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Brockhaus Konversationslexikon

Autorenkollektiv, F. A. Brockhaus in Leipzig, Berlin und Wien, 14. Auflage, 1894-1896

Schlagworte auf dieser Seite: Chinagrün; Chinaldin; Chinameca; Chinamin; Chinandega; Chinarinde

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Chinagrün – Chinarinde

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Chinagras'

dicksten (0,04 bis 0,08 mm im Durchmesser der Zellen) Bastfasern des Pflanzenreichs und besteht aus reiner Cellulose, steht also im Wert von Lein- und Hanffaser; ihr nahe verwandt ist die Ramiefaser (s. Ramie) und noch ein anderes ostasiat. Produkt, die Roa-Faser von Pipturus argenteus; alle drei liefern seidenartig glänzende, sehr dauerhafte Gewebe und Seilerwaren, auch halten sie Farbe.

In den Stammländern der Pflanze, in China wenigstens, findet ein eigentlicher Spinnprozeß nicht statt, sondern die durch mühsames Spalten mit den Fingern und daraus folgendes Hecheln gewonnenen Fasern werden mit den Enden aneinander gestückt und durch Rollen unter der Hand (Andrehen) oder Verknoten vereinigt, weshalb der entstehende Faden nicht rund wie andere Garne, sondern platt wie ein sehr schmales Bändchen erscheint. In England, wo dieses Material erst durch die Londoner Weltausstellung von l85l weitern Kreisen als Grass-cloth (Grasleinen), wahrscheinlich infolge einer Verwechselung der Stammpflanze, bekannt wurde, werden die zur Verarbeitung dahin verschifften rohen Stengel einer ähnlichen Behandlungsweise wie der Flachs unterworfen. Der Verbreitung der Chinagrasfabrikate ist namentlich die durch den amerik. Bürgerkrieg veranlaßte Unterbrechung der Baumwolleinfuhr förderlich gewesen. Auf der Pariser Weltausstellung von 1867 trat diese Industrie bereits in bemerkenswerter Weise hervor, und seitdem ist dieselbe in stetem Fortschritt begriffen. Im südl. Frankreich, überhaupt in der Mittelmeerregion ist die Boehmeria kulturfähig; wenn man vor einigen Jahren versucht hat, sie ihres wertvollen Produktes wegen auch in Deutschland zum Anbau zu empfehlen, so beruhte das auf unverständigen Vorstellungen, da diese Pflanzen nur für Glashaus-Überwinterung geeignet sind. Chinas Ausfuhr beträgt durchschnittlich jährlich 11 Mill. kg.

Chinagrün, s. Chinesisches Grün.

Chinaldīn, eine flüssige organische Base von der Zusammensetzung C10H9N und dem Siedepunkte 243°. Das C. ist seiner chem. Konstitution nach α-Methyl-Chinolin und ist dem Chinolin (s. d.) sehr ähnlich. Es kann nach verschiedenen synthetischen Methoden gewonnen werden.

Chinamēca (spr. tschi-), Ort in der mittelamerik. Republik Salvador, am Nordabhange des Vulkans von C., hat 7000 indian. E. und Maisbau.

Chinamīn, s. Chinabasen.

Chinandēga (spr. tschi-), Departamento der mittelamerik. Republik Nicaragua, hat (1888) 23719 E. und Maisbau. Die Hauptstadt C., etwa 40 km im NW. von Leon, mit dem Hafenort Corinto und der Hauptstadt Managua durch Eisenbahn verbunden, hat 8000 E. und ansehnlichen Handel.

