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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Walfischbai; Wallerstein; Wandermuschel; Wärmstuben

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Walfischbai - Wärmstuben

chen entdecken konnte. Ihre jungen Keimlinge gehen unter dem mütterlichen Schattendache schon nach 2-3 Jahren wieder zu Grunde, weil sie das zu ihrer Entwickelung nötige Licht nicht erlangen können. Somit kann sich in einem reinen Eichenbestande wegen des unstillbaren Lichtbedürfnisses der jungen Pflanzen jahrhundertelang kein entsprechender Nachwuchs bilden; erst wenn der größte Teil der alten, weitschattenden Bäume zu Boden gestürzt ist, können wieder junge Eichenbäume aufkeimen, falls sie nicht von andern Sämlingen überflügelt werden. Sind nämlich die Samen andrer, etwas mehr Schatten vertragender Baumarten inzwischen in die beginnenden Lücken eingedrungen, so werden sich diese unter dem abnehmenden Schatten der Eichen entwickeln und um so mehr ausbreiten, je lichter der Wald wird. Dadurch wird neuer Eichenanwuchs von vornherein zurückgedrängt, und eine oder mehrere andre Baumarten treten als gemischter Bestand an seine Stelle. Eichenurwälder könnten daher nur dort sich unbegrenzt lange erhalten, wo ein Eindringen andrer Baumarten in dieselben ausgeschlossen ist. Da dies aber eine kaum irgendwo in der Welt für lange Zeit bestehende Bedingung sein wird, so werden die Eichenwälder meist überall eine vorübergehende Erscheinung bilden müssen, natürlich abgesehen von einem ihnen durch den Menschen gewährten Schutz.

Ihr Nachfolger ist meist die Buche, deren junge Schößlinge sich mit etwas weniger Licht begnügen, und die den Vorzug hat, jungen Nachwuchs ihrer eignen Art in dem eignen Schatten emporkommen zu sehen. In Rußland muß die Eiche auch nicht selten jungem Fichten- und Edeltannennachwuchs Platz machen, so daß wir nach dem Lichtbedürfnis eine natürliche Aufeinanderfolge erhalten, die mit Espen und Birken anhebt, in Kiefern- und Eichenbeständen fortschreitet und mit Fichten, Edeltannen und Buchen endigt. Diese Reihenfolge wird aber durch Klima-, Boden- und Bewässerungsverhältnisse verändert; in den Bergländern pflegen Fichten, Tannen, Lärchen und Zirbeln zu siegen, und in der Ebene spielen Weidetiere eine große Rolle, indem sie junge Baumschößlinge fressen und sowohl in manchen Steppenländern als im Gebirge, z. B. die Ziegen des Karsts, das Aufkommen eines jungen Baumwuchses verhindern.

Walfischbai. Die Bevölkerung bestand 1890 aus 20 Europäern, 400 Hottentoten, einer Bastardfamilie und einigen Bergdamara und Buschmännern, von denen eine Anzahl nach Schließung der Fischerei und Fleischkonservenfabrik in Sandwichhafen von dort herübergekommen sind. Dagegen hat ein Unternehmer aus der Kapstadt hier den Fischereibetrieb in Angriff genommen. Die Einfuhr betrug 1890 15,189 Pfd. Sterl., davon 11,681 aus Kapstadt, 1837 aus Australien (Maschinen zur Goldgewinnung für die Omaruru-Goldminen-Kompanie), 1508 aus Deutschland. Doch ist ein großes Quantum von Kolonialprodukten und bereits in Kapstadt verzollten und von dort hierher verschifften Waren nicht in der Statistik enthalten. 1890 besuchten den Hafen 18 Dampfer von 4348 Ton. und 10 Segelschiffe von 1090 T., außerdem 3 deutsche und 2 englische Kriegsschiffe. 49 Passagiere langten im Hafen an, 66 verließen denselben; 403 Wagenladungen trafen aus dem Innern ein. Die Verbindung mit der Kapstadt ist immer noch unregelmäßig und unsicher. 1890 gingen ein: 12 Posten mit 1713 Briefen und 3080 Zeitungen, aus: 11 Posten mit 2557 Briefen.

