Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'China (Ereignisse der letzten Jahre)'
die am Südufer gelegenen Deiche, und ein Teil seiner Gewässer suchte einen Ausweg nach dem Ku-lu-ho, einem Nebenflusse des Hwai-ho, einen großen Teil des Landes
in einen See verwandelnd und Hunderttausende von Menschenleben vernichtend. Am 20. Jan. 1889 wurde endlich der Dammbruch geschlossen, aber die Überschwemmung
dauerte fort. Am 22. Juli erfolgte ein neuer Durchbruch in der Gegend von Tschang-kiu in Schan-tung, nordöstlich von Tsi-nan-fu. Der hierdurch am Ostufer
angerichtete Schaden war dem des frühern Durchbruchs ähnlich, und erst 8. Nov. gelang es, die entstandene Lücke zu schließen. An der Mündung hatte der schon im
April angeschwollene Fluß in Verbindung mit der Meeresflut die Deiche zerrissen. Der Statthalter ließ das Bett hier vertiefen und stärkere Deiche errichten,
indessen war der Fluß im Juli 1890 wieder an der Mündung des Kaiserkanals übergetreten und hatte eine Strecke von etwa 18 deutschen Meilen überschwemmt.
Mittlerweile war auch bei Tschöng-tschou ein neuer Durchbruch erfolgt, und 8. Aug. bei Tsi-ho-hien in Schan-tung. Während der Zeit hatte lange anhaltender Regen
auch in Pe-tschi-li eine furchtbare Überschwemmung verursacht. Am 20. Juli trat der Hun-ho über sein nördl. Ufer und überschwemmte den kaiserl. Park Nan-hai-tze,
um seine Gewässer mit denen des Föng-ho und des Liang-ho, sonst harmlosen dort entspringenden Wasserläufen, zu verbinden. Noch im September waren die Verbindungen
teilweise unterbrochen und stand das Wasser hier und da noch an 10 Fuß hoch. Vier Millionen Menschen sollen durch die Überschwemmung betroffen sein. Da die
öffentlichen Kassen erschöpft und die Nachbarprovinzen ebenfalls heimgesucht waren, verfiel man auf das alte Mittel, gewisse Rangauszeichnungen käuflich zu machen.
Von andern Unglücksfällen sind zu erwähnen: ein Erdbeben in Jün-nan, welches im Frühjahr 1888 zwei Städte zerstörte; die Hungersnot in Schan-tung und Sching-king
im Spätsommer 1888 und eine Hungersnot, welche Anfang 1889 Kiang-nan und Kiang-si heimsuchte. Auch an örtlichen Unruhen fehlte es nicht. Am 5. Febr. 1889 brach in
Tschin-kiang ein Aufruhr aus, der sich erst legte, nachdem die Polizeiwache, das engl. Konsulat, die Kirche der Baptisten und andere Häuser (namentlich solche von
Ausländern) zerstört, die Bewohner auf einen Dampfer geflüchtet und etwa 2000 Mann einheimischer Truppen und ein engl. Kriegsschiff erschienen waren. Andere
Aufstände, die in demselben Jahr Fu-kien, die Umgegend von Kanton und die Stadt Lan-pe-twan in der Mandschurei beunruhigten, wurden bald unterdrückt.
Seit 1890 wurde C. aber wieder durch eine große Anzahl teils örtlicher, teils weiter verbreiteter Aufstände erschüttert. Das Räuberwesen in der eigentlichen
Mandschurei wurde zwar zeitweilig unterdrückt, nachdem 1887–90 eine große Anzahl der Räuber teils gefallen, teils gefangen und hingerichtet waren. Dagegen war im
Febr. 1891 im Bezirk von Hwei-li-tschou im südl. Sze-tschwan ein Aufstand ausgebrochen. Die Aufständischen hatten den Kin-scha-kiang überschritten und 20. Febr.
