Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Betriebsreglement'
Die sachlichen Abweichungen des österr. und des ungarischen B. von der deutschen Verkehrsordnung sind nur unerheblich; dasselbe schließt sich in einigen Punkten
enger als die Verkehrsordnung an das Berner internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (s. Eisenbahnrecht II, 3) an, auch
da, wo dieses mit dem Handelsgesetzbuch in Widerspruch steht, während die deutsche Verkehrsordnung unzulässige Abweichungen vom Handelsgesetzbuch nicht
enthalten kann, weil sie nicht durch Gesetz festgestellt ist. Die Beförderungsbedingungen für einzelne Gegenstände der durch Bundesratsbeschluß vom 7. Febr.
1895) neu festgestellten Anlage B, insbesondere Sprengstoffe, sind in Österreich-Ungarn andere als im Deutschen Reich. Erheblicher sind die Verschiedenheiten
des B. des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen. In diesem fehlen die Abschnitte der Verkehrsordnung über die Beförderung von Expreßgut
(s. d.), von Leichen und von lebenden Tieren ganz, und nur die Abschnitte über Beförderung von Personen und Gepäck stimmen mit denen der Verkehrsordnung
vollständig überein. Der Abschnitt über die Beförderung von Gütern enthält einen genauen Abdruck des Berner Übereinkommens nebst den Ausführungsbestimmungen,
denen einige Zusatzbestimmungen mit den entsprechenden Paragraphen der Verkehrsordnung beigefügt sind. Um kenntlich zu machen, aus welcher Quelle die
verschiedenen Teile der einzelnen Paragraphen in dem Abschnitte über Güterverkehr entnommen sind, sind diese in verschiedenen Lettern gedruckt.
Die B. stellen sich in rechtlicher Beziehung als Verwaltungsordnungen der einzelnen Bahnen und, insoweit sie auf
Vereinbarungen verschiedener Verwaltungen beruhen, als vertragliche Abmachungen dar. Dem Publikum gegenüber haben sie die Bedeutung von veröffentlichten
Vertragsbedingungen. Auch die Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands besitzt nicht Gesetzeskraft, weil sie nur vom Bundesrate ohne Mitwirkung des
Reichstags beschlossen ist. Sie bildet daher lediglich eine Verwaltungsvorschrift des Bundesrats für die deutschen
Eisenbahnverwaltungen; für das Publikum hat sie ebenfalls nur die Bedeutung von Vertragsbedingungen, die erst durch Abschluß des Frachtvertrags bindend werden. –
Vgl. Thöl, Handelsrecht, Bd. 3 (Lpz. 1880); ders., Handelsrechtliche Erörterungen (Gött. 1882); Goldschmidt in der «Zeitschrift für Handelsrecht» (Bd. 26 u. 28).
Sonstige Litteratur: Wehrmann, Das Eisenbahnfrachtgeschäft (1880); Kühlwetter, Betriebsreglement (1880); Ruckdeschel, Kommentar zum B. (1880); Endemann, Das Recht
der Eisenbahnen (1886); Ulrich, Das Eisenbahntarifwesen (1886); von Buschmann, Das neue Eisenbahn-Betriebsreglement in Gegenüberstellung zum internationalen
Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (Wien 1892).
Betriebssystem, Ackerbausystem, landwirtschaftliches B. oder
Wirtschaftssystem, die Gesamtheit derjenigen Regeln und Grundsätze, nach welchen ein bestimmter Boden bewirtschaftet wird, um
auf demselben die größtmögliche Menge Pflanzensubstanz hervorzubringen. Das B. ist demnach der besondere Charakter, welchen eine Landwirtschaft annimmt infolge
der Einwirkung von äußern, allgemeinen und lokalen Einflüssen. Bis zu gewissem Grade sind die B. abgängig von den beiden Hauptfaktoren der Vegetation, Klima und
Boden. Diese zu regeln und zu modifizieren, wie ↔ es dem jeweiligen Zwecke des Betriebes entspricht, ist Aufgabe der Wirtschaftskunst. Gewöhnlich
macht man einen Unterschied zwischen extensivem Betrieb und intensivem Betrieb; bei dem
erstern wird mit den möglichst geringen, bei letzterm mit den möglichst großen Mitteln der höchste Reinertrag oder die größte Bodenrente zu erzielen gesucht.
