertümer aufzugraben und aufzubewahren«, eine Anleitung zum Verfahren bei Ausgrabungen sowie zum Konservieren vor- und frühgeschichtlicher Altertümer, herausgegeben und damit zugleich die Grundlage für ihre Inventarisation geschaffen hat.
Von den wissenschaftlichen Inventarisationen der Kunstdenkmäler in deutschen Läuderu sind bis jetzt (1892) fünf zum Abschluß gelangt: Die der Provinz Hessen-Nassau (der zweite Bano: »Die Baudenkmäler im Regierungsbezirk Wiesbaden«, bearbeitet von W.Lotz und im Auftrage des preuß.Kultusministeriums hrsg. von Fr. Schneider, erschien 1880), Kunst und Altertum in Elsaß-Lothringen« von F. X. Kraus (Straßb. 1876-92, 4 Bde.),' Inventar der Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz Brandenburg ,, im Auftrag des brandenburgischen Provinziallandtags bearbeitet von R. Bergan (Berl.
1885), »Die Bau- und Kunstdenkmäler in der Provinz S ch l e s w i g - H o l st e i n« uon, ^aupt und Weysser (Kiel 1884-91)'und »Anhalts Bau- und Kunstdenkmäler«, herausgeg. von Büttner Pfänner zu Thal (Dessau 1892). Demnächst sind am weitesten vorgeschritten: Das Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz Schlesien« von H. Luksch (Bresl.
1889-92, 4 Bde.), die Beschreibende Darstellung der ältern Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachs en und angrenzender Gebiete«, hrsg. von derl istorischen Kommission der Provinz Sachsen (Halle, bis 1891,15Hefte) und die »Beschreibende Darstellung der Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs
Sachsen ,, auf Kosten der königl.Staatsregierung hrsg. vom königl. sächsischen Ältertumsverein, bearbeitet von R^Steche (bis 1891: 14 Hefte). Der Stand der übrigen Inuentarisationsarbeiten ist folgender: 1) Königreich Preußen, hier ist in neuerer Zeit die erste Anregung zu einer über die ganze Monarchie ausgedehnten Inventarisation der Kunstdenkmäler bereits 1870 und wiederholt 1875 vom Kultusministerium gegeben worden, und demzufolge sind die Arbeiten überall in stetem Fortgang begriffen oder nach sorgfältig durchdachten Plänen in Vorbereitung. Der erste preußische Vaubeamte, der die Notwendigkeit der Aufstellung eines Inventars der Kunstdenkmäler begründet und befürwortet hat, war K. Fr. Schinkel gewesen. Seine Wünsche hat er in einem an das Ministerium des Innern gerichteten Schreiben der Oberbaudeputation vom 17. Aug 1815 ausgesprochen. Bei der Inventarisation der Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg war Berlin ausgeschlossen worden. Mit dem Verzeichnis der dortigen Denkmäler hat der Berliner Viagistrat den Architekten R. Borrmann beauftragt, dessen Arbeit 1892 ausgegeben werden soll. In der Provinz P o m m e r n ist zunächst der Regierungsbezirk Köslin in Angriff genommen. Von dem Verzeichnis seiner Bau.- und Kunstdenkmäler, das die Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde herausgibt, siud die die Kreise Köslin, Kolberg-Körlin und Belgard umfassenden Lieferungen 1 und 2, bearbeitet vom Landesbau-Inspektor L. Böttger, erschienen. In der Provinz Westpreußen ist das auf Kosten des Provinzialuereins seit 1884 herausgegebene, zumeist vom Landesbau-Inspektor Heise bearbeitete Verzeichnis bis zum 8. Hefte gediehen.
Mit Ostpreußen hat A. Voetticher im Auftrag des Provinziallandtages begonnen. Das erste, 1891 ausgegebene Heft behandelt die Bau- und Kunstdenkmäler des Samlandes. Für die Provinz Westfalen hatte der Prouinzialverein für Wissenschaft und Kunst bereits 1875 die Herausgabe eines Inventars beschlossen, von dem zwei Bände: »Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler der Kreise Hamm und Marienvorf«, bearbeitet von Prof. B. Nordhoff, 1879 und 1886 erschienen sind. Zunächst werden der Landkreis Münster und die Kreise Dortmund Stadt und Land folgen. Die Inventarisation der Bau- und Kunstdenkmäler der Rheinprovinz ist 1886 durch einen von Paul Lehfeldt bearbeiteten Band, der sich mit dein Regierungsbezirk Koblenz beschäftigt, eröffnet worden. Die Fortsetzung ist P. Clemens übertragen worden, von dessen Inventarisation die der Kreise Kempen und Geldern 1892 erschienen sind. Für die Hohenzollernschen Lande sind die Vorarbeiten so weit gefördert, daß die Ausgabe der ersten Hefte noch im I. 1892 zu erwarten ist 2) Im Königreich Bayern war die Inventarisationsarbeit bisher der Thätigkeit von Kunst- und wissenschaftlichen Vereinen überlassen, der unter anderm das von der pfälzischen Kreisgesellschaft des bayrischen Architekten- und Ingenieurvereins herausgegebene Werk: »Die Baudenkmale in der Pfalz (bis jetzt 2 Bde.) verdankt! wird. Im I. 1891 hat die bayrische Staatsregie^ rung ein umfassendes, über das ganze Königreich^ ausgedehntes Inuentarisationswerk in Angriff ge! nommen und mit den vorbereitenden Arbeiten beginnen lassen. 3) Mit der Inventarisation der Kunstdenkmäler in Württemberg ist von der Staatsregierung E. Paulus betraut worden, dessen amtliche Veröffentlichung: »Die Kunst- und Alter> tumsdenkmale im Königreich Württemberg/- (Atlas
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