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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Barberini; Barberini-Vase; Barbès; Barbette; Barbey

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Barberini - Barbey d'Aurevilly

des franz. Depart. Aube, in 105 m Höhe, an der Seine und an der Linie Paris-Petit-Croix der Franz. Ostbahn, 6 km von Troyes, hat 271 E., eine Kirche aus dem 12. und 16. und ein schönes Schloß aus dem 17. Jahrh. Betrieben wird Fabrikation der berühmten Käse von Troyes.

Barberini, röm. Fürstengeschlecht. Die B. hießen ursprünglich Tanfani und nannten sich nach ihrem Heimatsort Barberino in Toscana, von wo sie früh nach Florenz übersiedelten. Den Glanz des Hauses begründete Carlo Maffeo B., geb. 1568, der als Urban VIII. (s. d.) 28. Aug. 1623 den päpstl. Stuhl bestieg; dieser verlieh der Familie den Fürstentitel und mehrere Herzogtümer. Der Versuch der B., im Kriege um Castro (1641-44) den Farnese von Parma die Herzogtümer Castro und Ronciglione zu entreißen, war ohne Erfolg; dafür hielten sie sich durch Entfremdung unerhörter Summen schadlos. Neben den Borghese wurden sie so das reichste der vielen päpstl. Nepotengeschlechter. Von Innocenz X. zur Rechenschaft gezogen, flüchteten sie zuerst nach Frankreich und verständigten sich dann mit der Schwägerin des Papstes, der Donna Olimpia Maidalchini, welche gegen eine Abfindungssumme sie im Besitz ihres Raubes ließ. Papst Urbans VIII. Bruder Carlo hatte drei Söhne: Francesco (geb. 1597, Kardinal seit 1623, gest. 1679) leitete unter Urban die Regierung des Kirchenstaates und die äußere Politik und ist Begründer der berühmten Bibliothek, die noch jetzt trotz mancher Verluste die reichste Privatsammlung Roms ist. Den zweiten Sohn Taddeo (gest. 1647, Gemahl der Anna Colonna Palliano) ernannte der Papst zum Präfekten von Rom und nach dem Aussterben der Rovere 1631 zum Herzog von Urbino. Der jüngste der drei Brüder, Antonio B., geb. 1608, gest. 1671 zu Nemi, ward 1628 Kardinal und 1657 Erzbischof von Reims. Durch ihn kamen auch die Güter der röm. Linie Frangipani als Erbschaft an das Haus B. - Taddeos Nachkommenschaft erlosch 1738 im Mannsstamme; ihr Name und Erbe ging über auf Giulio Cesare Colonna, den Sohn einer B., Stifter der Colonna-Barberini, welche Linie mit Don Enrico Colonna-Barberini, Fürst von Palestrina (geb. 26. März 1823), 18. Febr. 1889 im Mannsstamme erlosch. Demselben Zweig gehört auch der Fürst B. an, der mit Castracane und Roberti Mitglied der durch Pius IX. von Gaeta aus ernannten päpstl. Regierungskommission war.

Vgl. Brosch, Geschichte des Kirchenstaates (2 Bde., Gotha 1878 u. 1882); A. von Reumout, Beiträge zur ital. Geschichte, Bd. 5 (Berl. 1857).

Außer dem reizenden Landsitz zwischen Albano und Castel Gandolfo, welcher die großartigen Trümmer der Villa Domitians in sich schließt, besitzen die Colonna-Barberini den unter Papst Urban VIII. von den Architekten Maderna, Borromini und Bernini erbauten Palast B., nach dem vatikanischen den größten in Rom. In einem Nebengebäude befand sich Thorwaldsens Künstlerwerkstatt. Das Deckengemälde im Hauptsaale des Palastes ist des Pietro da Cortona bestes Werk. Die Galerie enthält reiche Kunstschätze, u. a. Raffaels Fornarina, die angebliche Beatrice Cenci, den heil. Andrea Corsini von Guido Reni und das 7. April 1655 im Grunde des Palastes aufgefundene alte Gemälde des personifizierten Roms; manches Wertvolle ist jedoch ins Ausland verkauft worden: so der Barberinische Faun (s. Tafel: Griechische Kunst III, Fig. 5) in die Münchener Glyptothek, die Portland-Vase (s. d.) ins Britische Museum.