Chinarinde, kurz China, auch Fieberrinde, peruvianische Rinde (Cortex Chinae, Cortex peruvianus) und Cascarilla (s. d.) genannt, von verschiedenen Bäumen der im äquatorialen Südamerika heimischen Gattung Cinchona (Chinarindenbaum) stammende Rinde. Cinchona gehört in die Familie der Rubiaceen (s. d.), wo sie mit andern ihr verwandten eine eigene Abteilung, die Cinchoneen, bildet. Ihre Arten, deren man gegenwärtig 33 bis 36 unterscheidet, sind stattliche, bisweilen riesige Bäume, manche jedoch auch Sträucher, sämtlich aber mit prachtvoller immergrüner Belaubung. Sie haben gegenständige, ganze und ganzrandige Blätter, gestielte, meist in zusammengesetzte, ↔ gabelteilige Trugdolden gruppierte Blüten mit unterständigem, fünfspaltigem Kelche, trichterförmiger, fünfteiliger, an den Lappen bärtig behaarter Blumenkrone und zweifächerige, mit zahlreichen geflügelten Samen gefüllte Kapseln. Sie wachsen in den ungeheuern Waldungen, welche die Abhänge der Anden bedecken, vom westl. Venezuela bis zum nördl. Bolivia, oder zwischen dem 10.° nördl. und dem 19.° südl. Br., woselbst sie zwischen l200 und 3200 m Höhe teils vereinzelt, teils forst- und bestandweise auftreten und einen sehr charakteristischen Bestandteil in der Vegetation jenes weiten Bezirks bilden, weshalb A. von Humboldt denselben das Reich der Cinchoneen genannt hat. Die Kenntnis von diesen Bäumen ist noch sehr mangelhaft; nur von wenigen der zahlreichen in den Handel kommenden Rindensorten weiß man, von welcher Cinchona-Art sie abstammen.

Das Sammeln der Rinden ist mit großen Schwierigkeiten verbunden und wird von besonders darin geübten Leuten betrieben, welche Cascarilleros, d.h. Rindensammler heißen, ein Name, der auch den mit C. handelnden Personen gegeben zu werden pflegt. In Columbia sammelt man die Rinden zu jeder, in Peru und Bolivia nur in der trocknen Jahreszeit. Man fällt die Bäume dicht an der Wurzel, zieht die Rinde in Streifen ab und trocknet sie an der Sonne oder über Feuer in eigens dazu konstruierten Schuppen. Die abgeschälten dünnen Rinden rollen sich an der Sonne zusammen; die dickeren werden nur kurze Zeit der Sonne ausgesetzt, dann flach ausgebreitet, in Haufen kreuzweise übereinander geschichtet und mit Steinen beschwert. Ein Baum von 20 m Hohe und 1,2 m Durchmesser liefert etwa 10 Ctr. trockne Rinde. In den Städten werden die trocknen Rinden sortiert, verpackt und dann nach den Hafenplätzen versendet. Man verpackt sie zu 40 kg und darüber in Säcken oder «Seronen» von Büffelfellen, die mit der Haarseite nach innen gekehrt sind. Der seit der Entdeckung des Chinins (s. d.) enorm gesteigerte Verbrauch der C. im Verein mit der Befürchtung der durch den südamerik. Raubbau vorauszusehenden Ausrottung der Chinabäume bewog die niederländ. Regierung 1854, Versuche der Kultur auf Java zu unternehmen, die nach vielen Mühen große Erfolge aufweisen konnten. 1860–61 folgte England mit dem Anbau in Britisch-Ostindien, und ungefähr zu gleicher Zeit begannen die ersten Kulturversuche auf Ceylon; später folgten Westindien, Jamaika, und schließlich Südamerika selbst (Bolivia, Ecuador). Im Handel unterscheidet man heute Fabrikrinden und Medizinalrinden. Erstere, meist kultivierte Rinden, von Cinchona succirubra Pav., officinalis L., Ledgeriana, calisaya Wedd. u.a. abstammend, werden ohne Rücksicht auf ihr Aussehen und ihre Abstammung lediglich nach dem Gehalt an Chinin bezahlt, wobei als Preiseinheit das Unit, d.h. der Wert für je 1 Proz. Chinin in einem Pfund Rinde gilt. Beträgt der Wert des Units z.B. 1¼ Schilling und enthält die Rinde 4 Proz. Chinin, so kostet das Pfund Rinde 5 Schilling. Die Medizinalrinden dagegen werden auch heute noch wie früher nach dem Aussehen und der Abstammung als rote, braune oder graue und gelbe C. unterschieden. Die roten C., meist Stammrinden alter Chinabäume, kommen von der an den westl. Abhängen der Cordilleren in Ecuador heimischen Cinchona succirubra Pav. Dieselbe Art liefert in den Kulturen von Java und Ceylon die vom Deutschen

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 217.

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