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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

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Chile (Mineralreich. Pflanzenwelt. Tierwelt. Bevölkerung. Landwirtschaft)

schon in 1460 m, in der Magalhães-Straße (53°) in 800 m Höhe zu finden. Zahlreiche starke Gletscher bedecken daher den Süden des Landes und reichen bis zum Meere hinab.

Mineralreich. Seinen Wohlstand verdankte C. früher dem Kupfer und dem Silber, in neuerer Zeit trug der Ackerbau und (seit 1882) die Salpeterindustrie hierzu bei. Die Kupferindustrie gehört vorzugsweise den Provinzen Coquimbo und Atacama (Copiapo) an, wo jährlich neue Minen entdeckt und eröffnet werden, sodaß man hier wenigstens zehn Kupferminen auf eine Silbermine rechnet. Das Kupfer wird meist nach England, vorzüglich nach Swansea exportiert. 1890 betrug die Ausfuhr von Feinkupfer 24287735 kg, Schwarzkupfer (ejes de cobre) 1419944 kg, Kupfererzen 1175884 kg, silberhaltigen ejes de cobre 2499111 kg. Alle Silberminen liegen in einem schmalen Gürtel zwischen 26½° und 34° südl. Br., in der den Westfuß der Anden begleitenden Thalsenkung. 1890 belief sich die Ausfuhr in Silberbarren auf 101925 kg, in Silbererzen auf 1676212 kg, wozu noch silberhaltige Bleierze u. s. w. kommen. Gold wird seit einiger Zeit wieder in größerer Menge gewonnen. Zur Ausfuhr kamen 1890: 665,2 kg gediegenes Gold und 1818257 kg Golderze. Kohlenlager finden sich an verschiedenen Stellen der Küste, auch auf Chiloe; die bedeutendsten sind in der Provinz Concepcion und Arauco. Der sog. Chilesalpeter (s. d.), hauptsächlich in der ehemaligen peruan. Provinz Tarapaca, in augenblicklich der wichtigste Ausfuhrartikel. Eisenerze sind reichlich vorhanden, werden aber nicht benutzt; nicht unbedeutend ist die Ausfuhr von Manganerz. Borax findet sich in vielen salares, Jod in den Mutterlaugen bei der Salpetergewinnung. 1891 war die Ausfuhr von borsaurem Kalke 6316600 kg, von Borax 802600 kg, von Jod aus dem Hafen Iquique (1890) für 4,2 Mill. Pesos Wert. Sonderbar ist die Seltenheit von Kalk; Gips findet sich häufiger. Unter den Mineralquellen sind am besuchtesten die Schwefelthermen von Chillan (s. d.).

Pflanzenwelt. Die Vegetation zeigt bei dem Wassermangel der nördl. Provinzen eine Zunahme der Arten vom Wendekreise an bis gegen etwa 40° südl. Br.; im südamerik. Gebiet des Atlantischen Oceans hat unter denselben Breiten (von Rio bis zum Coloradofluß) gerade die entschiedenste Abnahme der Artenfülle stattgefunden. Die wenigen Pflanzen im N. schließen sich noch an die der peruan. Westküste an, namentlich die zahlreichen Kaktusarten in Atacama; an bewässerten Stellen gedeiht der Pisang. In den mittlern Provinzen erwacht nach Beendigung der Winterregen eine ungemein reiche Vegetation, die in 6 Wochen ihren Höhepunkt erreicht, um dann in kurzer Zeit in der Dürre des Sommers unterzugehen. Es besteht hier ein Gegensatz zwischen der Küste und dem Innern insofern, als an der erstern jene Kulturpflanzen fehlen, welche zum Reifen ihrer Früchte größerer Sommerwärme bedürfen, wie Wein, Pfirsich, Orange u. s. w., in diesem dagegen solche, welche gegen Winterfröste empfindlich sind, wie Kastanien u. a. Eine Palme (die Jubaea spectabilis H. B. K.) kommt noch vor; wenig nördlich von Santiago beginnt der Wald, welcher von 35° südl. Br. an an Fülle zunimmt und bis 40° auch über die Anden greift. Unter den Nadelhölzern verdient hier vor allem die Araucaria imbricata Pav. Erwähnung, welche über 30 m hoch wird und zwischen 37° und 39° die Gebirge in einförmigen Beständen (Pinares) bedeckt. Bei 40° südl. Br. treten an ihre Stelle Buchenwälder geschlossen auf; hier in Valdivien ist eine großartige Zusammensetzung der Flora, wie sie ähnlich nur noch auf Neuseelands Südinsel zu finden ist. In Chiloe ist vermutlich das Ursprungsland der Kartoffel zu suchen; im Walde ist die Alerzo-Fichte (Fitzroya patagonica Hook.) vorherrschend und liefert treffliches Bauholz. (S. Patagonien.)

