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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Bragafull; Bragança

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Bragafull - Bragança

San Miguel, studierte 1861-67 in Coimbra die Rechte, widmete sich dann der Erforschung der vaterländischen Litteratur und erhielt 1872 in Lissabon am "Curso superior de Lettras" den Lehrstuhl für moderne, besonders portug. Litteratur. Großes Verdienst erwarb sich B. durch zahlreiche Arbeiten über Volkspoesie. Er sammelte noch in Coimbra die Romanzen, Lieder und Märchen Portugals und legte damit den Grund zu einer wissenschaftlichen und systematischen Erforschung des Folklore der Halbinsel. Die wichtigsten Arbeiten auf diesem Gebiete sind: "Historia da poesia popular portugueza" (1867), "Cancioneiro popular" (1867), "Romanceiro geral" (1867), "Cantos populares do Archipelago Açoriano" (1869), "Contos traditionaes do povo portuguez" (2 Bde., 1883), "O povo portuguez nos seus costumes, crenças e tradições" (2 Bde., 1886). Nicht minder wertvoll sind B.s 20 Bände umfassende litterarhistor. Studien, eine ziemlich vollständige Geschichte der Nationallitteratur (1870-76). Kurze zusammenfassende "Grundrisse" sind: "Theoria da historia da litteratura potugueza" (1873; 3. Aufl. 1881), "Manual d. l. p." (1875) und "Curso d. l. p." (1886). Von B.s philos. Werken, die Comtes Positivismus Eingang in Portugal verschafften, sind nennenswert: "Traços geraes de philopsophia positiva" (1877), "Soluções positivas da politica portugueza" (1878), "Systema de sociologia" (1884). Im Geiste dieses Systems ist auch seine scharf angegriffene "Historia universal" (2 Bde., 1878-82) geschrieben. B. ist außerdem ein geistvoller Dichter; schon als Knabe versuchte er sich in eigenen Schöpfungen und gab lyrische "Folhas verdes" (Ponta-Delgada 1859) heraus. Es folgten das biblische Poem "Stella matutina" (1863), "Visão dos tempos" (1864), lebendige Bilder aus der Entwicklungsgeschichte des Weltalls und der Menschheit, im Geschmacke V. Hugos, "Tempestades sonoras" (1864), das erzählende Gedicht "Ondina do Lago" (1866), "Torrentes" (1869) und "Miragens seculares" (1884). B., auch politisch radikal, gab 1880-86 die Zeitschrift "O Positivismo" heraus.

Bragafull, s. Bragarfull.

Bragança (Braganza), Hauptstadt des Distrikts B. (6664,57 qkm mit [1881] 171 586 E.) und der (ehemaligen) portug. Provinz Traz-oz-Montes, mit dem Titel eines Herzogtums, ist Sitz des Bischofs von Miranda, liegt 14 km von der span. Grenze auf einer weiten, baumarmen, doch fruchtbaren Hochebene in 684 m Meereshöhe und zerfällt in die obere, ummauerte ältere Stadt (Villa) mit dem stark befestigten Schloß, der Stammburg der Herzöge von Bragança (s. d.) und der jetzigen Dynastie von Portugal, und in die tiefer gelegene neue Stadt (Cidade). Der Ort hat zwei Pfarrkirchen, zwei Nonnenklöster, ein Lyceum, ein Hospital, ein Armenhaus, viele Taffet- und Sammetwebereien und (1878) 5495 E. B. ist Waffenplatz und Mittelpunkt des portug. Seidenbaues.

