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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bayreuther Vitriol; Bayrhoffer

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Bayreuther Vitriol - Bayrhoffer

Landbauamtes, Straßen- und Flußbauamtes, Hauptzoll- und Rentamtes, Aichamtes, einer Brandversicherungsinspektion, sowie des Stabes der 8. Infanteriebrigade, hat breite, regelmäßige Straßen und mit Einschluß der Vorstadt St. Georgen (1890) 24556 (12245 männl., 12311 weibl.) E., darunter 20092 Evangelische, 3917 Katholiken und 399 Israeliten; 4969 Haushaltungen, 20 Anstalten; in Garnison das 7. Infanterieregiment Prinz Leopold, sowie die 1., 2., 4. und 5. Eskadron des 6. Chevaulegerregiments vak. Großfürst Konstantin Nikolajewitsch; 1 Bürgermeister, 2 rechtskundige und 12 bürgerliche Magistratsräte, 1 Baurat und 36 Gemeindebevollmächtigte. Die Stadt verdankt ihre heutige Gestalt glanzliebenden Fürsten, besonders den Markgrafen Christian, Georg Wilhelm und Friedrich, dem Gemahl der Schwester Friedrichs d. Gr. Unter letzterm ist die Mehrzahl der für die damalige Zeit sehr ansehnlichen Bauwerke entstanden. Vor dem Alten Schloß, 1454 erbaut, 1594‒99 umgebaut, nach dem Brande 1758 neu aufgebaut und jetzt von Behörden benutzt, mit achteckigem Turm (1603), dessen Wendeltreppe bis zur Zinne fahrbar ist, erhebt sich seit 30. Juni 1860 das eherne Standbild des Königs Maximilian Ⅱ. von Brugger. Das Neue Schloß, ein langes Gebäude mit Flügeln, von Markgraf Friedrich 1753 aufgeführt, ist zur königl. Wohnung eingerichtet. Vor demselben ein Brunnen (1700) mit dem Reiterstandbilde des Markgrafen Christian Ernst (gest. 1712) In der prot. Stadtpfarrkirche, 1439‒46 in got. Stil erbaut, sind Bilder des Malers Riedel (in B. geboren), in der Fürstengruft die Gräber der meisten Markgrafen des 17. bis Mitte des 18. Jahrh. In der Ordenskirche zu St. Georgen, 1705‒18 erbaut, wurden die Versammlungen des Roten Adlerordens abgehalten. Zu den Prachtbauten des Markgrafen Friedrich gehört auch das 1747 aufgeführte Opernhaus; jetzt faßt es noch 1000 Personen, wird aber wegen der schlechten Heizbarkeit nur im Frühjahr und Herbst benutzt. Das Schauspielhaus in der Reiterkaserne dient jetzt als Militär-Zeugkammer. Vor dem Gymnasium seit 14. Nov. 1841 das Standbild des in B. 1825 gestorbenen Jean Paul von Schwanthaler. In der Richard-Wagner-Straße steht das Richard-Wagner-Haus «Wahnfried», 1872 von Wölfel erbaut; darüber ein Sgraffito («Das Kunstwerk der Zukunft»), Wotan als Wanderer, von Krauße in Dresden; im Garten hinter dem Wohnhause Wagners Grab. Auf dem paritätischen Friedhof ist das Grab Franz Liszts. Auf einem Hügel nördlich der Stadt in 380 m Höhe das «Nationaltheater», welches Richard Wagner, der von 1872 bis zu seinem Tode 1883 in B. lebte, zur Aufführung seiner Musikdramen unter seiner Leitung durch Baumeister Wölfel errichten ließ. Der Grundstein wurde 22. Mai 1872 gelegt, im Aug. 1876 fanden hier die ersten Aufführungen der «Nibelungentrilogie», 1882 des «Parsifal» statt. In der Vorstadt St. Georgen befindet sich das ehemalige Kapitelhaus des Roten Adlerordens (jetzt Militärspital), das Zuchthaus St. Georgen mit Besserungsanstalt für Frauen und das Landgerichtsgefängnis, nördlich der Stadt die Kreisirrenanstalt für Oberfranken.

