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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Spitzbergen; Spitzen; Spohr; Sporidien; Sporozoen; Sprechzeichner; Springer; Spurgeon; Staatsromane

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Spitzbergen - Staatsromane

sind, daß sie in der Vorderansicht am vollkommensten ins Auge fallen.

Wenn es nun darauf ankommt, für die Entstehung dieser Geschlechtsauszeichnungen eine Erklärung zu finden, so muß zunächst hervorgehoben werden, daß keine derselben ihrem Besitzer irgend welchen Vorteil bei der Erwerbung der Nahrung, der Vermeidung von Feinden, beim Kampfe mit Nebenbuhlern etc. zu gewähren vermag. Sie können daher auch nicht als Erzeugnisse der Naturauslese betrachtet werden. Wohl aber werden sie nach der Theorie der geschlechtlichen Zuchtwahl verständlich, besonders wenn man die Art, wie die Männchen um die Weibchen werben, genauer betrachtet. Bringt man z. B. zu einem reifen Weibchen von Saites palex oder Dendryphantes elegans ein Männchen, so beginnt letzteres bei seiner Annäherung eine Reihe von Bewegungen, welche als ein Umtanzen bezeichnet werden müssen, wobei die besonders glänzend gefärbten und stärker entwickelten Vordergliedmaßen des Körpers stets dem Weibchen zugekehrt und am vorteilhaftesten präsentiert werden, Diese Stellungen und Gaukeleien der Männchen führen wie bei den Hühnervögeln zu dem Schluß, daß das Weibchen dasjenige Männchen auswählt, welches ihm am besten gefällt, und daß daher der geschlechtliche Schmuck des Männchens von der Bevorzugung der am schönsten geschmückten Bewerber durch die Weibchen herrührt.

Über die Brutpflege der Wolfsspinnen haben Henking und andre Beobachter einige zugleich vom psychologischen Gesichtspunkte lehrreiche Versuche angestellt. Diese S., von denen Lycosa amentata und Tarantula clavipes beobachtet wurden, trugen ihren am Hinterleibe befestigten Eikokon mit sich herum, nahmen aber auch willig fremde Kokons, ja mit demselben umhüllte Papierkugeln an und befestigten sie an ihrem Hinterleibe, während sie unbedeckte Papierkügelchen von der Größe ihres Kokons verschmähten. Die bloße Papierkugel vermag die S. also vom Kokon zu unterscheiden; es dürfte demnach der Geruchssinn sein, der sie den künstlichen Kokon annehmen läßt, wenn er nur mit dem entsprechenden Gespinst überzogen ist. Sogar so vorgerichtete Schrotkugeln von dem 20fachen Gewicht der normalen Kokons wurden, wenn mit Papier und Kokonhaut überzogen, angenommen und mehrere Tage herumgeschleppt. Ähnliche Versuche wurden mit gleichem Erfolge von Georg und Elisabeth Peckham mit Pardosa pallida, angestellt, und sie sahen sowohl Schrotkugeln, welche die S. kaum schleppen konnten, als Holundermarkkügelchen von der dreifachen Größe der natürlichen Kokons angenommen, ein Verhalten, aus welchem auf ziemliche Schwäche der Verstandeskräfte und Sinne, namentlich des Auges, geschlossen werden muß. Indessen ist doch ein gewisses Bewußtsein und Gedächtnis vorhanden, welches die S. nach der üblichen Tragzeit (3 Wochen) daran zu erinnern scheint, daß die jungen S. nun ausgekommen sein und ihre Bürde erleichtert haben müßten. Denn sie begaben sich nach Ablauf dieser Zeit nach dem Wasserbehälter ihres Käfigs und tauchten die vermeintlichen Kokons hinein, vielleicht um die jungen S. zum Auskriechen zu veranlassen; andre erkannten den ihnen gespielten Betrug auch schon früher und warfen die Scheinkokons ab.

Spitzbergen, s. Polarexpeditionen.