Bragança (Braganza), Stammname der gegenwärtig in Portugal und bis 1889 auch in Brasilien regierenden Dynastie. Das Haus, das seinen Titel von der Stadt B. führt, entstand mit Alfonso I. (gest. 1461), einem natürlichen Sohne des Königs Johann I. (s. d.) aus dem burgund. Stamme. Durch ihre nahe Verwandtschaft mit dem Herrscherhause sowie ihre ungeheuern Reichtümer stiegen die Herzöge von B. bald zu großem Ansehen empor, zogen aber auch den Neid und die Mißgunst des Hofs und des hohen Adels auf sich. Der schwache Herzog Johann von B. (gest. 1582), angestachelt von seiner Gemahlin Katharina, einer Enkelin des großen Emanuel, machte nach dem Aussterben des burgund. Stammes (1580) auf den portug. Thron Ansprüche, vermochte sich aber nicht gegen die Waffengewalt Philipps II. von Spanien zu halten. Als es endlich 1640 dem portug. Klerus und Adel glückte, sich dem span. Joche zu entziehen, erhob man den Herzog Johann von B. unter dem Namen Johann IV. (s. d.) auf den portug. Thron. Nach dessen Tode bestieg 1656 sein Sohn Alfons VI. den Thron, den er jedoch durch eine von seiner eigenen Gemahlin Maria Francisca angestiftete Revolution 1667 an seinen Bruder Peter I. verlor, der nun die Maria Francisca heiratete, während Alfons bis zu seinem Tode (1683) gefangen gehalten ward. Johann V. (1706-50), der Sohn und Nachfolger Peters, erhielt zwar vom Papst Benedikt XIV. 1748 den Titel Rex fidelissimus, Allergläubigste Majestät; aber der Staat geriet in der Hand der Jesuiten und Roms unter ihm so in Verfall, daß selbst Pombal, der Minister seines Sohnes Joseph I. (1750-77), kaum vermochte, Portugal einigermaßen wieder zu erheben. Das Gute, das Pombals Verwaltung schuf, ging unter der Tochter Josephs, Maria Francisca (1777-92), wieder zu Grunde. Diese nahm ihren Oheim und Gemahl, Peter, zum Mitregenten an, ward nach dessen Tode (1786) geisteskrank und mußte 10. Febr. 1792 die Regierung an ihren Sohn Johann VI. (s. d.) überlassen, der nach dem Tode seiner Mutter, 20. März 1816, den Königstitel annahm; er starb 10. März 1826. Johanns VI. Gemahlin war Carlotta, die Tochter des Königs Karl IV. von Spanien, geb. 1775, gest. 6. Jan. 1830. Aus dieser Ehe hinterließ er zwei Söhne, Pedro und Miguel. Der erstere (geb. 1798) wurde 12. Okt. 1822 als Pedro I. (s. d.) zum Kaiser von Brasilien erklärt und entsagte 2. Mai 1826 zu Gunsten seiner Tochter Maria da Gloria (geb. 4. April 1819) der portug. Krone. Pedros I. Bruder, Dom Miguel (geb. 1802), verlobte sich 1826 mit seiner Nichte Maria da Gloria und übernahm 26. Febr. 1828 die Regentschaft in Portugal, die vom 10. März 1826 bis dahin seine Schwester Isabelle Maria geführt hatte. Dom Miguel (s. d.) ließ sich jedoch alsbald von verfassungswidrig zusammenberufenen Cortes zum König ernennen, sodaß sein Bruder Pedro die Rechte seiner Tochter mit den Waffen aufrecht erhalten mußte. Während der Usurpator gestürzt und verbannt wurde, bestieg nun Maria da Gloria (s. d.) 23. Sept. 1833 als selbständige Königin den portug. Thron und vermählte sich 26. Jan. 1835 mit dem Herzog August von Leuchtenberg. Als dieser schon einige Monate später starb, vermählte sie sich 9. April 1836 mit Ferdinand, Prinzen von Sachsen-Coburg-Kohary, aus welcher Ehe fünf Söhne und zwei Töchter entsprangen. Die Königin starb 15. Nov. 1853, und ihr folgte der älteste Sohn als Pedro V. (s. d.) auf dem Throne, der jedoch schon 11. Nov. 1861 kinderlos starb. - Nach dem Tode Dom Pedros V. fiel dessen jüngerm Bruder Ludwig I. (s. d.), geb. 31. Okt. 1838, die portug. Krone zu. Derselbe vermählte sich 6. Okt. 1862 mit Maria Via, einer Tochter des Königs Victor Emanuel von Italien, die 28. Sept. 1863 den Kronprinzen Karl, Herzog von B., gebar. Dieser folgte seinem Vater