Barberini-Vase, s. Portland-Vase.

Barbès (spr. -bäh), Armand, franz. Revolutionär, geb. 18. Sept. 1809 auf Guadeloupe, studierte in Paris die Rechte und geriet hier in das Treiben der geheimen Gesellschaften. Er nahm an allen Verschwörungen gegen Ludwig Philipp teil, ward als Anstifter und Anführer des Insurrektionsversuchs vom 12. Mai 1839 von der Pairskammer zum Tode verurteilt und nur auf Fürbitten des Herzogs von Orleans und Victor Hugos vom König zu lebenslänglicher Haft begnadigt, ans der ihn erst die Februarrevolution 1848 befreite. B. wurde Gouverneur des Regierungspalastes, Oberst der 12. Legion der Pariser Nationalgarde und Abgeordneter in der Konstituierenden Versammlung. Er beteiligte sich 15. Mai 1848 an dem Attentat gegen die Nationalversammlung, wurde verhaftet, zu lebenslänglicher Haft verurteilt, 1854 aber freigelassen. Seitdem lebte B. in Belgien, Spanien und den Niederlanden und starb 26. Juni 1870 im Haag. Er schrieb polit. Flugschriften, wie «Deux jours de condamnation à mort» (2. Aufl. 1849), eine Art polit. Testaments.

Barbette, französischer, jedoch auch sonst vielfach angewandter Ausdruck für Geschützbank (s. d.).

Barbey (spr. -beh), Edouard, franz. Politiker, geb. 2. Sept. 1831 zu Béziers. Nachdem er die Marineschule zu Brest absolviert hatte, nahm er als Marineoffizier an verschiedenen Expeditionen teil. 1862 nahm er seinen Abschied und leitete bis 1870 die Spinnfabriken seines Vaters zu Mazamet. Nach Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges erhielt er ein Artilleriekommando in den Pariser Forts auf dem linken Seineufer. Nach dem Frieden erwählte ihn Mazamet zum Maire und Generalrat, in welcher Eigenschaft er den bonapartistischen Kandidaten bekämpfte. 1882 wurde B. Senator für Tarn und nahm seinen Sitz auf der republikanischen Linken. Er beteiligte sich besonders an den Debatten über das Gemeindegesetz, das Volksschulgesetz und das Marinebudget, über das er wiederholt Bericht erstattete. Vom 30. Mai bis 12. Dez. 1887 hatte B. das Portefeuille der Marine und der Kolonien im Ministerium Rouvier inne, übernahm dasselbe später wieder nach dem Rücktritt des Marineministers Krantz, 9. Nov. 1889, in dem Kabinett Tirard und ging 1890 in das Ministerium Freycinet über, mit dem er 19. Febr. 1892 dimissionierte.

Barbey d'Aurevilly (spr. –beh dorwiji), Jules, franz. Journalist und Romanschreiber, geb. 2. Nov. 1807 zu St. Sauveur-le-Bicomte (Depart. Manche), war seit 1825 (Elegie «Aux héros des Thermopyles») dichterisch thätig, ging 1851 nach Paris und starb 23. April 1889. Von seinen Romanen sind zu erwähnen: «Une vieille maitresse» (3 Bde., 1851; neueste Ausg., 2 Bde., 1890), «L'Ensorcelée» 2 Bde., 1854 u. ö.), im normänn. Heideland spielend und wie B.s nächstbeste Leistung, «Le chevalier des Touches» (1864), eine Royalistengeschichte der Revolutionszeit, «Un prêtre marié» (1865; 4. Aufl. 1882), «Les diaboliques» (1874), «Une histoire sans nom» (1882), «Ce qui ne meurt pas» (1884), die Novelle «Amaidée» (1890). B. war eifriger konservativer Katholik und hatte eine originelle Ausdrucksweise für seine rückhaltlosen, oft paradoxen Kundgebungen, namentlich in seiner litterar. Kritik, so in «Les Prophètes du passé» (1851; 3. Ausg. 1880), «Goethe et Diderot» (1880), «Polé-^[folgende Seite]