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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Alpenstraßen und Alpenbahnen

geplant, 1854 m), die bei Gap an das französische, bei Cuneo resp. Oulx an das oberital. Bahnnetz sich anschließen; die Mont-Cenis-Bahn (Lyon-Chambéry-Modane-Turin), die durch die Zweiglinie Culoz-Genf mit den schweiz. Bahnen verbunden ist, und die Straße über den kleinen St. Bernhard, die von Albertville durch das Thal der Isère hinaufsteigt, sich bei Aosta im Thale der Dora Baltea mit der Straße und dem Saumwege über den Großen St. Bernhard (Martigny-Aosta) verbindet und bei Ivrea das oberital. Bahnnetz erreicht. Als Längslinie verbindet die fünf letztgenannten Pässe die Eisenbahn, die von Avignon durch das Thal der Durance nach Gap und über den Col de la Coix-Haute (1166 m) nach Grenoble führt und dann der Isère nach, die Mont-Cenis-Linie kreuzend, nach Albertville hinaufsteigt; von hier aus führt eine Poststraße über Mégève (1121 m) nach Sallanches im Thal der Arve, wo sie sich teilt, um einerseits flußabwärts nach Genf, andererseits flußaufwärts nach Camonix und über den fahrbaren Paß der Tête-noire nach Martigny im Rhônethal zu gelangen.

Weiter im Osten bis zum Brenner werden die fahrbaren Straßenzüge etwas zahlreicher, während bezüglich der Bahnen ungefähr das gleiche Verhältnis bestehen bleibt. Vom Genfer See aus führt, die Freiburger Alpen umgehend, die Simplonbahn durch das Rhônethal hinauf bis Brieg, wo sich an dieselbe die Simplonstraße anschließt, die bei Arona das ital. Bahnnetz erreicht. Die Fortsetzung der Bahn von Brieg nach Arona ist geplant. Die Gotthardstraße führt vom Vierwaldstätter See durch Uri und Tessin zum Lago Maggiore. In dieselbe münden bei Biasca vom Vorderrheinthal her die Lukmanierstraße und bei Arbedo die Straße über den Bernhardin; südlich zweigt die Straße über den Monte-Cenere, Bellinzona-Lugano, ab. Die Gotthardbahn und die Monte-Cenere-Bahn wurden 1882 dem Betrieb übergeben. Am reichsten entwickelt ist das Straßennetz des schweiz. Kantons Graubünden. Von der Bahnlinie, die vom Züricher und Bodensee her, die östl. Flanke der Glarner Alpen umgebend, im bündnerischen Rheinthal bis Chur vordringt, zweigen sich drei Querstraßenzüge ab: von Malans führt eine Straße durch das Prättigau in das Davos und über den Flüelapaß (2390 m) in das Engadin, übersteigt dann den Ofenpaß (2155 m), um ins Münsterthal zu gelangen, und mündet bei Glurns in die große Straße des Reschenscheideck. Von Chur führt südlich die "obere Straße" über die Lenzerheide (1551 m) und den Julier ins Engadin und über die Maloja nach Chiavenna; die untere Straße zieht sich von Chur rheinwärts bis Reichenau, wendet sich dann südlich ins Thal des Hinterrheins und erreicht über den Splügen ebenfalls Chiavenna, von wo sich eine Bahn zum Comer See und zur Station Lecco des oberital. Bahnnetzes hinunterzieht. Durch die Schynstraße und die Davoserstraße werden diese drei Straßenzüge miteinander verbunden; von der letztern zweigt bei Alveneu die Albulastraße ab, die über das gleichnamige Joch das Engadin erreicht und sich über den Berninapaß nach Tirano im Veltlin fortsetzt. Die westlichste Verkehrsstraße Österreichs wird durch die Arlbergstraße und die 1884 eröffnete Arlbergbahn von Bludenz nach dem Innthal, und von der Straße über das Reschenscheideck gebildet, die sich bei Spondinig teilt, um einerseits durch das Etschthal abwärts Bozen an der Brennerbahn, andererseits über das Stilfser Joch Bormio und das Veltlin zu erreichen. Diese Gruppe von Querstraßen wird von drei großen Längsstraßenzügen gekreuzt. Von der Endstation Brieg der Simplonbahn führt eine Straße durch das Oberwallis und über die Furka ins Urserenthal und über die Oberalp (2052 m) in das Rheinthal, um sich bei Chur wieder an das Bahnnetz anzuschließen. Der mittlere Längsstraßenzug wird vom Innthal vorgezeichnet. Im W. lehnt er sich mit der Malojastraße bei Chiavenna an die Splügenstraße an, führt dann das Engadin abwärts, erreicht bei Finstermünz das tirolische Oberinnthal und bei Landeck die Arlbergbahn. Von N. aus dem bayr. Oberlande münden in die Straße des Innthals die drei Poststraßen über den Fernpaß (1250 m) aus dem Lechthale (Füssen-Telfs, Eisenbahn geplant), über das Seefeld (1176 m) aus dem Loisachthale (Partenkirchen-Zirl) und über den Achenseepaß (925 m) aus dem Weißachthale (Tegernsee-Jenbach). Der südlichste Straßenzug endlich zweigt bei Colico von der Splügenroute ab und zieht sich durch das Veltlin aufwärts, überschreitet den Apricapaß (1234 m) und gelangt von dem Val Camonica über die Tonalestraße in das Val di Sol und Val di Non und hinaus nach San Michele an der Brennerbahn.

