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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Amhara; Amharische Sprache; Amherst; Amherst (Lord Jeffrey); Amherst (Stadt); Amiant

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Amhara – Amiant

Amhāra, Gesamtname für den mittlern Teil des abessin. Alpenlandes um den Tanasee herum, umfaßt namentlich die Landschaften Dembea im N. des Sees, Begemeder und Lasta im O., Metscha und Godscham im S. des Sees. (S. Karte: Ägypten.) Als Hauptstadt gilt jetzt Gondar (s. d.) in Dembea. Die Bewohner, die Amhara, gehören zur äthiop. Abteilung der semit. Rasse und sind die begabtesten Abessinier. Von A. ging 1850 die Erhebung des Häuptlings Kâsa, des spätern Theodor II., Kaisers von ganz Abessinien (s. d.), aus.

Amharische Sprache, so benannt nach der Provinz Amhara (s. d.), ist seit dem Aussterben der (äthiopischen oder) Geez-Sprache die Hauptverkehrssprache Abessiniens und der angrenzenden Länder. Ihre eigentliche Heimat ist die südl. Hälfte Abessiniens, wo sie bis ins 14. Jahrh. n. Chr. als unbeachteter Volksdialekt gesprochen wurde. Erst nachdem die königl. Residenz mehr nach Süden, in das Gebiet des Amharischen verlegt war, empfing die Sprache eine größere praktische Bedeutung. Aus den angedeuteten Gründen wird sie hier und da auch wohl lesāna negūs, d. i. Sprache des Königs, genannt. Sie schließt sich grammatisch und lexikalisch unter den semit. Sprachen am meisten dem Geez an, ist aber nicht eine jüngere Gestaltung von diesem, sondern die Tochter eines unbekannten, dem Geez nächstverwandten altamhar. Dialekts. Obgleich das Amharische manche Reste altsemit. Sprachgutes bewahrt hat, stellt es doch nicht nur dem Geez gegenüber eine spätere Entwicklungsstufe des Südsemitischen dar, sondern zeigt überhaupt wohl von allen semit. Sprachen die weiteste Auflösung. In allen Lautverhältnissen ist das Amharische sehr entartet, die grammatischen Formen sind in hohem Grade zusammengeschrumpft oder durch Neubildungen ersetzt; die alten Wort- und Wurzelbedeutungen haben vielfach neuen Platz gemacht. Nicht zum wenigsten ist das ursprünglich rein semit. Aussehen des Amharischen verzerrt worden durch den gewaltigen Einfluß, den Jahrhunderte hindurch die benachbarten urafrik. Sprachen ausgeübt haben. Besonders gilt dies vom Satzbau und von der Wortstellung, die ein durchaus unsemit. Ansehen haben. Nachdem die Sprache viele Jahrhunderte nur im Munde des Volks gelebt hatte, begann man sie nach dem Absterben des Geez zu schreiben und benutzte dazu das äthiop. Alphabet, indem man zugleich für die eigentümlich amhar. Laute durch leichte Modifikationen der äthiop. Buchstaben neue Schriftzeichen erfand. Obwohl das Amharische bis jetzt nicht als eigentliche Litteratursprache bezeichnet werden kann, so ist doch, namentlich seit 1600, mancherlei darin geschrieben worden, teils Übersetzungen und Erklärungen biblischer und anderer äthiop. Bücher und Vokabularien, teils kurze Geschichtsabrisse, dogmatische und ethische Kompendien, Beichtformulare u. dgl., für das gemeine Volk bestimmt, teils Schriftchen über Magie und mediz. Gegenstände. Zu den ältesten rein amhar. Texten gehören die von Guidi vollständig herausgegebenen Königslieder («Le canzoni geez-amariña in onore de Rè Abissini», Rom 1889). Außerdem sind bis jetzt die Bibel und eine Reihe von Missionsschriften und Lehrbüchern gedruckt. Grammatisch und lexikalisch wurde das Amharische ziemlich dürftig von Ludolf (Frankf. 1698), vollständiger von Isenberg (Lexikon, Lond. 1841; Grammatik, ebd. 1842) bearbeitet. Ein grammatisches lat. Handbuch zur Erlernung der amhar. und der Galla-(Oromo-)Sprache wurde ↔ 1867 von Massaja, eine wissenschaftliche amhar. Grammatik von Prätorius («Die A. S.», Halle 1879), eine «Grammatica elementare» von Guidi (Rom 1889) herausgegeben. Ein «Dictionnaire Amariñña-Français» von A. d'Abbadie wurde 1881 im Druck vollendet. Der Generalstab der ital. Armee gab ein den praktischen Bedürfnissen entsprechendes Büchlein heraus (Piano, «Raccolta delle frasi più usuali tradotte dall' Italiano in Amarico», Rom 1887).