B. hat ein königlich prot. Gymnasium, 1664 gegründet (Rektor Prof. Großmann, 23 Lehrer, 9 Klassen mit Parallelkursen, 327 Schüler), königl. Kreisrealschule (Rektor Heidner, 16 Lehrer), paritätische höhere Mädchenschule, 1 prot., 2 Simultanvolksschulen, prot. Taubstummenanstalt, gewerbliche und kaufmännische Fortbildungsschule, Waisen- und Findelhaus, Rettungsanstalt zur Erziehung verwahrloster Kinder, Kanzleibibliothek (26000 Bände), Kreisnaturalienkabinett, Sammlung deutscher Altertümer des Historischen Vereins für Oberfranken; Post erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, Kreiskasse, Filialbank. Betrieben wird besonders mechan. Baumwollspinnerei, Zuckerraffinerie, Herstellung von Nähmaschinen, landwirtschaftlichen Maschinen, musikalischen Instrumenten, Leder, Brauerei, Spiritusbereitung, Ziegelbrennerei und Granitschleiferei. B. ist Sitz der land- und forstwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft für den Reg.-Bez. Oberfranken und der 26. Sektion der Fuhrwerks-Berufsgenossenschaft. In der Umgebung die Lustschlösser Eremitage und Fantaisie (früher Eigentum des 28. Okt. 1881 gestorbenen Herzogs Alexander von Württemberg). – Vgl. B. Ein Wegweiser (5. Aufl., Bayr. 1891); Chr. Meyer, Quellen zur Geschichte der Stadt B. (ebd. 1893).

Die Geschichte des Fürstentums B. (früher Kulmbach) ist in der ältern Zeit mit der von Ansbach (s. d.) verschmolzen. Als nach dem Tode des kinderlosen Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach (1603) die sog. Fränkischen Fürstentümer an die brandenb. Kurlinie, und zwar an die jüngern Söhne des Kurfürsten Johann Georg fielen, erhielt von den letztern Joachim Ernst (gest. 1625) das Fürstentum Ansbach, dessen Bruder Christian (gest. 1655) das Fürstentum B. Letzterer verlegte die Residenz von Kulmbach nach B., das unter seinen Nachfolgern aufblühte und unter dem Markgrafen Friedrich den höchsten Glanz erreichte. Friedrich war 1735 seinem Vater Georg Friedrich Karl gefolgt und starb 26. Febr. 1763 ohne männliche Nachkommen; ihm folgte sein Oheim Friedrich Christian, der 1769 ebenfalls ohne männliche Nachkommen starb. Das Obere Land oder das Fürstentum B. wurde jetzt noch einmal mit Ansbach unter einem Fürsten vereinigt, bis Markgraf Karl Alexander beide Fürstentümer 1791 gegen ein Jahrgeld an Preußen abtrat. 1806 fielen die Länder an die Verwaltung Napoleons, der Ansbach 1806, B. 1810 an Bayern überließ. – Vgl. Lang, Neue Geschichte des Fürstentums B. (2 Bde., Gött. 1798‒1801); Fikenscher, Lehrbuch der Landesgeschichte des Fürstentums B. (Nürnb. 1808).

Bayreuther Vitriol, s. Doppelvitriol.

Bayrhoffer, Karl Theod., Philosoph und Publizist, geb. 1812 zu Marburg, studierte seit 1829 in Marburg und Heidelberg erst die Rechte, dann Philosophie, habilitierte sich 1834 zu Marburg und ward daselbst 1838 außerord., 1845 ord. Professor der Philosophie. In seinen frühern spekulativen Arbeiten, wie «Grundprobleme der Metaphysik» Marb. 1835), «Idee des Christentums» (ebd. 1836), «Begriff der organischen Heilung des Menschen» (ebd. 1837), namentlich aber in der «Idee und Geschichte der Philosophie» (Lpz. 1838), zeigt sich B. als entschiedener Hegelianer, während er in den «Beiträgen zur Naturphilosophie» (ebd. 1839‒40), in denen er die Theorie mit der Empirie zu versöhnen suchte, von seiner frühern Anschauung abwich. Publizistisch war B. namentlich seit der Entstehung der deutschkatholischen, lichtfreundlichen und Freien Gemeinden thätig. In einer Reihe Schriften, wie «Über den Deutschkatholicismus» (2. Aufl., Marb. 1845), «Das wahre Wesen der gegenwärtigen religiösen