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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Cassīni; Cassīni de Thury; Cassīnische Linie; Cassīnisches Gesetz; Cassīno; Cassinoīde; Cassĭodorĭus

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Cassini (Jacques) - Cassiodorius

turn, noch vier andere (zwei 1671 und 1672, zwei andere 1684). Schon früher hatte er (seiner Meinung nach zuerst) das Zodiakallicht entdeckt, das aber bereits Kepler, wiewohl minder genau, beobachtete. Außerdem fand er die Gesetze der Bewegung des Mondes um seine Achse, welche wichtige Entdeckung unter dem Namen Cassinisches Gesetz bekannt ist. Die von Picard 1669 angefangene, von C. und Lahire 1680–83 bis nördlich von Paris fortgeführte Breitengradmessung wurde später von ihm nochmals verlängert. C. starb 14. Sept. 1712. Sein erstes Werk erschien u. d. T. «De cometa anni 1652–53» (Modena 1653). Später folgten genauere Sonnentafeln (1662) und viele Abhandlungen über Astronomie. Eine vollständige Sammlung der frühern Schriften enthalten seine «Opera astronomica» (Rom 1666). – Die Selbstbiographie C.s gab sein Enkel Cassini de Thury in den «Mémoires pour servir à l' histoire des sciences» (Par. 1810) heraus.

Cassīni, Jacques, Astronom und Physiker, Sohn des vorigen, geb. 18. Febr. 1677 zu Paris, wurde schon 1694 Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Er begleitete seinen Vater 1695 nach Italien, bereiste in der Folge Holland und England, wo er Newton, Halley, Flamstead u. a. kennen lernte, und ward 1696 Mitglied der Königlichen Gesellschaft zu London. Nach seiner Rückkehr beschäftigte er sich mit der Astronomie und Physik und übernahm nach dem Tode seines Vaters die Direktion der Pariser Sternwarte. C. starb auf seinem Landgute zu Thury 16. April 1756. Außer mehrern Abhandlungen über Elektricität, Barometer, Vervollkommnung der Brennspiegel u. s. w. schrieb er 1717 ein größeres Werk über die Neigung der Bahnen der Trabanten und des Ringes des Saturn. Aus der Fortsetzung der Gradmessung im Verein mit seinem Vater ging sein Werk «Traité de la grandeur et de la figure de la terre» (Par. 1718) hervor, in welchem er zu einem der Newtonschen Gravitationstheorie widersprechenden Resultat gelangt. Ferner schrieb er «Éléments d' astronomie» (Par. 1740), wozu die «Tables astronomiques du soleil, de la lune, des planètes, des étoiles et des satellites» (ebd. 1740) gehören.

Cassīni de Thury, César François, des vorigen Sohn, geb. 17. Juni 1714, bekannt als ausgezeichneter Geodät, gelangte schon 1736 in die Akademie der Wissenschaften und wurde nach dem Tode seines Vaters Direktor der Sternwarte. Die Sammlungen der Akademie enthalten viele Abhandlungen von ihm; aber seinen ganzen Fleiß verwandte er auf das große Werk einer trigonometr. und topogr. Aufnahme von ganz Frankreich, welche auf seine Anregung von der Akademie 1733 beschlossen war. 1744 begann das Erscheinen des großen Atlasses. Als 1756 die Unterstützung aufhörte, welche die Regierung dazu bewilligt hatte, trat auf C.s Antrieb eine Gesellschaft zusammen, welche die weitern Kosten vorschoß und ihre Vorschüsse aus dem Verkaufe der Karten wiedererhielt, sodaß es ihm vergönnt war, fast die völlige Beendigung dieser Arbeit zu erleben. Die «Carte de la France 1:86400» erschien von 1744 bis 1787, nachgetragen bis 1820, in 183 Blättern. Er starb 4. Sept. 1784 und hinterließ mehrere auf seine topogr. Unternehmung bezügliche Schriften, unter denen die «Description géométrique de la France» (1784) obenan steht.

