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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chemische Formeln - Chemische Laboratorien

Chemische Formeln, die unter Benutzung der Chemischen Zeichen (s. d.) hergestellten Symbole der chem. Verbindungen, durch die nicht nur die qualitativen, sondern auch die quantitativen Zusammensetzungsverhältnisse der letztern ausgedrückt werden. Handelt es sich dabei um nichts weiter, so heißen die C. F. empirische Formeln; empirische Molekularformeln aber dann, wenn sie die Zusammensetzungsverhältnisse der bekannten Molekulareinheit der Verbindung angeben.

So bedeutet die empirische Molekularformel des Wassers: H₂O, daß ein Molekül Wasser eine Verbindung von 1 Atom (16 Gewichtsteilen) Sauerstoff mit 2 Atomen (2 Gewichtsteilen) Wasserstoff ist und demnach 18 Gewichtsteile darstellt.

Von den empirischen Molekularformeln werden die rationellen Formeln oder Konstitutionsformeln unterschieden. Diese sollen, außer der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung auch noch die chem. Konstitution, d. h. die Gruppierungsweise der Elementaratome, wie sie sich in dem Ablaufe chem. Veränderungen zeigt, ausdrücken. Für die Umsetzung des Weingeistes z. B., dessen empirische Molekularformel C₂H₆O ist, mit Salzsäure

C₂H₆O + HCl = C₂H₅·Cl + H₂O

ergiebt sich die rationelle Formel C₂H₅·OH, denn bei derselben gehen die Gruppen C₂H₅ (das zusammengesetzte Radikal Äthyl) und OH (das Radikal Hydroxyl) unverändert in die neuen Verbindungen ein. Die Formel C₂H₅·OH ist daher eine Radikalformel. Jeder chem. Verbindung kommen so viele rationelle Radikalformeln zu, als sie Umsatzweisen mit verschiedenen in die neuen Produkte übertretenden unveränderten Resten oder Radikalen aufweist. Für die Bildung des Aldehyds, C₂H₄O, und der Essigsäure, C₂H₄O₂, aus dem Weingeist durch Oxydation würde sich die rationelle Formel C₂H₄O·H₂ ergeben, denn

C₂H₆O + O = C₂H₄O + H₂O, und

C₂H₆O + 2O = C₂H₄O₂ + H₂O,

für die Spaltung in Äthylen und Wasser dagegen C₂H₄·H₂O. Seitdem für die große Mehrzahl namentlich der Kohlenstoffverbindungen die Reihenfolge in der gegenseitigen Bindungsweise der das Molekül zusammensetzenden Elementaratome, die Art der Verkettung der Atome oder die Struktur des Moleküls, ermittelt worden ist, bedient man sich der Strukturformeln. Dieselbe ist für den Weingeist

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oder

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d. h. ein Molekül Weingeist besteht aus zwei miteinander verbundenen vierwertigen Kohlenstoffatomen, deren eines weiter mit drei Atomen Wasserstoff vereinigt ist, während das andere außer zwei Wasserstoffatomen noch ein Atom des zweiwertigen Sauerstoffs bindet, welch letzteres weiter mit noch einem Wasserstoffatom in Verbindung steht. In einer solchen Strukturformel sind alle möglichen rationellen Molekularformeln des Moleküls gleichzeitig enthalten, denn die Strukturformeln der obenerwähnten Derivate des Weingeistes sind

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Chloräthyl

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Aldehyd

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Essigsäure

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Äthylen.

Die Strukturformel soll daher ausdrücken, welche Elemente und in welcher Anzahl und gegenseitigen Bindungsweise die Atome derselben das Molekül der Verbindung zusammensetzen.

Chemische Gleichungen, s. Chemische Zeichen.

Chemische Harmonika, s. Harmonika, chemische.

Chemische Industrie, derjenige Teil der Industrie, der sich mit der Herstellung der «Chemischen Präparate» (s. d.) beschäftigt. Einige der hierher gehörenden Erwerbszweige, z. B. die Herstellung von Seife, Öl, Leim, von Gerbstoffen, Harzen u. dgl. sind uralt, ein großer Teil verdankt dagegen erst den wissenschaftlichen Forschungen der theoretischen und praktischen Chemiker der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte seine Entstehung. Die C. I. hat sich in allen Kulturstaaten außerordentlich entwickelt, wenn auch nach dem Princip der Arbeitsteilung das eine Land sich in dieser, ein anderes in jener chem. Branche besonders auszeichnet. Deutschland behauptet hierin eine hervorragende Stellung. Nach den Aufzeichnungen der Berufsgenossenschaft für C. I. waren 1892 in Deutschland 5393 chem. Fabriken mit 102101 Arbeitern vorhanden, denen an Jahreslohn 89,8 Mill. M. gezahlt wurden. Außerdem zählte die Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke, von denen die erstern zu den chem. Fabriken gerechnet werden können, über 1100 Betriebe mit 25000 Arbeitern und 24,8 Mill. M. Jahreslöhnen. An Rohstoffen der C. I. (Salpeter, Weinstein, Schwefel, Droguen, Farbholz, Harzen, Gerbstoffen u. s. w.) sowie an chem. Fabrikaten (Alkalien, Säuren, Salzen, ätherischen Ölen, Leim, Lacken, Zündwaren, Farben, Seifen u. s. w.) wurden 1892 in Deutschand ^[richtig: Deutschland] eingeführt: 11067208 Doppelcentner im Werte von 249723000 M. (vorwiegend Rohstoffe), ausgeführt 6508246 Doppelcentner im Werte von 285396000 M. (vorwiegend Fabrikate). In Österreich-Ungarn betrug für chem. Produkte, Kerzen, Seifen und Zündwaren (also ohne Rohstoffe) die Einfuhr 85922, die Ausfuhr 168359 Doppelcentner. – Gleichfalls für chem. Produkte führten 1892 ein: Frankreich für 97 Mill. Frs., Großbritannien für 14783325 Pfd. St., während die Ausfuhr 94 Mill. Frs. bez. 12368574 Pfd. St. betrug. Hierbei ist jedoch nicht zu übersehen, daß in den vorgenannten Ländern die Handelsstatistik den Begriff der chem. Produkte bald enger, bald weiter faßt.

Chemische Konstitution, s. Chemische Formeln.

Chemische Körper, s. Chemie.

Chemische Laboratorĭen nennt man die Arbeitsstätten der Chemiker. Dieselben dienen entweder Lehr- und Forschungs- oder Erwerbszwecken. In gerechter Würdigung des Einflusses, den die Chemie auf sämtliche Naturwissenschaften ausübt,

^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]