Natürlich kann jedes System einer Wirtschaft ebensowohl extensiv als intensiv betrieben werden. Neben Boden, Klima und Lage beeinflußt der Absatz oder die
thunlichst vorteilhafte Verwertung der gewonnenen Produkte die Bildung eines B. am meisten. Die Aufstellung und Befolgung eines B. ist keineswegs Bedingung der
Produktion, im Gegenteil wird letztere auf dem weitaus größten Teil der Erde ohne ein solches erzielt. Die Bodenkultur auf ihrer niedrigsten und auf ihrer
höchsten Stufe hat keine Systeme; diese bilden gewissermaßen nur den Leitfaden, mittels dessen sich die minder Vorgeschrittenen endlich bis zur völligen Freiheit
des Betriebes hinanarbeiten. Die bestehenden landwirtschaftlichen B. lassen sich in folgende Gruppen bringen
1) Die Brandwirtschaft. Die Vegetation eines Bodens wird in bestimmten Zeiträumen durch Feuer zerstört, das durch die
Asche gekräftigte Erdreich als Acker bestellt, solange es sich hinreichend ertragsfähig zeigt, sodann wiederum dem Wildwachstum überlassen. Diese in
uncivilisierten Gegenden häufige Kulturmethode ist auch in Deutschlands Waldgebirgen noch hier und dort mit regelmäßiger Wiederkehr üblich. Als verbesserte
Brandwirtschaft ist zu betrachten die im nordwestl. Europa noch vielfach durchgeführte Moorbrand-Plaggenwirtschaft. Sie
ist auf dem Terrain der Heiden und Moore heimisch; die oberste Narbe des Bodens mitsamt der Pflanzendecke wird abgeschält, die «Plaggen» genannten Stücke
werden in Haufen gesetzt, langsam schwelend verbrannt, die Asche verteilt und untergeackert. Hierauf wird das Neuland, vielleicht mit einiger Düngernachhilfe,
mehrere Jahre hindurch mit Buchweizen, Roggen oder Hafer bestellt, alsdann der Natur überlassen; abermals überziehen es Heidekräuter oder Moorgräser, bis es
wiederum reif ist zum Plaggenhauen. Diese Betriebsart verursacht den Höhenrauch (s. d.); sie ist schon den alten Römern bekannt gewesen,
wie eine Stelle in Virgils «Georgica» zeigt. Zur Urbarmachung jungfräulicher Territorien ist überall die Hilfe des Feuers
unentbehrlich. Nicht zu verwechseln mit der Moorbrandwirtschaft ist die in der neuesten Zeit so höchst erfolgreich eingeführte Melioration der Moordammkultur
(s. Moorkultur) nach Rimpau u.a.
2) Die Koppel- oder Dreeschwirtschaft. Ein kleinerer Teil oder auch die Hälfte des
Areals kommt unter den Pflug und wird jährlich mit Nutzpflanzen bestellt, der andere Teil bleibt zur Weide, aber im Wechsel mit dem ersten, liegen, und der
Reinertrag wird aus der Viehzucht gewonnen. Bloße Gras- oder reine Weidewirtschaft, wie sie in den Marschen oder auf Gebirgsweiden sich findet, hat mit
Ackerbau nichts zu thun; sie beschränkt sich auf die Erzeugung von tierischen Produkten.
3) Die Körnerwirtschaft widmet sich ausschließlich dem Anbau der Cerealien, welche nur mit dem Wechsel zwischen Winter-
und Sommerfrucht aufeinander folgen; die hierdurch unausbleibliche Erschöpfung des Bodens wird auszugleichen gesucht durch die Brache, ein Jahr der Ruhe ohne
Bestellung. Die Körnerwirtschaften heißen auch
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 908.