Tierwelt. Die einheimische Fauna ist nicht reich. An Säugetieren sind wichtig: zahlreiche Formen bodenbewohnender Nagetiere, Guanaco, Vicuña, der Brillenbär, Puma, Stinktier, Hirsche. Eine Vogelart ist für C. eigentümlich, die den Pflanzungen schädlich werdenden Pflanzenmäher (Phytotoma rara Molina). Abgesehen von der Provinz Valdivia ist die Vogelfauna infolge der gering entwickelten Wälder arm, und sonst ausgesprochene Baumvögel, wie Papageien, Spechte, Falken, haben sich an ein Bodenleben angepaßt. Die Abnahme der Reptilien gegenüber den nördlich gelegenen Gegenden ist auffallend, nur Eidechsen sind besser vertreten und zeigen eigentümliche Formen. Von Amphibien kommen bloß Frösche und Kröten, aber in ziemlichen Mengen vor. Die Süßwasserfische bieten manches Eigentümliche, eine Welsart geht in den Anden bis 4500 m. An Schmetterlingen ist C. arm, aber reich an teilweise sehr merkwürdigen Käfern.

Bevölkerung. Die Zahl der Einwohner belief sich nach dem Census von 1885 auf 2527320, wozu etwa 15 Proz. nicht Gezählte kommen; nach der Berechnung für Anfang 1893 auf 2867375, einschließlich 50000 Indianer und derjenigen, die sich der Zählung entzogen haben, auf 3317000. Die Gebiete von Patagonien und Feuerland sind fast unbewohnt. Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist gering, am stärksten in den mittlern Provinzen; doch besitzt C. im Durchschnitt die dichteste Bevölkerung unter den Staaten Südamerikas. Die Bewohner sind vorwiegend europ. Abstammung, etwas über ein Viertel von rein spanischer, die meisten gemischter Abkunft, viele reine Indianer, wenn sie auch span. Namen führen. Die Zahl der fremden, nicht durch Geburt dem Staate angehörigen Bewohner belief sich 1885 auf 87077, darunter 6808 Deutsche (die, welche chilen. Bürger geworden sind, sind als Chilenen gezählt). Die Unabhängigkeit der mehr und mehr aussterbenden Araukaner (s. d.) geht zu Ende. Bei der europ. Bevölkerung C.s sind Erziehung und geselliger Ton weit entwickelter als irgendwo im span. Amerika. Eine gewisse Vaterlandsliebe, Ernst, Unternehmungsgeist und Lernbegierde beseelt alle Stände, sodaß C. unter den südamerik. Staaten verhältnismäßig am meisten eine feste polit. Ordnung erlangte.

Landwirtschaft. In der südl. Hälfte beruht die Landwirtschaft fast ausschließlich auf europ. Pflanzen und Tieren. Der Hauptgegenstand des Ackerbaues ist Weizen, dessen Erzeugung namentlich durch die Entdeckung der kaliforn. Goldlager einen außerordentlichen Aufschwung nahm, da in diesem Lande der Ackerbau erst nach mehrern Jahren seinen Bedarf erzeugte. Von jeher war das südliche C. die Kornkammer für Peru und Bolivia sowie für die nördl. Bergwerksprovinzen. Jetzt tritt C. mit seinem Getreide sogar auf dem europ. Markte auf. 1874 gingen von den im ganzen ausgeführten 214000 t Weizen 150000 nach Nordeuropa. 1891 wurden 178048276 kg Weizen ausgeführt, davon nach England 155 Mill. Sonstige Kulturpflanzen

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