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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Äther

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Äther (chemisch) - Äther (gewöhnlicher)

Äther, chem. Gesamtbezeichnung für organische Verbindungen, die als Anhydride der Alkohole (s. d.) aufzufassen sind, indem z. B. zwei Alkoholradikale durch ein Sauerstoffatom verbunden sind. Als Beispiel diene der gewöhnliche Ä., der durch Wasseraustritt aus dem Äthylalkohol nach folgender Gleichung entsteht:

C2H5·OH+C2H5·OH = C2H5·O·C2H5+H2O ^[C_{2}H_{5}·OH+ C_{2}H_{5}·OH = C_{2}H_{5}·O·C_{2}H_{5}+H_{2}O].

Die einfachen Ä. enthalten zwei gleiche Alkoholradikale, die gemischten Ä. zwei verschiedene Alkoholradikale, wie z.B. der Methyläthyläther, CH3·O·C2H5 ^[CH_{3}·O·C_{2}H_{5}]. Darstellungsmethoden für Ä. sind die folgenden. Man läßt Alkylhaloide auf Natriumalkoholate einwirken:

C2H5·Cl+CH3·ONa = C2H5·O·CH3+NaCl ^[C_{2}H_{5}·Cl+CH_{3}·ONa = C_{2}H_{5}·O·CH_{3}+NaCl].

Oder man erwärmt die Alkohole mit konzentrierter Schwefelsäure, wobei sich zunächst Ätherschwefelsäuren bilden (s. Äther, gewöhnlicher).

Die Ä. sind meist neutrale, flüchtige, in Wasser nahezu unlösliche Flüssigkeiten. Das niedrigste Glied, der Methyläther, CH3·O·CH3 ^[CH_{3}·O·CH_{3}] ist ein Gas; die höchsten Glieder, wie der Cetyläther, sind fest. Die Siedepunkte der Ä. liegen stets viel niedriger als die der Alkohole von gleichem Kohlenstoffgehalte. In chem. Beziehung sind die Ä. sehr indifferent und wenig zu Umsetzungen geneigt. Auch die Phenole vermögen Ä. zu bilden.

Von diesen Ä. muß man die sog. zusammengesetzten Ä. unterscheiden, die ein Alkohol- und Säureradikal enthalten und welche besser als Ester (s. d.) bezeichnet werden. Von diesen Estern werden in der Pharmacie der Essigäther, Salpeteräther u. s. w. verwendet, in der Spirituosenfabrikation benutzt man verschiedene Ester als Arrakessenz, Rumessenz, in der Zuckerbäckerei als Ananas-, Apfel-, Birn-, Erdbeer- und andere Essenzen.

Äther, gewöhnlicher, Äthyläther, Äthyloxyd, Schwefeläther, Schwefelnaphtha, C4H10O = (C2H5)2O ^[C_{4}H_{10}O =(C_{2}H_{5})_{2}O], entsteht, indem konzentrierte Schwefelsäure bei einer Temperatur von 130 - 140° C. auf starken Äthylalkohol wirkt. Der bei der Ätherverbindung stattfindende Vorgang zerfällt in zwei Abteilungen. Schon bei gewöhnlicher Temperatur treten aus 1 Molekül Alkohol und 1 Molekül Schwefelsäure die Elemente von 1 Molekül Wasser aus, es entsteht der saure Äthyläther der Schwefelsäure, Ätherschwefelsäure oder Äthylschwefelsäure nach der Gleichung:

C2H5·OH+H2SO4 = C2H5O·SO3H+H2O ^[C_{2}H_{5}·OH+H_{2}SO_{4} = C_{2}H_{5}O·SO_{3}H+H_{2}O].

Wirkt dann bei 130-140° C. auf die Ätherschwefelsäure ein zweites Molekül Alkohol, so vereinigt sich die in der Ätherschwefelsäure enthaltene Atomgruppe C2H5O ^[C_{2}H_{5}] mit dem Äthyl, C2H5 ^[C_{2}H_{5}], des Alkohols zu Ä., während wieder Schwefelsäure entsteht:

C2H5·O·SO3H+C2H5·OH = ^[C_{2}H_{5}·O·SO_{3}H+C_{2}H_{5}·OH =]

C2H5·O·C2H5+H2SO4 ^[C_{2}H_{5}·O·C_{2}H_{5}+H_{2}SO_{4}].

Faßt man beide Zersetzungsstadien in eine Gleichung zusammen, so erhält man:

2C2H5·OH+H2SO4 = ^[2C_{2}H_{5}·OH+H_{2}SO_{4} =]

C2H5·O·C2H5+H2O+H2SO4 ^[C_{2}H_{5}·O·C_{2}H_{5}+H_{2}O+H_{2}SO_{4}].

