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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Brentano

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Brentano (Franz) - Brentano (Lujo)

Maria, so "Satiren und poet. Spiele", Bd. 1, "Gustav Wasa" (Lpz. 1800; Neudruck von Minor, Heilbr. 1863) und "Godwi, oder das steinerne Bild der Mutter" (2 Bde., Brem. 1801-2), die er auf dem Titel selbst einen verwilderten Roman nannte. Gleich originell and bizarr, zum Teil mit eigenartigem Witz und schönen lyrischen Klängen ausgestattet, sind B.s dramat. Erzeugnisse: "Die lustigen Musikanten" (Frankf. 1803), "Ponce de Leon" (Gött. 1804), das Festspiel "Victoria und ihre Geschwister, mit fliegenden Fahnen und brennender Lunte" (Berl. 1817). Hoher poet. Geist spricht sich in der umfassenden dramat. Komposition "Die Gründung Prags" (Pest 1815) aus. Am gelungensten erscheinen die kleinern Novellen, besonders die ergreifende "Geschichte vom braven Kasperl und der schönen Annerl" (zuerst Berl. 1817; oft neu gedruckt, z. B. in Heyses "Novellenschatz"), nach einer Ballade im "Wunderhorn", und der launige Scherz "Die mehreren Wehmüller" (ebd. 1817). Das Bruchstück der "Chronika eines fahrenden Schülers" ("Gesammelte Schriften", Bd. 4) hat A. von der Elbe geschickt fortgesetzt und vollendet (6. Aufl., Heidelb. 1888). B.s letztes Werk war das allerliebste Märchen "Gockel, Hinkel und Gackeleia" (Frankf. 1838; hg. von Grisebach, Berl. 1872). Großes Verdienst erwarb sich B. durch die mit seinem Schwager Ludwig Joachim (Achim) von Arnim (s. d.) u. d. T. "Des Knaben Wunderhorn" veranstaltete Sammlung deutscher Volkslieder; auch an Arnims "Einsiedlerzeitung" (1808) war er beteiligt. Erst nach seinem Tode erschienen B.s prächtige "Märchen" (hg. von G. Görres, 2 Bde., Stuttg. 1847; 3. Aufl. 1879) und eine Auswahl der "Gedichte" (Frankf. 1854; zuletzt Paderb. 1882). Eine Ausgabe der "Gesammelten Schriften" (9 Bde., 1852-55) besorgte sein Bruder Christian B. (geb. 24. Jan. 1784, gest. 27. Okt. 1851), der auch selbst mehrere mystisch-spekulative Werke veröffentlichte. "Ausgewählte Schriften" gab heraus Diel (2 Bde., Freib. i. Br. 1873), "B.s Werke" in Auswahl Dohmke (1 Bd., Lpz. 1893). B. besaß sprudelnde Laune und große Einbildungskraft. Daß seine warme Empfindung, seine reiche poet. Kraft an größern Aufgaben stets scheiterte, verschuldete sein Mangel an Gestaltungsfähigkeit und Ausdauer. - Vgl. (Bettina) C. B.s Frühlingskranz, aus Jugendbriefen ihm geflochten (Bd. 1, Charlottenb. 1844; Neudruck, Berl. 1891); Diel und Kreiten, C. B. (2 Bde., Freib. i. Br. 1877-78); Heinrich, C. B. (Köln 1878).

Clemens B.s Gattin (seit 1803), Sophie, geborene Schubart, bekannter unter dem Namen ihres ersten Mannes, des Professors und Justizamtmanns Mereau, geb. 27. März 1761 zu Altenburg, gest. 31. Okt. 1806 zu Heidelberg, verfaßte romantische "Gedichte" (2 Bde., Berl. 1800-2) und Romane, wie "Kalathiskos" (2 Bde., ebd. 1801-2).