Spitzen. Als Luftspitze oder Ätzspitze bezeichnet man ein eigentümliches Produkt der Spitzenfabrikation, welches dadurch erhalten wird, daß man mit der Nadel auf mechanischem Wege (mittels Stickmaschinen) einen Grundstoff bestickt, der nach Vollendung der Stickerei zerstört wird, so daß nur noch das durch die Nadel erzeugte Fadengebilde (die Spitze) zurückbleibt. Je nach Wahl des Materials für Grundstoff und Nadelfaden, namentlich aber nach der zu Grunde gelegten Stichbildung, gewinnen diese S. einen sehr verschiedenartigen Charakter und mannigfaltiges Ansehen. Zur Erzeugung derselben wurde anfangs ein passender Seidenstoff mit Baumwollgarn bestickt und das fertige Gebilde so lange mit Chlorkalklösung behandelt, bis die Seide vollständig zerstört war. Dann ging man dazu über, einen minderwertigen Grundstoff mit Fäden aus kostbarem Stoff zu besticken. In erste Linie trat als Grundstoff ein Baumwollgewebe. Da die Pflanzenfasern, also auch Baumwolle, leicht vernichtet werden, wenn man sie mit Schwefelsäure tränkt und dann einer höhern Temperatur aussetzt, so wird für den vorliegenden Zweck der Grundstoff vor dem Besticken in ein Bad von verdünnter Schwefelsäure gebracht, dann getrocknet und nach dem Besticken mit Seide oder Wolle in einer Kammer erhitzt. Zur Entfernung des durch das Erhitzen karbonisierten zerstörten Gewebes benutzt man einen Wasser-, Luft- oder Dampfstrahl oder auch ein Klopfen der in Tücher eingewickelten S. Letztere werden sodann zur Vertilgung jeder noch etwa anhaftenden Spur von Säure in schwach alkalischem Wasser gewaschen. Ein Versuch, Papier als Grundstoff zu benutzen, hatte geringen Erfolg, weil sich das Papier zu wenig widerstandsfähig zeigte und auch besondere Apparate zum Aufspannen notwendig machte, dagegen erfuhr die Erzeugung von Luftspitzen dadurch eine weitere Ausbildung, daß man als Grundstoff dünn ausgewalzte Guttapercha verwendete und diese nach dem Besticken in Benzin oder Schwefelkohlenstoff löste. Da die zur Lösung der Guttapercha dienenden Mittel die Stickereimaterialen aller Art (Seide, Wolle, Flachs, Metallfäden etc.) nicht angreifen und auch die Farben unverändert lassen, so muß Guttapercha für das zweckmäßigste Grundmaterial bezeichnet werden, zumal dieselbe, in den genannten Mitteln gelöst, mancherlei technische Verwendung findet. Zur Anfertigung der Stickereien selbst dient hauptsächlich die Plattstichstickmaschine, die zunächst auf dem Grundstoff ein als Grundlage der S. anzusehendes Gerippe erzeugt und sodann zwischen diesem mittels sogen. Spachtelstiche das Ziergebilde herstellt. Zu den netzartigen Luftspitzen wird jedoch auch die Steppstichstickmaschine in neuester Zeit verwendet. Man stickt damit auf dem Grundstoff sich kreuzende Steppstiche und umstickt diese wieder an den Knotenpunkten, so daß gewisse Arten von Verknotungen entstehen, welche die Stiche nach Entfernung des Grundstoffes in der Lage erhalten.

Spohr, Marianne, zweite Gemahlin des Komponisten Ludwig S., starb 4. Jan. 1892 in Kassel.

Sporidien, s. Fische, S. 302.

Sporozoen, s. Protozoen.

Sprechzeichner, s. Vokalklänge.

Springer, 2) Anton, Geschichtschreiber und Kunsthistoriker, starb 31. Mai 1891 in Leipzig. Nach seinem Tode erschienen noch die Monographie »Albrecht Dürer« (Berl. 1891) und das autobiographische Werk »Aus meinem Leben«, mit Beiträgen von Gust. Freytag und H. Janitschek (das. 1891).

Spurgeon, Charles Haddon, engl. Kanzelredner, starb 31. Jan. 1892 in Mentone.

Staatsromane, auf Phantasie beruhende Darstellungen von Thatsachen, Einrichtungen und ur-^[folgende Seite]