Wallerstein, Anton, Tanzkomponist (Bd. 17), starb 26. März 1892 in Genf.

Wandermuschel (Dreissena polymorpha Pall). Während bei den Muscheltieren im allgemeinen die Entwickelung durch frei schwärmende, mit einem als Schwimmorgan dienenden bewimperten Lappen (Segel, Velum) versehene Larven erfolgt, entwickeln sich die Jungen der Süßwassermuscheln innerhalb der Kiemen der Mutter so weit, daß sie beim Verlassen der letztern bereits die Gestalt der ausgebildeten Tiere haben oder sich doch auf so hoher Entwickelungsstufe befinden, daß sie mit den frei schwärmenden Larven von Seemuscheln nicht zu vergleichen sind. Es lag die Vermutung nahe, daß bei der W., welche vor verhältnismäßig kurzer Zeit aus dem pontischen Gebiet in unsre Flußläufe und Seen vorgedrungen ist, der Verlauf der Entwickelung ein andrer sein werde als bei den übrigen Süßwassermuscheln, und dies hat Korschelt in der That feststellen können. Die W. besitzt als nahe Verwandte der Miesmuschel mehr den Charakter einer marinen Form. Wenn sie aber auch nach allgemeiner Annahme ursprünglich eine Seemuschel gewesen ist, so verträgt sie doch jetzt kein salzreiches Wasser mehr und lebt z. B. im Kaspischen Meer nur in der stark versüßten Mündung der Wolga und in der Ostsee innerhalb der Haffe. Bei Beobachtung der Entwickelung der W. zeigte sich nun, daß im Verlauf derselben eine frei schwärmende, mit Segel versehene Larve auftritt, welche mit den Larven mariner Muscheln vollkommen übereinstimmt. Damit ist zum erstenmal das Vorkommen solcher Larven im Süßwasser festgestellt worden, da auch unter den Ringelwürmern, wo diese Larvenform gleichfalls vorkommt, die im Süßwasser oder auf dem Lande lebenden Arten dieses Stadium nicht im frei schwimmenden Zustand, sondern innerhalb der Kokons und nur unvollständig durchlaufen. Die Larven der W. sind sehr klein und werden von manchen Infusorien an Größe übertroffen; sie machen den Eindruck eines Wimperinfusoriums oder eines Rädertierchens, wenn sich das Segel in stark rädernder Bewegung befindet. Sie schwärmen etwa 8 Tage an der Oberfläche des Wassers, wo sie sich von frei schwimmenden Algen zu ernähren scheinen, und steigen dann auf den Grund herab. Inzwischen hat sich der Fuß gebildet, dessen Entwickelung fortschreitet, während das Schwimmorgan zurückgebildet wird. Auch der Mantel entwickelt sich kräftiger, es werden die Kiemen angelegt, der Fuß erreicht eine beträchtliche Länge, und die Muschel kriecht mit seiner Hilfe lebhaft umher. Dann aber bleibt er im Wachstum zurück, während der Körper der Muschel an Umfang zunimmt; so erhält der Fuß endlich die stummelförmige Gestalt, die er am ausgebildeten Tiere besitzt. Schließlich setzt sich die Muschel fest. Die leichte Beweglichkeit der Wandermuschellarven hat jedenfalls zur raschen Verbreitung des Tieres wesentlich beigetragen. In der langen Periode des Schwärmens können die Larven durch die Strömung der Flüsse weit fortgetrieben werden. Das Vordringen der Muschel stromaufwärts ist durch das Festsetzen derselben an Schiffe oder durch den Transport mit Bauholz etc. bedingt.

Wärmstuben, Wohlthätigkeitsanstalten, welche armen Leuten während der kalten Jahreszeit einen geheizten Aufenthaltsraum, auch Nahrung unentgeltlich oder gegen geringe Entschädigung darbieten, bestehen in Wien, Leipzig und seit Dezember 1891 in Berlin. Der Wiener Wärmstuben- und Wohlthätigkeitsverein hat nach den Statuten den Zweck, »den Notstand verarmter Personen durch Errichtung von W. und Asylen, Unterstützung von Armen durch Beteilung mit Nahrungsmitteln, Holz,