Jacques Dominique, Graf von C., Sohn des vorigen, geb. 30. Juni 1748 zu Paris, nahm als Mitglied der Akademie der Wissenschaften (seit 1779) ^[Spaltenwechsel] und als Direktor der Sternwarte (seit 1784) teil an der Grenzregulierung der einzelnen Departements. Das größte Verdienst erwarb er sich durch Vollendung der von seinem Vater begonnenen großen Karte von Frankreich. Seit 1789 übergab er der Nationalversammlung die 1793 beendigte «Carte de la France». Der «Atlas national de la France» (108 Blätter, deren jedes ein Departement darstellt, Par. 1790–1810) ist eine Reduktion jenes größern auf ein Drittel des Maßstabes, besorgt von Dumez und andern Ingenieuren; außerdem giebt es noch eine Reduktion auf ein Viertel des Maßstabes von Capitaine in 25 Blättern. Als Gegner der Republik wurde C. 1793 verhaftet und brachte mehrere Monate im Gefängnis zu. Er war 1816 Mitglied des Generalconseil im Depart. Oise. Später lebte er in Zurückgezogenheit zu Thury-sous-Clermont und starb daselbst 18. Okt. 1845.

Cassīnische Linie, Cassinoide, eine Kurve vom vierten Grade, bei der das Produkt je zweier von irgend einem Punkte der Kurve nach zwei gegebenen festen Punkten gezogenen Geraden unveränderlich ist. Sie ist nach Giovanni Domenico Cassini benannt, der die Bahnen der Planeten durch diese Kurven darstellen zu können glaubte. Je nach den zu Grunde gelegten Größenverhältnissen ist die Gestalt der Kurve verschieden; sie besteht entweder aus zwei getrennten Ovalen, einer liegenden Acht () oder aus einem einzigen Kurvenzuge. (S. Tafel: Kurven Ⅰ, Fig. 14.) Die zweite Form führt den Namen Lemniskate und hat für die Theorie der elliptischen Funktionen eine besondere Bedeutung, da man mit deren Hilfe den Lemniskatenbogen in gewisse Anzahl von gleichen Teilen teilen kann.

Cassīnisches Gesetz, s. Cassini, Giovanni Domenico.

Cassīno, Stadt im Kreis Sora der ital. Provinz Caserta, am Rapido und an der Linie Rom-Neapel des Mittelmeernetzes, hat nebeliges Klima, (1881) 8212, als Gemeinde 11888 E., eine schöne Burgruine, eine Kirche del Crocefisso (altes Grabdenkmal) und zahlreiche Reste der Römerstadt Casinum (s. d.), darunter ein Amphitheater. – Das von dem berühmten Kloster Monte-Cassino (s. d.), das sich auf hohem Bergrücken über C. erhebt, gegründete C. hieß im Mittelalter San Germano. 1230 wurde hier der Friede zwischen Friedrich Ⅱ. und Gregor Ⅸ. geschlossen, 16. März 1815 Murat von den Österreichern geschlagen.

Cassinoīde, s. Cassinische Linie.

Cassĭodorĭus (Cassiodōrus), Magnus Aurelius, Senator, Staatsmann und Historiker, geb. um 480 n. Chr. zu Scyllacium (Squillace) in der damals noch bruttischen, nachmals Calabrien genannten Landschaft, bekleidete unter dem Ostgotenkönig Theodorich und dessen Nachfolgern wichtige Staatsämter, zog sich aber um 540 nach dem von ihm erbauten Kloster Vivarium in seine Heimat zurück. Dort beschäftigte er sich mit theol. und weltlichen Studien, hielt seine Mönche namentlich auch zum Abschreiben alter Handschriften an und war überhaupt zur Erhaltung und Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse unausgesetzt thätig. Er starb, nahezu 100 J. alt, um 575. Das wichtigste auf uns gekommene Werk des C. sind seine «Variarum (sc. epistolarum) libri Ⅻ», welche die von ihm als Minister unter Theodorich und dessen Nachfolgern abgefaßten Schreiben und Verordnungen enthalten und für die Geschichte der damaligen Zeit eine reiche Fundgrube sind. Seine «Historia Gothorum» ist

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]