Die Grenze zwischen den Rhätischen Alpen und den Tauern wird vom Brenner gebildet, über dessen Joch Straße und Bahn das Inngebiet mit dem Etschgebiet verbinden. Im N. schließt die Bahn bei Rosenheim, im S. bei Verona an den Schienengürtel rings um die Alpen, östlich vom Brenner bis zu den Quellen der Mur hindert die gewaltige Bergmauer der Hohen Tauern die unmittelbare Fahrverbindung quer durch das Alpensystem; erst weiter im Osten gestattet die Zugänglichkeit und geringe Höhe der Joche wieder die Entwicklung des Straßennetzes, zugleich aber auch eine so reiche Entfaltung des Bahnnetzes, daß die Fahrstraßen ihre ehemalige Bedeutung großenteils eingebüßt haben. Die wichtigsten Verkehrswege östlich vom Brenner sind die folgenden: von Salzburg führt die Eisenbahn durch das Salzachthal und Fritzthal über Eben (856 m) ins Ennsthal, wo bei Radstadt der Straßenzug über den Radstädter Tauern (1738 m) ins Murthal und über den Katschberg (1641 m) ins Drauthal abzweigt, welches er bei der Station Spittal der Bahnlinie Marburg-Franzensfeste erreicht; die südl. Fortsetzung dieser Route wird durch die Poststraße gebildet, die bei Tarvis die Bahn verläßt, um über den Predil (1162 m) durch die Flitscherklause und das Isonzothal Görz zu erreichen. Ein zweiter Straßenzug führt von Steyr an der Enns (bis Grünburg Bahn) durch das Thal des Steyrflusses, gelangt über den Pyhrnpaß (945 m) ins Thal der Enns, über den Rottenmanner Tauern (1265 m) nach Judenburg im Murthal und über den Obdachersattel ins Lavantthal, wo er bei Wolfsberg die Bahn wieder erreicht; als Fortsetzung dieses Wegs mag die Poststraße über den Loibl (1370 m) gelten, die von Klagenfurt über die Karawanken ins Thal der Save führt. Die dritte Verkehrsstraße wird von einer Eisenbahn gebildet, die im Zickzack die Alpen durchschneidend, bei St. Valentin einerseits und bei Amstetten andererseits von der Linie Wien-Salzburg südlich ins Ennsthal abzweigt, wo sie das Gesäuse, den wildschönen Durchbruch der Enns durch die Österreichischen Kalkalpen berührt; bei Selzthal wendet sie sich nach SO. und erreicht durch das Palten- und Liesingthal St. Michael an der Mur,