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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bakr-'id; Bakterien

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Bakr-'îd – Bakterien

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Bakonyer Wald'

Wein der Plattenseegegend, so der Schomlauer Wein an dem Somlyo (436 m). Ein Abfluß des B. W. nach N. zur Donau ist der Bakony.

Bakr-'îd, s. Bairâm.

Bakterĭen (vom grch. bakterion, Diminutiv von baktron, d. h. Stab), Spaltpilze oder Schizomyceten, einzellige, rundliche oder cylindrisch-stabförmige pflanzliche Lebewesen von 0,001 mm oder noch weniger Durchmesser, selten mehr als viermal so lang als breit. Ihr Zellleib besteht aus Protoplasma (Mykoproteïn), welches bei einigen Chlorophyll (Blattgrün) enthält (Spaltalgen), meist aber farblos ist (Spaltpilze); Kerne sind bisher nur bei wenigen Formen beschrieben worden. Im Protoplasma können Stärke- und Schwefelkörner vorkommen. Die Zellen haben eine gallertige Hülle mit starrer innerster Schicht; von dieser Hülle scheinen auch Geißelfäden auszugehen, welche bei einigen beweglichen Formen beobachtet werden und durch ihre Schwingung die Ortsbewegung der B. in Flüssigkeiten veranlassen. Die runden Zellformen heißen Kokken (grch. kokkos, Kern, s. Kokkus und Tafel: Bakterien, Fig. 2 u. 6), die geraden, stäbchenförmigen B. im engern Sinne oder Bacillen (Fig. 1 u.3), die schrauben- oder korkzieherförmig gewundenen Spirillen (Fig. 4 u. 5, vom grch. speira, d. i. gedrehter Strick) oder auch Spirochäten.

Die Vermehrung der B. geschieht dadurch, daß dieselben sich, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben, in zwei Hälften zerlegen; diese werden entweder frei oder bleiben in bestimmter Anordnung nebeneinander liegen, so daß Verbände, Fäden oder Gruppen, entstehen; so unterscheidet man bei den Kokken Kettenreihen (Streptokokken, vgl. Tafel: Bakterien, Fig. 2), traubenförmige Gruppen (Staphylokokken), Gruppen zu je vier Kokken (Tetragenus, Fig. 6), paketförmige zu je 16 durch Teilung in drei Dimensionen (Sarcine) u. s. f. Besonders groß werden diese Verbände, wenn sie durch starke Quellung der Zellmembranen der einzelnen Kokken zu sog. Zooglöen sich ausbilden. Solche Verbände sind z. B. die sog. Kahmhäute, welche auf gärenden Flüssigkeiten schwimmen und aus unzähligen in einer schleimigen Grundsubstanz eingebetteten B. bestehen, ferner der sog. Froschlaich der Zuckerfabriken, die Kefirkörner u. a. m. Da die Form und Farbe dieser Verbände sehr charakteristisch für jede Einzelart ist und man sie mit bloßem Auge gut erkennen kann, so dienen dieselben als sehr sicheres Unterscheidungsmerkmal bei der Reinzüchtung (s. Bakteriologie II, Untersuchungsmethoden).

Gewöhnlich dann, wenn der Nährboden, auf dem die B. wachsen, erschöpft ist, bilden viele Arten aus ihrem Protoplasma Sporen (vom grch. spóros, der Same), kleine Körner, welche von großer Widerstandskraft gegen äußere Einflüsse (Hitze, Kälte, Trockenheit) sind, daher, wenn der Zellleib selbst bereits abgestorben ist, am Leben bleiben und viele Jahre lang die Kraft bewahren, wieder auszuwachsen und neue Zellgenerationen zu bilden, sobald sie wieder auf guten Nährboden gelangen. Entstehen die Sporen im Innern des Zellleibes, so bezeichnet man die B. als endospor (vgl. Tafel: Bakterien, Fig. 3); wandeln sich ganze Zellen in Sporen um, so nennt man sie arthrospor. Auf dieser Eigenschaft der Sporenbildung beruht die Leichtigkeit der Verschleppung keimfähiger B. durch die Luft und daher ihre eminente Verbreitung. In der Luft wechselt die Zahl der Keime je nach der Lokalität; so fanden sich im Freien ↔ in Berlin 0,1–0,5 Keime pro Liter, im Krankensaal 11,0 pro Liter, in einem Versuchstierstall 232 pro Liter. Seeluft wurde bisweilen ganz bakterienfrei gefunden; im Regenwasser fand Miquel 35, im Seinewasser oberhalb Paris 1400, unterhalb Paris 3200 Keime pro Kubikcentimeter.