Amherst (spr. ämmerst), Ort im County Hampshire des nordamerik. Staates Massachusetts, 135 km westlich von Boston, hat (1890) 4512 E., das Amherst-College, eins der bedeutendsten der Vereinigten Staaten, mit großer Bibliothek, Sternwarte und Naturaliensammlung, 1821 gegründet.

Amherst (spr. ämmerst, birman. Kjaik-Khami), Stadt im Distrikt A. der Provinz Tenasserim in brit. Birma, unter 16° 4' nördl. Br. und 97° 35' östl. L., am Wakarufluß, südlich vom Ästuarium des Saluën und 48 km südlich von Malmen, wurde 26. April 1826 von den Engländern aus militärischen und Handelsrücksichten gegründet und nach dem damaligen Generalgouverneur des Indobritischen Reichs, Lord Amherst, benannt. Obwohl der Sitz der Regierung schon 1827 nach Malmen verlegt wurde, hatte A. 1853 bereits über 20000 E., ging aber bald wieder zurück, weil der Hafen durch eine Reihe von Felsen, die sich 1,5 km weit ins Meer hineinziehen, gefährlich zu erreichen ist. Deshalb wurde A. sehr bald von dem nördlicher gelegenen Malmen überflügelt, für welche Seestadt A. jetzt die Bedeutung Cuxhavens für Hamburg hat. A. ist wegen seiner gesunden Lage auf einer Anhöhe Erholungsort der in Malmen wohnenden Europäer, Ausgangspunkt der Lotsen und hat etwa 3000 E.

Amherst (spr. ämmerst), Lord Jeffrey, engl. Feldmarschall, geb. 29. Jan. 1717, trat 1731 als Fähnrich in die Garde und stieg schnell zu höhern Offiziersstellen empor; 1758 erhob ihn der ältere Pitt zum Generalmajor und übertrug ihm die Führung einer Expedition von 14000 Mann gegen die Franzosen nach Canada. A. nahm 1759 Ticonderoga, vollendete nach Wolfes Tod die Eroberung Canadas, wurde 1760 Generalgouverneur von Britisch-Nordamerika, kehrte aber nach vergeblicher Bekämpfung der Indianererhebung unter Pontiac 1763 heim und wurde ehrenvoll als der Eroberer Canadas empfangen und zum Gouverneur von Virginia, 1770 zum Gouverneur von Guernsey ernannt. 1772 wurde A. zum Generallieutenant, 1776 zum Lord A. erhoben, welche Würde 1782 mit Erblichkeit für seinen Neffen erneuert wurde. Seit 1793 Oberbefehlshaber der brit. Armee, mußte er sein Oberkommando niederlegen, erhielt aber im folgenden Jahre die Feldmarschallwürde und starb 3. Aug. 1797.

William Pitt A., zweiter Lord A., seit 1826 Graf von A., Neffe des vorigen, engl. Diplomat und Staatsmann, geb. 14. Jan. 1773, ging 1816 als Gesandter nach Peking, um die Klagen über Bedrückung engl. Kaufleute beizulegen; aber die Mission scheiterte, weil er sich weigerte, die erniedrigenden Ceremonien der chines. Etikette zu erfüllen. 1823 wurde er Generalgouverneur von Indien, führte einen glücklichen Krieg gegen Birma, der mit der Abtretung von Tenasserim, Arakan und Assam endete, und wurde 1826 zum Grafen A. erhoben. 1827 trat er ab und lebte zurückgezogen bis zu seinem Tode, 13. März 1857.

Amiánt, s. Asbest.