die zum Bezirk von Jün-nan-fu gehörige Kreisstadt Fu-min-hien erobert, die Beamten getötet und die Kasse geplündert, am 22. Lu-küan-hien erstürmt und waren dann
mit großen Verlusten wieder vertrieben worden. Eine Bewegung, die sich gegen die christl. Missionare richtete, drohte C. in ernstliche Verwicklungen mit den
europ. Großmächten zu bringen. ↔ Nachdem schon Ende 1890 Ausschreitungen gegen Missionare stattgefunden hatten, begannen solche sich vom Mai 1891
an namentlich in den Jang-tse-kiang-Gegenden in Schrecken erregendem Maße zu mehren. Bekanntmachungen durch Maueranschläge, die zur Vernichtung der Missionen
aufforderten, sowie die Ergebnisse der angestellten Verhöre schienen auf eine ausgebreitete Verschwörung hinzudeuten, an der namentlich der sog. Ko-lao-Bund
beteiligt gewesen sein soll. Dieser hatte ursprünglich die gegenseitige Unterstützung von Soldaten, die nach den Tai-ping-Unruhen entlassen waren, zum Zwecke,
scheint aber später die seit Jahrhunderten bestehenden Geheimbünde nur um einen vermehrt und wie diese den Sturz der Mandschu zum Ziele genommen zu haben. Die
Gärung begann 10. Mai in Wu-hu, einem der geöffneten Jang-tse-Häfen, und führte 12. Mai zur Zerstörung des kath. Waisenhauses, der Jesuitenkirche und anderer den
Jesuiten gehörender Gebäude, sowie zur Plünderung des engl. Konsulats. Wie 1870 in Tien-tsin, wurde wieder das Märchen verbreitet, chines. ausgesetzten Kindern
würden die Augen ausgestochen, um Arzneien daraus zu bereiten. Am folgenden Tage begannen die Unruhen von neuem, die Häuser der fremden Zollbeamten wurden
geplündert und niedergebrannt, ein Angriff auf das Zollamt aber abgeschlagen, bis drei chines. Kanonenboote und eine Truppenabteilung erschienen, die später ein
engl., ein deutsches und ein franz. Kanonenboot verstärkten. Einige der Rädelsführer wurden verhaftet und hingerichtet. Bald darauf machte sich auch an andern
Orten die Bewegung gegen die Christen geltend; 24. Mai wurden kath. und prot. Missionen in Nan-king zerstört und 1. Juni die kath. Missionsgebäude in Tan-jang, 8.
Juni das in Wu-si (nördlich vom Tai-hu) eingeäschert. Am 4. Juni wurde nicht allein in Wu-süe (zwischen Kiu-kiang und Han-kou) die dortige prot. Mission zerstört,
sondern auch der engl. Missionar Argent und der ihm zu Hilfe eilende Zollbeamte Green von der aufgereizten Menge auf offener Straße ermordet. Eine Note des
diplomat. Korps und 12 Kriegsschiffe der europ. Großmächte und der Vereinigten Staaten von Amerika, die sich in Shang-hai und den Jang-tse-Häfen versammelten,
veranlaßten endlich 13. Juni einen kaiserl. Erlaß zur Beschwichtigung des Volks und Abschreckung der Übelthäter. Indessen tauchte die Bewegung, nachdem sie sich
am Jang-tse-kiang gelegt zu haben schien, weiter landeinwärts wieder auf, wie 24. Juni die Zerstörung von vier Kirchen der Jesuiten im Bezirke von Fu-tschou-fu in
Kiang-si bewies. Auch wurde von Gärungen in Kiang-jin, Han-kou und I-tschang berichtet. In der Nähe von Fat-schan bei Kanton wurden christl. Gemeinden angegriffen
und 2. Sept. in I-tschang die kath. und prot. Missionen zerstört. Freilich hatte schon ein kaiserl. Erlaß vom 11. Juli zur Verfolgung und Unterdrückung des
Ko-lao-Geheimbundes aufgefordert und die chines. Behörden sich bereit gezeigt, mit den Vertretern der fremden Mächte über Entschädigungen der Betroffenen zu
unterhandeln, doch wußten sie die Unterhandlungen nach chines. Art in die Länge zu ziehen, wobei ihnen die Uneinigkeit der europ. Mächte, von denen es weder
England noch Rußland wegen der Pamirfrage mit C. verderben wollten, zu Hilfe kam. Ein anderer Umstand, der die christl. Mächte von energischen Schritten zum
Schutze ihrer Glaubensgenossen ab-
Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 214.
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