Brentano, Franz, Sohn von Christian und Neffe von Clemens B., Philosoph, geb. 16. Jan. 1838 zu Marienberg bei Boppart, widmete sich theol. und philos. Studien und wurde 1864 zum Priester geweiht, habilitierte sich 1866 als Privatdocent der Philosophie in Würzburg, wurde 1872 daselbst zum Professor ernannt, legte aber im folgenden Jahre als Gegner des Vatikanums, sein Amt nieder. 1874 als ord. Professor an die Wiener Universität berufen, verzichtete er 1880 auf seine Professur und lehrt seitdem dort als Privatdocent. In der Metaphysik entschiedener Theist, billigt er die Evolutionslehre, bestreitet aber die Zulänglichkeit der Darwinschen Hypothese. In der Psychologie dringt er auf genaue Beschreibung der Erscheinungen, deren Klassifikation er von Grund auf berichtigen will. Von einer eigenartigen Bestimmung des Urteils strebt er eine Reform der Logik selbst in ihren elementarsten Teilen an. Ein Analogon der Evidenz, welches gewisse Gemütsbewegungen auszeichnet, bietet nach ihm für die Ethik den letzten Anhalt. B. schrieb: "Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles" (Freiburg 1862), "Die Psychologie des Aristoteles" (Mainz 1867), "Psychologie vom empirischen Standpunkte" (Bd. 1, Lpz. 1874), "Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis" (ebd. 1889), "Das Schlechte als Gegenstand dichterischer Darstellung" (ebd. 1892), "Das Genie" (ebd. 1892).

Brentano, Lorenz, republikanischer Politiker, geb. 4. Nov. 1813 in Mannheim, studierte in Heidelberg und Freiburg die Rechte, wurde 1837 Advokat in Mannheim und kam 1846 als Abgeordneter in die bad. Kammer, wo er sich bald als eins der hervorragendsten Mitglieder der Opposition zeigte. 1848 in die deutsche Nationalversammlung nach Frankfurt gewählt, schloß er sich auch hier der demokratischen Linken an und verteidigte mit kühnem Freimut die bad. Revolutionäre, besonders Hecker, Blind und Struve, vor dem Geschworenengericht zu Freiburg. Wiederholt zum Bürgermeister von Mannheim gewählt, aber von der Regierung nicht bestätigt, wurde er nach der Flucht des Großherzogs im Mai 1849 mit diktatorischer Gewalt an die Spitze der provisorischen Regierung gestellt, die er aber mit solcher Mäßigung leitete, daß Struve in der konstituierenden Versammlung den Beschluß durchsetzte, jeden, der mit dem Feinde unterhandle, als einen Verräter zu erklären. Sofort legte B. seine Stelle nieder, floh in die Schweiz (Schaffhausen), wurde daheim in contumatiam zum Tode verurteilt, und ging 1850, als ihm auch die Schweiz das Asyl verweigerte, nach Amerika. Hier gründete er zu Pottsville (Pennsylvanien) eine deutsche Zeitung: "Der Leuchtturm", in der er heftig gegen die Sklaverei und die dortigen Demokraten auftrat. Dann erwarb er sich eine Farm in Michigan, die er mehrere Jahre selbst bestellte, bis er 1859 als Redacteur der "Illinois-Staatszeitung" nach Chicago berufen wurde. Von 1862 bis 1867 leitete er dies Blatt als erster Redacteur und Mitbesitzer, leistete während des Bürgerkrieges der Sache der Union große Dienste und trug als Präsident des Chicagoer Schulrats viel zur Einführung des deutschen Unterrichts in den öffentlichen Schulen bei. 1869 siedelte er wieder nach Europa über, nahm sich in der Alabamafrage (s. d.) lebhaft der Vereinigten Staaten an und wurde 1872 amerik. Konsul in Dresden. Nach seiner Rückkehr, im Nov. 1876, wurde er als Abgeordneter in den Kongreß gewählt, trennte sich aber später von der republikanischen Partei und war 1884 für die Erwählung Clevelands zum Präsidenten thätig. Er starb 17. Sept. 1891 in Chicago.

Brentano, Lujo, Brudervon Franz B., Nationalökonom, geb. 18. Dez. 1844 zu Aschaffenburg, ging 1861 nach Dublin, wo er ein Jahr Vorlesungen an der dortigen Universität hörte, widmete sich dann zu Heidelberg, München, Würzburg und Göttingen jurist., histor. und nationalökonomischen Studien und war ein Jahr lang Mitglied des von Ernst Engel geleiteten Statistischen Seminars zu Berlin.