Wachstumsbedingungen.

  • 1) Die Temperatur bietet jedem Bakterium ein Optimum, bei welchem das Wachstum am besten vorschreitet, sowie ein Minimum und Maximum, jenseit welcher Grenzen die Zelle getötet wird. Die Empfindlichkeit für die Temperatur ist bei parasitischen B. viel feiner als bei saprophytischen (s. unten). Die untere Grenze ist fast unbegrenzt, selbst bei –110° C. sterben viele B. noch nicht ab; die obere beträgt für Wuchsformen 50–60°, für Sporen bis zu 130°.
  • 2) Wasser ist für die B. im allgemeinen nötig, wenn auch einzelne Arten, vor allem aber die Sporen, das Austrocknen sehr lange ertragen.
  • 3) Sauerstoff bedürfen viele B. (aerobiontische), andere werden durch dies Gas getötet (anaerobiontische); viele können mit oder ohne Sauerstoff vegetieren (fakultativ anaerobiontische).
  • 4) Die chlorophyllhaltigen Spaltalgen vermögen, wie alle übrigen Pflanzen, Kohlensäure zu assimilieren und Sauerstoff auszuscheiden. Die chlorophyllfreien Spaltpilze dagegen bedürfen zur Ernährung höher organisierter tierischer oder pflanzlicher Stoffe, welche sie durch ihre Stoffwechselvorgänge zerlegen können, Eiweiße, Kohlenhydrate u. s. w.; im einzelnen bestehen bezüglich der Zuträglichkeit der Nährböden große Differenzen.

Von Bedeutung ist ferner die Reaktion der Nährstoffe; die beste Entwicklung geschieht bei schwach saurer, neutraler oder schwach alkalischer Reaktion.

Schädlich für das Leben der B. wirken stärkere Säuren und bestimmte Metallsalze. Hierauf beruht die praktische Verwertung derselben (Karbolsäure, Sublimat, schweflige Säure u. a.) zur Desinfektion und Antisepsis. Sublimat tötet Sporen schon in einer Verdünnung von 1:20000 in 10 Minuten; Carbolsäure in 5prozentiger Lösung in 24 Stunden. Sehr stark bakterientötend wirken Chlor, Brom, Jod, Kalk; absoluter Alkohol tötet die Sporen der Milzbrandbacillen auch nach monatelanger Einwirkung nicht. Die wichtigsten Kokken (Strepto- und Staphylokokken) erliegen schon bei Anwendung schwächerer (2–3 Proz.) Carbolsäurelösungen.

Unter günstigen Wachstumsbedingungen läuft die Entwicklung der B. sehr rasch ab, manche können sich in 30 Minuten vollständig bis zur Teilung ausbilden; andere brauchen indessen auch länger. Man hat ausgerechnet, daß, wenn die Nährböden ausreichten, bei der stetigen Entwicklung von zwei B. aus einem im Laufe einer Stunde, nach drei Tagen bereits aus einem Bakterium 47 Trillionen mit einem Gewicht von 7½ Mill. kg geworden wären; nach fünf Tagen würden sie den Raum des ganzen Weltmeers ausfüllen können.

Für die Bewegung der B. ist die Art der Lebensbedingungen insofern maßgebend, als dieselbe z. B. bei den Aerobionten immer dorthin gerichtet ist, wo Sauerstoff ist (Oberfläche der Flüssigkeiten, daher die oberflächliche Entwicklung der Kahmhäute, u. a.).

Je nachdem die B. auf toten oder lebenden Nährsubstraten vegetieren, unterscheidet man Saprophyten und Parasiten; manche Formen können bald saprophytisch, bald parasitisch leben. Die erstern bilden durch Oxydationsprozesse Verwesung, Fäulnis, Gärung, die letztern wirken krankheit-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 312.