Hieraus erhellt aber, daß ein und dieselbe Menge von Schwefelsäure im stande ist, unbegrenzt große Mengen von Alkohol in Ä. zu verwandeln, wenn man zu der in einer Destillierblase befindlichen Säure dauernd Weingeist hinzufließen läßt und das Gemenge dabei stets auf der Ätherbildungstemperatur (etwa 130°) erhält. Dabei sollten als Reaktionsprodukte nur Ä. und Wasser gebildet werden. Bei der Ausführung gestaltet sich aber der Prozeß etwas abweichend, insofern ein Teil des Wassers durch die große Hygroskopicität der Schwefelsäure bei dieser zurückgehalten wird, wodurch schließlich ein Verdünnungsgrad eintritt, bei dem Säure und Alkohol nur noch mangelhaft aufeinander reagieren; versucht man durch eine Steigerung der Temperatur die Schwefelsäure von dem aufgenommenen Wasser zu befreien, so tritt der Übelstand ein, daß die Säure bei der dazu erforderlichen Temperatur zerstörend unter Abscheidung von Kohle auf den Alkohol wirkt, wobei dann die Kohle wieder Zersetzung der Schwefelsäure zu schwefliger Säure hervorruft.

Der rohe Ä. enthält noch Wasser und Alkohol gelöst und ist meist durch schweflige Säure verunreinigt. Um ihn hiervon zu befreien, versetzt man ihn zunächst in geräumigen starken Flaschen mit seinem gleichen Volumen Wasser, dem etwas Kalkmilch zugefügt ist, und schüttelt kräftig um, wobei das Wasser den Alkohol aufnimmt und der Kalk die schweflige Säure bindet. Den auf dem Wasser schwimmenden Ä. zieht man mittels eines Hebers ab und rektifiziert ihn durch Destillation über Chlorcalcium. Letztere Operation ist wegen ihrer Feuergefährlichkeit mit äußerster Sorgfalt auszuführen. Die Erwärmung des Destillationsapparats ist nur durch warmes Wasser zu bewirken, durch den Kondensator ist ein starker Strom von möglichst kaltem Wasser zu führen. Der so gewonnene Ä. ist für alle pharmaceutischen Verwendungen genügend rein, obgleich er noch spuren von Wasser und Alkohol enthält. Will man ihm diese entziehen, wie es für einzelne chem. Zwecke erforderlich ist, so bringt man den Ä. mit zu feinen Scheiben zerschnittenem Natriummetall zusammen; letzteres wird dabei durch das Wasser in Natriumoxydhydrat, durch den Alkohol in Natriumalkoholat verwandelt, beides unter Freiwerden von Wasserstoff. Die Wasserstoffentwicklung dauert meist tagelang, nach ihrer Beendigung destilliert man den Ä. in gläsernen Apparaten. In dem bei der ersten Destillation erhaltenen Wasser sowie im Waschwasser des rohen Ä. ist noch viel Ä. gelöst. Um diesen zu gewinnen, destilliert man die gesammelten Wasser, wobei zu Anfang reiner Ä., dann alkoholhaltiger Ä. und endlich wässeriger Alkohol übergeht, die für sich zu gute gemacht werden.

Der Ä. ist eine farblose, neutral reagierende Flüssigkeit von eigentümlich erfrischendem und belebendem Geruch, deren Dampf beim Einatmen Bewußtlosigkeit hervorruft (s. Anästhesieren); er siedet bei 34,9° C., verdunstet rasch an der Luft ohne Rückstand, sein spec. Gewicht bei 6,9° C. ist 0,7239; der pharmaceutisch verwendete Ä. soll nach der 3. Ausg. des Deutschen Arzneibuches (von 1890) das spec. Gewicht 0,728 bei 15° haben und auf bestem Filtrierpapier rasch verdunsten, ohne einen Geruch zu hinterlassen; sein Dampf ist ungemein leicht entzündlich, mit Luft gemischt explodiert er gewaltsam, alle Arbeiten mit Ä. müssen daher mit größter Vorsicht und in beträchtlicher Entfernung von jeder Flamme ausgeführt werden. Ä. löst sich in 14 Teilen Wasser und nimmt selbst 1/36 seines Gewichts Wasser auf; ist mit Alkohol, Holzgeist, Aceton, Chloroform in jedem Verhältnis mischbar; löst alle Fette, Öle, Harze, ätherischen Öle, viele Alkaloide, Jod, Brom, Phosphor, wenig Schwefel, ferner gewisse Metallsalze, namentlich die Chloride, Bromide, Jodide von Quecksilber, Gold, Kupfer, Eisen, Aluminium, Silicium, mit denen er zum Teil chem. Verbindungen eingeht. Der Ä. findet Verwendung in der